Ärzte schlagen Alarm

Blind, weil notwendige Therapie in der Nähe fehlt

Tirol
16.06.2015 16:29
Seit zehn Jahren gibt es eine Spezialtherapie für Menschen mit altersbedingter Makuladegeneration. Ohne Behandlung droht Blindheit. Die notwendige Spritze ins Auge wird von den Kassen nur in Spitälern gezahlt – und da mit Einschränkungen. Augenärzte schlagen Alarm: viele Tiroler Patienten seien unterversorgt, weil sie die häufige Anreise zur Therapie einfach nicht schaffen.

Kufstein, Innsbruck und Reutte – das sind die drei öffentlichen Krankenhäuser, in denen die Spritze ins Auge – wie die Therapie landläufig heißt – gegeben wird. Als Alternative bleiben Patienten nur Privatkliniken wie Hochrum und Tausende Euro Kosten im Jahr.

Die Spritze verhindert, dass Menschen mit "feuchter" Makuladegeneration – Wucherungen von kleinsten Blutgefäßen am Hintergrund der Augen – erblinden. "Bis zu zehn Mal ist diese Spritze im Jahr notwendig. Da kann man sich vorstellen, was das etwa für Osttiroler bedeutet. Betroffen sind vor allem ältere Menschen. Wie sollen die die Anreise so oft schaffen?", fragt sich Augenarzt Prof. Gerhard Kieselbach. Der Tiroler ist Obmann der Vereinigung der Österreichischen Augenchirurgen und hat mit einer Kollegin eine umfassende Studie zu der Thematik verfasst. Demnach werden heute im Österreich-Durchschnitt 3,3 Spritzen im Jahr pro Auge und Patient verabreicht. "Das ist viel zu wenig", verweist Kieselbach auf neueste medizinische Erkenntnisse, die mindestens das Doppelte empfehlen.

Zu wenig Anlaufstellen

Warum vergleichsweise wenig gespritzt wird, liegt für den Mediziner auf der Hand: "Es gibt zu wenig Anlaufstellen." Die Augenärzte machen mobil. Kieselbach und viele Kollegen treten dafür ein, dass die Spritze auch bei niedergelassenen Ärzten gegeben werden darf. "Rein technisch kein Problem, wenn Ausstattung und Ausbildung passen", so der Mediziner.

Sparen am falschen Platz

Der Hauptverband der Sozialversicherungen legt sich quer. Es geht – wie so oft – ums Geld und um einen schwelenden Konflikt über das verwendete Medikament. Für Kieselbach völlig unverständlich: "Die Spritze ist für mehrere Krankheitsbilder die notwendige Therapie. In Summe sprechen wir von rund 5000 Patienten in Tirol. Tendenz stark steigend. Ich behandle Betroffene, die heute fast oder ganz blind sind, weil sie zu wenig oft gespritzt wurden. Die Gesundheitspolitik nimmt das offenbar sehenden Auges in Kauf." Die Zeit drängt: In drei Jahren könnte der Patientenkreis doppelt so groß sein, zeigt Prof. Martina Kralinger, stellvertretende Leiterin der Augenklinik in Innsbruck, auf. Denn bis dahin könnte die Spritzen-Therapie auch für die "trockene" Makuladegeneration ausgereift sein. Auch Kralinger und der Sprecher der Tiroler Augenärzte, Dr. Walter Mair aus Kufstein, sprechen sich für eine Neuorganisation der Versorgung aus.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Tirol



Kostenlose Spiele