Großes Finale

Slipknot, Deichkind und Motörhead am Nova Rock

Musik
14.06.2015 21:00
Nicht einmal ein kurzer, aber brutaler Regenschauer hat das Nova Rock in seinen Grundfesten erschüttern können. Am Abschlusstag zeigten sich Slipknot und die Rabauken von Deichkind in absoluter Hochform. Mit etwa 125.000 Besuchern an allen drei Tagen bilanzierten die Veranstalter auch hochzufrieden - trotz des neuen Mitbewerbers Rock In Vienna.
(Bild: kmm)

Nach ersten Wetterkapriolen an Tag 2, wurde es am Abschlusstag noch einmal spannend. Mit Sonne beginnend, setzte am Nova-Rock-Gelände schon am frühen Nachmittag erster Nieselregen ein. Gegen 19 Uhr ging dann ein kurzer, kräftiger Schauer nieder, der das Set der eher lustlos aufspielenden The Gaslight Anthem auf der Red Stage halbierte, während sich der Gig der US-Metaller Five Finger Death Punch auf der Blue Stage - wie das gesamte Folgeprogramm - um knapp eine Stunde nach hinten verschob. Gegen den Wettergott ist auch bei den größten Festivals kein Kraut gewachsen.

Dabei lachte zu Mittag noch die Sonne vom Firmament herab. Dem traditionell volkstümlichen Tageseinstand von Wendis Böhmischer Blasmusik folgten die Lokalmatadore Alkbottle, die in brütender Mittagshitze bereits eine große Menge an Fans vor der Red Stage versammelten. Diese zeigte sich ohnehin sehr abwechslungsreich, denn mit Moop Mama und der Münchner Rap-Hoffnung Fiva folgten auf dem Fuß musikalische Überraschungen. Vor allem Letztere wusste die Massen vor der Bühne zum Tanzen zu bringen. Dafür verantwortlich waren nicht nur die starken Songs, sondern auch das charmante Auftreten, die stark aufspielende Backing-Band und das Talent zum memorablen Freestyle-Rap.

Bewusster Busenblitzer
Wenig Fluktuation vor der Bühne gab es kurz darauf, denn mit Jennifer Rostock beschritten bekannte Publikumslieblinge den Bühnenboden. Dabei entwickelte sich der Gig zum Aufreger des Tages, denn Frontfrau Jennifer Weist, in knappen Pants und Oberteil gekleidet, ließ sich schon zu Beginn auf Zuruf der Fans zum Busenblitzer überreden, fingerte danach an sich selbst herum, twerkte und animierte die männliche Fanschar zum Ausziehen der Oberteile.

Das Proll-Gehabe wurde dennoch von sympathischen Gesten, wie dem Verschenken eines Merchandise-Gutscheins oder wichtigen zwischenmenschlichen Botschaften unterbrochen. Der markanteste Song? Das Hip-Hop-lastige "Ein Schmerz und eine Kehle" zum Abschluss, das eindrucksvoll bewies, dass Jennifer Rostock wohl auch mit etwas mehr Stil nichts von ihrer Beliebtheit einbüßen würden.

US-Metal-Paket
Auf der Blue Stage gab es tagsüber ein geballtes US-Metal-Paket zu bestaunen. All That Remains, Hollywood Undead und die - durch den Regen um etwa eine Stunde später auf der Bühne stehenden - Five Finger Death Punch sind in ihrer Heimat allesamt bekannter als in europäischen Gefilden, konnten aber auf eine stattliche Anzahl an treuen Fans bauen. Davor im gleißenden Licht der Sonne fast untergegangen war die sakral-theatralische Show der deutschen Power-Metaller Powerwolf, die mit starkem Bühnensetting und hervorragend eingespielter, kirchlich anmutender Choreografie eine Handvoll Liebhaber vor der Bühne versammeln konnte. Natürlich funktioniert diese Art von Show in einem schummrigen Club besser.

Die Red Stage wurde indes von zwei deutschen Größen bespielt. Farin Urlaub bewies nach dem großen Regenschauer pünktlich, dass er auch ohne seine Sidekicks Bela B. und Rod Gonzalez zu den wichtigsten und talentiertesten Protagonisten der teutonischen Musikszene zählt. Songs von den Ärzten sind dabei nicht nötig, um Begeisterung bei den Menschen auszulösen.

Appetithäppchen für Wien
Besser funktionierte es dann nur noch bei den hervorragenden Deichkind, die heuer nicht zuletzt mit dem starken Album "Niveau, weshalb, warum" für Aufregung im positiven Sinne sorgten. "Denken Sie groß", "Oma, gib Handtasche" und "Like mich am Arsch" verbanden sich dabei wunderbar mit Klassikern wie "Leider geil" oder "Hört ihr die Signale". Der Showeffekt suchte mit dem zuckerbunten Bühnenprogramm sowieso seinesgleichen. In großer Langfassung gibt’s das Vergnügen im Jänner in der Wiener Stadthalle zu beobachten.

Hoffentlich kein Ende
Auf der Blue Stage sorgten zwei Legenden aus verschiedenen Generationen für den Abschluss des größten heimischen Festivals. Bei den britischen Rock-'n'-Roll-Legenden Motörhead schwang beim ersten Österreich-Auftritt nach vier Jahren sogar etwas Wehmut mit. Frontmann Lemmy Kilmister absolvierte den überlauten Gig ziemlich zittrig, muss von Kollege Phil Campbell zum Wassertrinken aufgefordert werden und pausiert alle paar Nummern, um sich hinter der Bühne wieder fit zu machen.

Unabhängig von seinem gesundheitlichen Zustand sind die Songs nach wie vor über alle Zweifel erhaben. "Metropolis" und "The Chase Is Better Than The Catch" sollen hier exemplarisch genannt werden, die unzerstörbaren Evergreens "Ace Of Spades" und "Overkill" drücken noch immer ordentlich. Ohne Campbell und Schlagzeuger Mikkey Dee wären auch keine neuen Songs mehr möglich - das Ende August erscheinende Album "Bad Magic" ließ man an diesem Abend noch außen vor. Lemmy's gesundheitlicher Zustand wirkte nach außen hin erschreckend - hoffen wir, dass es dennoch noch viele Jahre weitergeht.

Stimmung bei Slipknot
Ganz anders hingegen die Agilität der Metal-Rabauken Slipknot. Mit neuen, furchterregenden Masken, viel Energie im Gepäck und dem Überstehen diverser interner Rückschläge und Skandale gelang mit dem Album ".5: The Gray Chapter" ein Comeback nach Maß. Lumpen lassen sich Slipknot auch auf Tour nicht, denn schon das Bühnenbild mit einer überdimensionierten Teufelsfratze, Hydraulikpodesten und ständigen Pyroeinsätzen ließ kaum Wünsche offen. Dazu zeigte sich vor allem Sänger Corey Taylor in Bestform, leitete das Publikum wie ein Animateur und zog auch stimmlich alle Register.

Beeindruckend ist vor allem der grandiose Sound von Slipknot - klarer klang er das ganze Wochenende nicht. Bei "The Heretic Anthem", "Psychosocial" oder dem kultigen Evergreen "Wait And Bleed" blieb von Anfang genug Zeit, um sich mit den rustikalen Gepflogenheiten der Fans auseinanderzusetzen - dann sind sämtliche Pläne auf Abriss umgelegt. Taylor und Co. zeigten sich auch mit den Fans hochzufrieden und verbrieten ein buntes Potpourri ihrer mehr als 15 Jahre alten Bandgeschichte. Ebenfalls markant: Gerade als die Blue Stage fast nur aus US-Amerikanern bestand, war das Wort "Motherfucker" im Dauereinsatz. Am 9. Juni 2016 startet die nächste Ausgabe.

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