1925-2015

Ex-ORF-Generalintendant Gerd Bacher gestorben

Österreich
28.06.2015 10:50
Gerd Bacher ist tot. Der ehemalige ORF-Generalintendant starb am Samstag im Alter von 89 Jahren in Salzburg an den Folgen eines Schlaganfalls. Der Journalist mit dem Spitznamen "Tiger" stand 20 Jahre lang an der Spitze des Österreichischen Rundfunks und gilt als einer der prägendsten Medienmacher der Zweiten Republik.

Gerd Bacher, am 18. November 1925 als Sohn einer Lehrerin und eines Arbeiters in Salzburg geboren, wurde insgesamt fünfmal zum ORF-General bestellt und stand - mit Unterbrechungen - 20 Jahre lang an der Spitze des ORF. Erstmals wurde Bacher am 9. März 1967, nach der Rundfunkreform, Generalintendant und im März 1971 wiederbestellt.

1974, drei Monate nachdem die SPÖ unter Bruno Kreisky gegen die Stimmen von ÖVP und FPÖ das neue Rundfunkgesetz beschlossen hatte, verfehlte Bacher die Mehrheit im Kuratorium. 1978 kehrte Bacher zurück und blieb zwei weitere Funktionsperioden Generalintendant, bis er 1986 Teddy Podgorski unterlag. 1990 wollte er es noch einmal wissen und hielt ein letztes Mal für vier Jahre am Küniglberg Einzug.

"Ära Bacher" im ORF endete 1994
Definitiv zu Ende ging die "Ära Bacher" im Oktober 1994, als Gerhard Zeiler die Tasten und Pedale der "Medienorgel" ORF übernahm. Doch auch Zeiler hatte nach vier Jahren genug und verabschiedete sich nach Köln, wo er zunächst als Geschäftsführer des Privatsenders RTL werkte und später zum mächtigen Boss der internationalen RTL Group aufstieg. Nach 13 Jahren Österreich-Abstinenz hätte Zeiler eine weitere Periode an der Spitze des ORF nun wieder gereizt, aufgrund der fixen roten Mehrheit für Alexander Wrabetz sah er von einer Kandidatur aber ab.

Bacher begann seine journalistische Laufbahn 1946 als Redakteur bei der "Salzburger Volkszeitung", fünf Jahre später wechselte er zu den "Salzburger Nachrichten". 1954 ging Bacher nach Wien, um den Posten des Chefredakteurs des neu gegründeten "Bild-Telegraphen" zu übernehmen. Dort traf er Fritz Molden, mit dem er den "Express" gründete. Mit Molden verband Bacher eine enge Freundschaft. 1962 wurde er Chefredakteur von Moldens "Pressehaus" und 1964 Mitbegründer des Molden-Verlags.

"Ein-Mann-Partei mit Aufnahmesperre"
Gerd Bacher hat den ORF und damit die österreichische Medienlandschaft zwischen 1967 und 1995 maßgeblich bestimmt. Nachfolgend eine Auswahl an Zitaten des legendären ORF-Generalintendanten aus den vergangenen Jahrzehnten.

Der ORF ist mein Kind. Von den Häusern über die Maschinen bis zu sehr vielen Menschen stammen alle von mir. Sogar der Name ist von mir. Mit dem ORF geht es mir wie mit einem Kind, das seine Talente verloren hat.

Ich habe die alte Führung noch in der ersten Nacht abgesetzt. Sie waren Auftragnehmer ihrer Parteien. So schön wie in der ersten Zeit ist es nie wieder geworden, so unabhängig auch nie wieder. Wir fühlten uns als Hohepriester der Zentralanstalt für österreichische Identität. Die Parteien konnten sich nicht vorstellen, dass ein Rundfunk das tut, was er für richtig hält.

Zwischen '67 und '74 habe ich eine herrliche Orgel gehabt, danach hat man sie zwangsgedrosselt.

Der Rundfunk sieht sich im wesentlichen zwei Hauptakteuren gegenüber: einmal den etablierten Institutionen, zum anderen einer neuen revolutionären Linken. Sie glaubt, im Alleinbesitz des Zeitgeistes unterwegs zu sein - wie einst Hitler im Namen der Vorsehung.

Ich hatte in der fairen Auseinandersetzung mit der Linken nie Schwierigkeiten und die Tatsache, dass einer ein Linker ist, hat mich nie davon abgehalten, ihn in verantwortungsvolle Positionen in diesem Haus zu bringen, wenn er fachlich in Ordnung war.

Ich lege Wert darauf, Obmann einer Ein-Mann-Partei mit Aufnahmesperre zu sein, mich können Sie nirgends zuweisen. Ins bürgerliche Lager - was immer man darunter versteht - bin ich natürlich einzureihen. Und dort bin ich halt einer der wenigen Artikulierer gewesen.

Als ich 1978 wiederkam, hat mich Kreisky aus der Armbrustergasse angerufen und hat gesagt: "Herr Generalintendant, wollen Sie nicht auf eine Eierspeis zu mir kommen?" Um Mitternacht saß ich in der Armbrustergasse, er machte eine Eierspeis, wir sind bis um zwei in der Früh dort gesessen. Er hat mir erklärt, er habe immer gewusst, dass ich es wieder werde und er sich darüber freue.

"They never come back" hat bei mir nicht gestimmt.

Rache ist etwas, was mich überhaupt nicht bewegt. Mich bewegt Wut.

Mir ist das elektronische Hochland von Tibet lieber als das Tiefland von Luxemburg.

Die kommerziellen Fernsehsender haben die öffentlich-rechtlichen unter schweren Quotendruck gesetzt. Diese führen einen heldenhaften Abwehrkampf. Es bleibt die Hoffnung auf Schubumkehr, aber ich glaube es wird noch Ärger.

Ich halte nichts davon, wenn die Öffentlich-Rechtlichen die besseren Kommerziellen sein wollen. Ich bin ein überzeugter Zwangsbeglücker und kein Quotenjäger.

Mich kotzt der Zeitgeist dermaßen an.

Der Allerbeste wäre natürlich Gerhard Zeiler. Es ist nahezu grotesk, dass der Bundeskanzler Zeiler nicht auf Knien bittet, zu kommen. Aber vor dem hat er Angst, weil er sich einbildet, Zeiler nützt das aus, um selbst Kanzler zu werden. Das ist einer der besten Fernseh- und Rundfunkleute, die es weltweit gibt. Und auf einen solchen Kapazunder glaubt man hierzulande verzichten zu können.

Ich kenne die politische Szene seit 1946, also die ganze Zweite Republik: So eine miese politische Besetzung hatten wir noch nie seit Bestehen der Zweiten Republik. Und wenn man sich anschaut, wie sich manche Landeshauptleute aufführen, dann stimmt das, was ich unlängst in einem Beitrag schreiben durfte: Dass hier eine politische Dauerolympiade der Liliputaner stattfindet.

So unverschämt wie heute die Politik im ORF umrührt und ihre personellen Anschläge auch gar nicht mehr tarnt, sondern einfach durchführt! Und das einfach bestätigt: "Wir müssen dort ja auch wen haben!" Ich habe ja diesbezüglich auch allerhand erlebt. Aber das hat Bruno Kreisky schon wesentlich eleganter und mit mehr Respekt vor dem Haus gemacht. Das ist das besonders Bedauerliche.

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