Wiener Atom-Pakt

Die Welt atmet auf, Iran feiert, Israel entsetzt

Ausland
14.07.2015 21:05
In Wien wurde am Dienstag ein Stück Weltgeschichte geschrieben. Der Abschluss der Atomverhandlungen mit dem Iran könnte einen jahrzehntelangen, höchst gefährlichen Konflikt aus der Welt schaffen - dementsprechend euphorisch klingen die meisten internationalen Reaktionen, vom UNO-Generalsekretär und dem US-Präsidenten abwärts. Nur Israel sieht das Abkommen als Bedrohung und läuft gegen den Pakt Sturm.

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon sprach von einem "historischen und bedeutenden" Durchbruch und lobte den "Mut" der Verhandler. Aus Sicht des iranischen Präsidenten Hassan Rohani wurde "eine Sieger-Verlierer-Lösung" vermieden, stattdessen gebe es nur Gewinner. "Wir haben es geschafft, unsere nationalen Interessen zu wahren und einen Wendepunkt zu erzielen", sagte der als gemäßigt geltende Reformer. Selbst konservative Parteipolitiker in Teheran sagten, die iranische Delegation habe die Interessen des Landes "erfolgreich verteidigt".

Die Eckpunkte des historischen Wiener Atom-Deals

US-Präsident Barack Obama sagte, für den Iran sei nun "jeder Pfad" zur Atombombe abgeschnitten, die Verbreitung von Atomwaffen im Nahen Osten sei gestoppt. Er drohte dem US-Kongress vorsorglich mit einem Veto, falls dieser das Atomabkommen per Resolution zu kippen versucht. Umgekehrt würden etwaige Verstöße Teherans gegen bestehende Auflagen sofort mit einer Wiedereinsetzung der Sanktionen beantwortet. Historischer Nebenaspekt: Die TV-Ansprache Obamas wurde auch im iranischen Staatsfernsehen gezeigt.

Obama-Sprechchöre in Teheran, Ayatollah dankt
Im Iran wurde nicht nur der Chefverhandler des Landes, Außenminister Mohammad Zarif, gefeiert. In der Hauptstadt Teheran kam es sogar zu "Obama, Obama!"-Sprechchören. Zahlreiche Iraner strömten jubelnd auf die Straßen, laut Augenzeugenberichten feierten alleine auf der Parkway-Autobahn Tausende hauptsächlich Jugendliche in ihren Autos mit iranischen Flaggen, lauter Musik und ohrenbetäubenden Hupkonzerten. Auf Bannern und mit Parolen dankten die Demonstranten besonders Rohani und Zarif für die "Öffnung des Landes". Viele Menschen forderten auch gleich eine Wiederaufnahme der Beziehungen zu den USA.

Am Abend schloss sich der oberste Führer Ali Khamenei dem Gratulationsreigen an: "Ich bedanke mich und würdige die aufopferungsvollen Bemühungen des Atom-Teams", sagte der Ayatollah in Richtung des Präsidenten. Er hat laut der iranischen Verfassung des letzte Wort in allen strategischen Belangen, also auch in der Atompolitik. Seine Reaktion auf das Verhandlungsergebnis war mit dementsprechender Spannung erwartet worden.

Putin: "Die Welt hat heute vor Erleichterung lang aufgeatmet"
Russlands Präsident Wladimir Putin äußerte sich "überzeugt, dass die Welt heute vor Erleichterung laut aufgeatmet hat". Auch die Präsidenten des EU-Rats und des Europäischen Parlaments, Donald Tusk und Martin Schulz, feierten den Durchbruch am Verhandlungsort in Wien als Sieg der Diplomatie. Positive Reaktionen kamen weiters von den iranischen Nachbarstaaten Türkei, Pakistan und Afghanistan sowie von der britischen und französischen Regierung.

Einzig Israel zeigte sich alles andere als begeistert: Premier Benjamin Netanyahu sprach von einem "gefährlichen Kapitulationsvertrag der Weltmächte" gegenüber dem Iran. Netanyahu ist fest überzeugt, dass der Vertrag dem Iran längerfristig den Bau "vieler Atombomben" ermögliche. Die positiven Reaktionen aus Teheran auf die Vereinbarung dürften sein ungutes Gefühl nur noch verstärkt haben.

Israel: Abkommen ist für Iran "Lizenz zum Töten"
Aus Netanyahus Sicht haben sich die UNO-Vetomächte und Deutschland von den Iranern in Wien auf demütigende Weise über den Tisch ziehen lassen. Sie hätten "um jeden Preis" ein Abkommen erzielen wollen und dafür auch weitreichende Zugeständnisse in Kauf genommen, wirft er ihnen vor. Netanyahu halte den Iran für "einen großen Teufel, dessen Ziele die Zerstörung Israels und die regionale Vorherrschaft" seien, schrieb ein Kommentator der Zeitung "Haaretz" am Dienstag. Amos Gilad, ein Sicherheitsexperte im Verteidigungsministerium, sieht das Wiener Abkommen sogar als "Lizenz zum Töten wie in einem James-Bond-Film".

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