Vor letztem "Stadl"

Hat der ORF Sie fallen gelassen, Herr Borg?

Musik
24.06.2015 17:48
Neun Jahre moderierte er den "Stadl". Samstag (20.15 Uhr, ORF 2) ist Schluss. Im "Krone"-Interview mit Conny Bischofberger spricht Andy Borg (54) über einen längst vollzogenen Abschied.
(Bild: kmm)

Anruf bei Andy Borg zuhause in der Nähe von Passau. Birgit, seine Frau, hebt ab, und trägt das Telefon ins Tonstudio. "Sie melden sich immer dann, wenn große Dinge passieren", ätzt Borg – das letzte Interview habe ich mit ihm geführt, als er vor neun Jahren den "Musikantenstadl" von Karl Moik übernommen hat. Die Zeit dazwischen und das überraschende Aus lässt er in unserem Gespräch Revue passieren.

"Krone": Herr Borg, in zwei Tagen ist der "Musikantenstadl" für Sie Geschichte. Francine Jordi und Alexander Mazza sollen die Sendung ab September jünger und frischer machen. Wie fühlt man sich da?
Andy Borg: Ich hätte ja gerne weitergemacht. Und ich bin fest davon überzeugt, dass mein Publikum sich das auch weiterhin angeschaut hätte. Diese Gewissheit wird vielleicht verhindern, dass Tränen fließen. Und es ist mir auch das Schicksal entgegengekommen.

"Krone": Inwiefern?
Borg: Ein paar Tage nachdem ich erfahren habe, dass ich den "Stadl" nicht weitermache, ist über den französischen Alpen die Germanwings-Maschine abgestürzt. Da sind wir gerade nach Oberwart angereist, und dann, mitten unter den Proben, verabschiedet sich unser Karl Moik am Donnerstag. Am Tag meiner vorletzten Sendung wurde er beerdigt. So etwas passiert kein zweites Mal im Leben, ein deutlicheres Zeichen gibt es wohl nicht. In Wirklichkeit habe ich mich vom "Musikantenstadl" schon damals verabschiedet. Das werden alle Menschen, die sich von etwas Geliebtem trennen müssen, nachvollziehen können. Ab diesem Moment, wo man es begriffen hat, fällt die Last ab, und es kommt der erste Tag danach. Der liegt bei mir schon ein Weilchen zurück.

"Krone": Wie gefallen Ihnen denn Ihre beiden Nachfolger?
Borg: Das sind alles Spekulationen, da halt' ich mich raus. Denn den neuen "Stadl" hat noch niemand gesehen. Sie nicht und ich nicht.

"Krone": "Schunkelscheune" wurde der "Stadl" oft ein bisschen verächtlich genannt. Tut da eine Verjüngungskur nicht gut?
Borg: In gewisser Weise verstehe ich das, aber nicht in letzter Konsequenz. Denn vier Millionen, und das sind sehr, sehr viele Menschen, wollten genau das: den "Stadl" mit viel Holz, die Ursprungsbuam und den kleinen, dicken Andy Borg.

"Krone": Wird der "Musikantenstadl" jetzt einen langsamen Tod sterben?
Borg: Ich weiß es nicht. Es soll ja auf höchstem Niveau alles neu werden, moderner. Aber "DSDS" bei RTL ist auch nichts anderes als unsere "Große Chance" von damals. Es ist müßig, sich darüber den Kopf zu zerbrechen.

"Krone": Hat der ORF Sie fallen gelassen?
Borg: Nein, nein, nein. An dieser Sendung sind ja bekanntlich drei Sender beteiligt, drei Köche, die im Brei rühren. Und von den dreien wollte jeder etwas anderes. Mehr sage ich dazu nicht, weil das für die Leser und Zuschauer völlig uninteressante und unromantische Details sind.

"Krone": Hätten Sie mit einer Co-Moderatorin weitergemacht?
Borg: Da weiche ich Ihnen auch aus. Der ORF hat mir die Entscheidung mitgeteilt, und so ist es. Aber dass es dann so schnell ging, da habe ich schon tief Luft holen müssen.

"Krone": Wer hat es Ihnen mitgeteilt und auf welche Art?
Borg: Das war der Unterhaltungschef, Andreas Vana. Schon von Angesicht zu Angesicht.

"Krone": Von wem sind Sie am meisten enttäuscht?
Borg: Ich will jetzt nicht jammern. Schauen Sie, was ich erreicht habe. Ich habe in Klosterneuburg Mechaniker gelernt, und jetzt telefonieren wir über eine Dreiländer-Eurovisions-Sendung, die ich neun Jahre lang moderiert habe. Da wäre es vermessen zu sagen, von dem oder dem bin ich enttäuscht. Das ist so – der Lauf der Dinge.

"Krone": Wie reagieren Ihre Fans?
Borg: Das Narrische in einem Menschenleben ist ja, dass man erst in solchen Situationen erkennt, wie treu das Publikum war und ist. Mir haben so viele Leute geschrieben und mir Mut zugesprochen: "Hey Andy! Wenn eine Tür zugeht, geht eine andere auf!" Aus der Schweiz haben sie mir grade ein Kissen geschickt, selber bestickt mit "Danke für neun Jahre Stadl-Zeit!" Dass ich ein bisserl berühmt bin, habe ich schon gewusst, aber dass ich so beliebt bin, das war mir nicht bewusst, und das überwiegt gegenüber dieser Traurigkeit, die auch da ist.

"Krone": Welche Tür geht jetzt bei Ihnen auf?
Borg: Na ja, da wir gerade eine Schnapszahl haben – 33 Jahre "Adios Amor"–, habe ich mir gedacht: Warum stellst du nicht ein Album zusammen mit Titeln, die dir persönlich das Leben leichter gemacht haben? Es kommt diesen Freitag raus, am 26. Juni.

"Krone": Was werden Sie in Zukunft machen?
Borg: Ich bin und war immer ein Schlagerfuzzi. Das werde ich auch in Zukunft bleiben. Bei meiner Frau rufen so viele Leute an, ob ich nicht bei ihrer Hochzeit singen könnte oder bei Festivals oder auf Flusskreuzfahrten auf der Donau. Dafür werde ich jetzt mehr Zeit haben. Sie brauchen sich um mich also keine Sorgen zu machen. Bis zum Jahresende trete ich noch in acht Ländern auf.

"Krone": In der Arena von Pula in Istrien werden Sie am Samstag Stars wie Andreas Gabalier, Umberto Tozzi, Johnny Logan, Patrick Lindner und viele mehr empfangen. Wird Wehmut aufflammen?
Borg: Ich bin 54 und hab schon öfter Situationen erlebt, wo ich plötzlich einen Knödel im Hals hatte. Aber es werden in Pula auch meine Eltern und meine Familie dabei sein, das gibt mir Kraft. Auch die Tatsache, dass mein letzter "Stadl" aus einem antiken Amphitheater kommt und dabei aber auch mein erster Open-Air-Stadl ist, macht es ein bisschen leichter für mich.

"Krone": Wenn es einen Satz gäbe, den Sie Ihrem Publikum in diesem Moment sagen könnten, welcher wäre es?
Borg: Danke, wirklich aus tiefstem Herzen. Ich brauche aber bitte noch einen zweiten Satz. Ich hätte das nie so lange und so erfolgreich machen können ohne euch.

Seine Karriere: Geboren am 2. 11. 1960 als Adolf Andreas Meyer in Wien. Nach einer Mechanikerlehre wird er 1981 bei der "Großen Chance" im ORF als Schlagerstar entdeckt. Mit "Adios Amor" (14 Millionen Mal verkauft) gelingt ihm als Andy Borg der Durchbruch. Den "Musikantenstadl" moderiert er insgesamt neun Jahre lang – letztmalig am 27. Juni in Pula (Istrien). Privat lebt er mit seiner zweiten Ehefrau Birgit in Bayern und hat zwei erwachsene Kinder.

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