Hypo-U-Ausschuss

Stefan Petzner: “Wie ein großes Klassentreffen”

Österreich
01.07.2015 17:06
Der Hypo-U-Ausschuss hatte am Mittwoch mit Jörg Haiders ehemaligem Pressesprecher und Intimus Stefan Petzner als Auskunftsperson zumindest ein mediales Highlight zu bieten. Petzner gab sich überaus redselig, lieferte die erwartete Show ab und meinte, er fühle sich "wie bei einem großen Klassentreffen". Bei seiner Befragung nahm der Ex-Politiker Haider teilweise in Schutz, indem er über den ehemaligen Kärntner Landeshauptmann sagte, dieser trage "keine Alleinverantwortung" für das Desaster.

So hat sich Haider - nachdem er von den Swap-Verlusten aus dem Jahr 2004 anno 2006 von Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer erfahren hatte - Petzner zufolge enttäuscht gezeigt und von der Bank nicht korrekt und ausreichend informiert gefühlt. Beim Hypo-Skandal stehe eine Verantwortung des Bundeslandes Kärnten und Haiders außer Streit. Aber weder Haider noch dem Land könne man eine Alleinverantwortung attestieren.

Mitschuld seien die BayernLB und die Notverstaatlichung. Die Bayern hätten im Jahr 2008 als Hypo-Mehrheitseigner auch noch staatliches Partizipationskapital "erschwindelt, um Zeit zu gewinnen", als sie aus der Hypo schon dringend aussteigen hätten müssen, da sie selbst praktisch vor der Pleite gestanden seien, so Petzner auf Basis von Unterlagen, die dies aus seiner Sicht beweisen. Akten aus Bayern hat er auch in den U-Ausschuss mitgebracht, weil dieser bedauerlicherweise keinen Zugriff auf solche aus dem Ausland habe.

Seitenhiebe gegen Ex-Parteikollegen Dobernig und Scheuch
Neu war auch, dass Petzner nicht mehr ausschloss, dass auch seine Ex-Parteikollegen Harald Dobernig und Uwe Scheuch in die Causa rund um den Steuerberater Dietrich Birnbacher involviert sind. Dass es unter seinen ehemaligen Parteikollegen "Gespräche in diese Richtung gegeben hat, kann ich auf Basis meines heutigen Kenntnisstandes nicht ausschließen", sagte Petzner. In der Parteienfinanzierungs-Causa wurde der frühere Kärntner ÖVP-Chef Josef Martinz verurteilt. Gegen Dobernig und Scheuch, denen nachgesagt wird, sie sollen bei Birnbacher um eine halbe Million Euro angefragt haben, die aber eine Involvierung stets ausschlossen, wird ermittelt.

Tilo Berlins Erscheinen war "ein Segen"
Zur Rolle des Hypo-Investors Tilo Berlin, der "von außen gekommen" sei, sagte Petzner sinngemäß, dass dieser gerade recht gekommen sei, als die notwendige Kapitalerhöhung bei der Hypo vom Land praktisch nicht zu stemmen war. "Für uns war das damals ein Segen. Es war ihm wohl bekannt, dass die Hypo eine Kapitalerhöhung braucht. Haider hat ihn gekannt, weil er Kärntner ist", so Petzner. "Ob es im Hintergrund schon diverse Absprachen Berlins mit anderen gab oder ihm ein Interesse der BayernLB an der Hypo bekannt war, weiß ich nicht. Uns selbst war damals die Perspektive BayernLB nicht bekannt."

Später, als Haider bekannt gegeben hatte, man sei bei Verkaufsverhandlungen mit der BayernLB auf gutem Weg, sei direkt nach der entsprechenden Pressekonferenz ein Fax im Büro des Landeshauptmanns eingetrudelt: Darin habe die "Chefetage" der Erste Bank/Sparkassen Kaufinteresse an der Hypo und ihr Unverständnis darüber geäußert, dass die Bank ins Ausland verkauft werden solle. "Das sind so G'schichtl'n", rief SPÖ-Mandatar Kai Jan Krainer dazwischen. Petzner hingegen sagte, er sehe das Fax noch vor sich und die Erste habe "unmittelbar in Verkaufsverhandlungen eintreten" wollen.

Aufregung um Beratungshonorar der NEOS an Petzner
Für Aufregung bei ÖVP- und Team-Stronach-Vertretern sorgte ein Beratungshonorar der NEOS von 5.000 Euro an Petzner. "Ich glaube, diese Frage ist angebracht", so ÖVP-Fraktionssprecherin Gabriele Tamandl. Es habe eine "kurze Zusammenarbeit" mit den NEOS im Hinblick auf die U-Ausschuss-Vorbereitung gegeben, so Petzner. Seine Unterlagen habe er Medien und der Griss-Kommission unentgeltlich zur Verfügung gestellt, die Beratungsleistung an die NEOS sei in keinem Zusammenhang mit den Unterlagen gestanden. NEOS-Vertreter Rainer Hable kritisierte Tamandl für ihren Vorhalt. "Mit falschen Behauptungen andere Fraktionen mit Schmutz zu bewerfen, das ist unwürdig." Für Stronach-Vertreter Robert Lugar sei es "sehr bedenklich", wenn es wirtschaftlichen Kontakt mit Auskunftspersonen gebe.

Petzners Befragung dauerte vom Vormittag bis in den Nachmittag hinein. Dennoch fühlte sich der frühere Abgeordnete, dem das Lokal VI vom Korruptions-U-Ausschuss durchaus vertraut ist, in seiner "Rolle als Befragter fast so wohl wie in der Rolle als Fragesteller - aber nur fast".

Petzner hatte es nach Befragung nicht eilig
Auch die stundenlange Befragung hat Petzner nicht gereicht: Statt wie viele andere Zeugen das Hohe Haus möglichst schnell zu verlassen, schäkerte er noch mit seinen früheren Abgeordneten-Kollegen und genehmigte sich als krönenden Abschluss seiner U-Ausschuss-Show einen weißen Spritzer in der Parlamentskantine. "Gehst du nicht heim?", wollte der grüne Frontmann Werner Kogler von Petzner wissen, als er diesen im Anschluss an die Befragung noch immer in den Parlamentsgängen antraf. Eine halbe Stunde nach Ende seiner Befragung hatte Petzner dann aber schließlich doch genug: "Jetzt geh' ich einen Spritzer trinken in die Cafeteria und eine rauchen."

Kurzer Auftritt von Dobernig
Harald Dobernig, früherer Büroleiter von Haider und auch Finanzlandesreferent sowie Hypo-Aufsichtskommissär, war am Mittwoch ebenfalls im U-Ausschuss - und verließ diesen gleich wieder. Grund für den Rückzieher war, dass Dobernigs Anwalt Franz Großmann auf Initiative der Grünen vom U-Ausschuss nicht akzeptiert wurde. Dobernig nutzte das Recht, ohne Vertrauensperson nicht Rede und Antwort stehen zu müssen. Dobernig wird nun noch einmal geladen - dies gilt nach der Verfahrensordnung wieder als erste Ladung, denn der frühere FPÖ/BZÖ/FPK-Politiker wurde schließlich nicht befragt. Der Zeitpunkt für die Befragung Dobernigs blieb offen, er wollte aber wiederkommen, sagte er.

Ex-Minister Strasser wird geladen
Wie am Mittwoch bekannt wurde, lädt die Opposition einen weiteren prominenten Zeugen in den Untersuchungsausschuss: FPÖ, Grüne und Team Stronach wollen Ex-Innenminister Ernst Strasser im Zusammenhang mit dem geplanten Börsengang und der damit zusammenhängenden Wandelanleihe befragen. Die NEOS orten ein "Ablenkungsmanöver der FPÖ".

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