Sommergespräch

“Was meinen Sie mit “Passt-Schon”-Politik?”

Salzburg
23.07.2015 22:22
Die grüne Landesvize bringt nichts so wirklich aus der Ruhe, obwohl sie allen Grund dazu hätte. Ihr Name muss für wütende und untergriffige Attacken im Internet herhalten, Tempo 80, grüne Asylpolitik, Raumordnung. Und dennoch zieht die besonnene Juristin ihr Ding gegen alle Widerstände und erstaunlicherweise mit Rückendeckung der mächtigen ÖVP durch. Astrid Rössler über Entscheidungen, ihre Wiederkandidatur, Interventionskultur und warum nur ein "ausgeruhter Hund" einen guten Job machen kann...

Grünwähler können sich eigentlich nichts Idealeres an der Spitze wünschen: Eine strapazierfähige, wortgewandte Frau, das Privatauto verkauft, stets mit dem Fahrrad unterwegs, dienstlich mit dem Hybrid, grün ist die Lieblingsfarbe nicht nur bei der Kleidung und den Schuhen und mit großer Leidenschaft verkauft sie eingelegte Gurkerl für den guten Zweck. Beim Ausbruch des Finanzskandals hat sie über die Weihnachtstage noch schnell das "Börsen- und Finanzlexikon" beinahe auswendig gelernt, iPad und ab und zu ein spitzfindiger Tweet auf Twitter müssen sein. Sie wirkt zurückhaltend, laut wird sie nie. Und dennoch ist die Frau paradoxerweise Aufreger Nummer Eins im Land, begleitet von heftigen Attacken. Reicht es Ihnen nicht einmal, Frau Rössler, warum bleiben Sie immer so ruhig? "Mir geht es gut. Viele Menschen, die uns beobachten, schätzen unseren Stil, ohne große Schlagzeilen, wir loben uns nicht selber in der Öffentlichkeit. Im Gegenteil, ich merke, dass fünf Jahre zu kurz sind, um alle zu kontaktieren, um alle Projekte, die wir noch umsetzen wollen, durchzuziehen. Zur Ruhe habe ich auch eine Geschichte, um zu zeigen, wie wichtig die Ruhe in der Arbeit ist. Bei einer Brandschutzsitzung ist uns erklärt worden, wie Hunde Brandstoffe erschnüffeln können. Dazu müssen Sie aber auch ausgeruht sein. Nur ein ausgeruhter Hund ist in der Lage, gute Arbeit zu machen. Und das gilt nicht nur für Hunde, sondern auch für Menschen."

Tempo 80 haben Sie erstaunlich schnell inklusive eines Facebook-Aufstandes durchgezogen, würden Sie im Nachhinein die Sache anders angehen? "Ich habe kein Problem mit Feindseligkeiten. Das ist eine Gesundheitsmaßnahme, die von einem Teil nicht akzeptiert wird. Es ist ein Unterschied, wenn jemand einfach nur anonym im Internet klickt oder seine Meinung persönlich kund tut. Aber ja, ich würde noch mehr Zeit für die Aufklärung des Gesundheits-Aspektes investieren, wir haben da eine umfassende Verantwortung."

"Es gibt keine Klientelpolitik, das ist ein grünes Merkmal"
Verantwortung haben Sie auch bei der Raumplanung, ein jeder will doch die Zersiedelung stoppen und die Ortskerne stärken und dennoch bricht für manche nach Ihren positiven oder oft negativen Entscheidungen die Welt zusammen? "Ich nehme mir viel Zeit dafür, aber dann steht die sorgfältige Entscheidung. Einen Schritt zurück kann ich dann nicht, da müssen schon gravierende Dinge passieren. Es ist halt Schluss mit der ,Passt schon Politik’: Ich habe die geltenden Gesetze zu befolgen und zu vollziehen. Es gibt eine Interventionskultur in Salzburg - gewisse Leute sind mit bestimmten rechtlichen Beurteilungen nicht zufrieden und intervenieren, um ihren Willen zu bekommen. Aber dann können ja alle anderen auch kommen und sagen, bei dem geht es und bei mir nicht. Ich handle mir deshalb nicht Nachfolgeprobleme ein." Betreiben Sie und die Grünen nicht Interventionspolitik? "Ich unterscheide nicht, wer bei mir mit einer Sache kommt. Es gibt keine Klientelpolitik, das ist ein grünes Merkmal."

Ihre Entscheidung, unter anderem den Ausbau des Europarks nicht zu genehmigen, zog einen Aufschrei nach sich. Die CIMA-Studie, auf die sie sich berufen, wird zerpflückt. Müssen Sie sich den Vorwurf gefallen lassen, Arbeitsplätze zu verhindern? "Wir als Landesregierung haben die Verantwortung, Schieflagen nicht zu verstärken, sondern gegen zu wirken. Das heißt: die Ortskerne stärken und nicht nur den Zentralraum. Beim Europark wurde ein massiver Druck aufgebaut, die CIMA-Studie ist nur ein Teil der Entscheidungsgrundlage bei den insgesamt 20 Fällen. Ich habe die Debatte um die Arbeitsplätze nicht begonnen, im Gegenteil. Ein jeder scheut die Debatte, Wirtschaft nur über Wachstum zu definieren. Alles ist auf dieser Erde begrenzt: Die Luft, der Boden, das Wasser. Warum soll sich also nur die Wirtschaft immer unbegrenzt bewegen dürfen? Die Zahlen, mit denen hantiert wird, kann ich nicht nachvollziehen." Gibt es eine Astrid Rössler nach 2018? "Ja, aus heutiger Sicht stehe ich zur Verfügung. Entscheiden müssen das aber die grünen Gremien."

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