Auf 175 Kilometern

Ungarn errichtet Drahtzaun an Grenze zu Serbien

Ausland
18.06.2015 10:24
Die einen halten es für unsolidarisch, die anderen für eine längst fällige Maßnahme: Ungarns Regierung hat am Mittwoch die Schließung der 175 Kilometer langen Grenze zu Serbien angeordnet. Die Grenze solle mit einem vier Meter hohen Zaun abgeriegelt werden, sagte Außenminister Peter Szijjarto in Budapest. Ungarn will damit die Zuwanderung von Flüchtlingen unterbinden, die zuletzt stark zugenommen hatte. Am Donnerstag forderte auch Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer schärfere Kontrollen an der EU-Außengrenze.

Bei den von Serbien nach Ungarn gelangenden Flüchtlingen handelt es sich vor allem um Syrer, Iraker und Afghanen. Bereits in der vergangenen Woche hatte Regierungschef Viktor Orban angedeutet, dass eine Schließung der Grenze bevorstehen könnte.

"Wir halten es nicht für richtig, dass sie uns die Flüchtlinge schicken, sie müssen auf serbischem Gebiet aufgehalten werden", sagte Orban am Freitag dem staatlichen Rundfunk. "Wir ziehen alle Optionen in Betracht, darunter die Möglichkeit einer vollständigen Schließung der Grenzen."

Frage des Tages in der Infobox: Ungarn baut Grenzzaun zu Serbien - eine gute Idee?

"Grenzzaun kein Symbol für Solidarität"
Serbiens Ministerpräsident Aleksandar Vucic zeigte sich am Donnerstag in einer ersten Reaktion "geschockt und überrascht". In der Errichtung von Grenzzäunen sehe er keine Lösung - vor allem wenn jemand keine Schuld trage. "Serbien ist nur ein Transitland", erklärte der Premier und stellte die Frage in den Raum: "Was sollen wir tun? Einen Zaun an der Grenze zu Bulgarien oder Mazedonien, von wo die Flüchtlinge kommen, errichten?" Der serbische Premier erwarte eine "logische" Begründung für diese Entscheidung Ungarns von seinem ungarischen Amtskollegen Viktor Orban.

Bereits am Mittwoch hatte sich der Vorsitzende des parlamentarischen Ausschusses für EU-Integration, Aleksandar Senic, vehement gegen eine Schließung der ungarischen Grenze ausgesprochen. Der Zaun könne keineswegs als Symbol der Solidarität unter den europäischen Völkern betrachtet werden, wurde Senic, ein Spitzenfunktionär der oppositionellen Sozialdemokratischen Partei (SDS), von der staatlichen Presseagentur Tanjug zitiert. Die Errichtung des Zauns irgendwo auf europäischem Gebiet würde Migranten nicht daran verhindern, weiterhin in EU-Staaten zu kommen, warnte der serbische Oppositionspolitiker.

Kroatien befürchtet "dramatische Folgen"
In Kroatien führte der ungarische Grenzzaun zu massiver Besorgnis. Lokale Medien schreiben von "dramatischen Folgen" für Kroatien, wenn Ungarn seine Grenze zu Serbien schließt. Dann könnte die Balkanroute ihre Richtung ändern und nach Kroatien führen. Für Serbien hingegen könnte die Schließung sogar "Erleichterungen" bringen. Denn wenn Migranten auf diesem Wege nicht mehr in die Europäische Union gelangen können, dann würden sie "mit großer Wahrscheinlichkeit" dieses Territorium meiden, erklärte Istvan Pasztor, der Vorsitzende des Verbandes der Ungarn in der Vojvodina, laut Onlineausgabe der Tageszeutung "Nepszava".

Ungarn gehört zum Schengen-Raum, Serbien ist Anwärter auf eine EU-Mitgliedschaft. Anfang Juli ist ein serbisch-ungarisches Gipfeltreffen geplant, bei dem über die Einwanderungsfragen gesprochen werden soll. Im vergangenen Jahr trafen in Ungarn rund 43.000 Flüchtlinge ein, 2012 waren es nur 2.000 gewesen. In diesem Jahr nahm die Zahl der Flüchtlinge weiter zu: Bisher waren es bereits mehr als 50.000.

Auch Pühringer für schärfere Grenzkontrollen
Oberösterreichs Landeshauptmann Pühringer nahm am Donnerstag in dieser Frage auch die EU in die Pflicht: Diese müsse eine faire Aufteilung der Flüchtlinge zustande bringen. Denn es könne nicht sein, dass ein paar wenige Länder - wie etwa auch Österreich - die gesamte Last tragen. All das führe bei den Menschen zu Unzufriedenheit. Das Asylthema "überlagert ziemlich alles andere".

Das zeige auch eine Blitzumfrage, die die ÖVP in Auftrag gegeben habe. Demnach wollen über 80 Prozent schärfere Kontrollen der EU-Außengrenzen und über 60 Prozent eine Wiedereinführung der nationalen Grenzkontrollen. Deswegen forderte der ÖVP-Politiker im Ö1-"Morgenjournal" auch zeitweise Kontrollen, weil diese alleine schon eine abschreckende Wirkung hätten.

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