Seine Schäfchen zu kennen und zu wissen, ob diese dem Gottesdienst und anderen Veranstaltungen beiwohnen oder fernbleiben, oblag bislang dem Pfarrer. Ab sofort übernimmt diese Aufgabe "Churchix", eine speziell für Kirchen konzipierte Gesichtserkennungssoftware des israelischen Softwareentwicklers Face-Six.
Mit 99-prozentiger Genauigkeit gleiche diese Kameraaufnahmen der Besucher mit einer zuvor eingerichteten Bilderdatenbank der Kirchgänger ab, um einerseits deren Anwesenheit zu überprüfen, und andererseits, um die Popularität der Messen und anderer Veranstaltungen zu messen, wie Face-Six gegenüber der auf Kirchentechnologie spezialisierten Website "Churchmag" verrät.
Erste Kirchen von Technik "überwältigt"
Mehrere Kirchen aus aller Welt seien mit dem Wunsch nach einer entsprechenden Gesichtserkennungssoftware an das Unternehmen herangetreten, erläuterte Face-Six. Ihre bisherigen Reaktionen seien "überwältigend". "Kirchen, mit denen wir gesprochen haben, sagten, dass für sie ein Traum wahr geworden sei."
Bedenken hinsichtlich der Privatsphäre und des Datenschutzes hat der Entwickler nicht: Schon jetzt würden Kirchen die Teilnahme ihrer Mitglieder verfolgen - nur eben manuell. Mit "Churchix" stelle man lediglich eine effizientere und automatische Möglichkeit der Erfassung zur Verfügung.
Pastoren geteilter Meinung
Doch nicht alle teilen diese Meinung. Mark Cox von der Worthing Baptist Church bezeichnet die Entwicklung in einem Online-Kommentar als "besorgniserregend". Auch Pastor Josh Byers von der Willow Creek Baptist Church im US-Staat Iowa ist skeptisch. Selbst in einer Gesellschaft, in der Privatsphäre nicht die Norm sei, gelte die Kirche als heiliger und sicherer Ort, schreibt er und fragt: "Sind wir dafür schon bereit?"
Zugleich räumt er ein, einer Verbindung aus Gesichtserkennungssoftware und einer Datenbrille wie Google Glass, um zu jeder von ihm anvisierten Person auch gleich den Namen parat zu haben, durchaus etwas abgewinnen zu können.
"Völlig übertriebener Einsatz von Technologie"
Gar kein Verständnis für "Churchix" hat hingegen Emma Carr, Direktorin der britischen Datenschutzorganisation Big Brother Watch. Gegenüber dem "Mirror" bezeichnete sie die Gesichtserkennungssoftware als ein "klares Beispiel für den völlig übertriebenen Einsatz von Technologie". Kirchen hätten es über Jahrhunderte hinweg ohne derart einschneidende Mittel geschafft, den Überblick über ihre Gemeinde zu behalten.
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