Fortsetzung folgt

KISS sorgten für ein feuriges Insel-Finale

Musik
07.06.2015 08:08
Mit viel Feuer, Blut und Lichteffekten beschlossen die US-Hardrock-Legenden KISS den dreitägigen Festivalmarathon auf der Wiener Donauinsel. Das "Rock in Vienna" bilanziert am Ende mit 75.000 Fans und großteils positiven Rückmeldungen. Ein gelungener Auftakt, während dem bereits eine fixe Fortsetzung 2016 verlautbart wurde.
(Bild: kmm)

Die Entscheidung fiel so manchem schwer. Wer Sport- und Rockmusikbegeistert zugleich ist, hatte Samstagabend einen schweren Stand. Im Hauptabendprogramm duellierte sich das Champions-League-Endspiel mit dem Grande Finale des "Rock in Vienna". FC Barcelona gegen Gene Simmons und Juventus Turin gegen Paul Stanley quasi. Wem es um die Show ging, der hatte seinen Sieger jedenfalls auf der Donauinsel gefunden, denn die Rock-Legenden feuerten zwei Jahre nach dem Nova-Rock-Auftritt endlich wieder aus allen Rohren und begeisterten zum Abschluss noch einmal mehr als 20.000 Fans.

Quintessenz des Rock
Das Quartett war dabei gut eingespielt, schließlich landeten KISS schon am Vortag in der Bundeshauptstadt und hatten noch genügend Zeit, sich Sehenswürdigkeiten und gute Lokale anzusehen, wie Simmons vor dem Konzert im "Krone"-Gespräch kundtat. Von den ersten Tönen des Openers "Detroit Rock City" bis zum Schlusspunkt "Rock And Roll All Nite" wähnten sich die Besucher in einem bunten Rockzirkus. Im Gegensatz zu den politisch-bedeutungsvollen Inhalten von Muse am Vortag, besinnten sich KISS gewohntermaßen auf die Quintessenz des 70er-Rock – Party, Spaß und eine kräftige Dosis dicke Hose.

Beim bunten Ritt durch die Jahrzehnte blieben zwar einige Klassiker auf der Strecke, mit Songs wie "Do You Love Me?", "Deuce" oder "Creatures Of The Night" brachte man die Massen in den verbleichten Old-School-Bandshirts dennoch zum Toben. Begleitend dazu natürlich Simmons' laszive Zungenspiele, fein strukturierte Gitarrenriffs von Tommy Thayer und eine gewaltige Licht- und Lasershow, die durch zahlreiche Pyro-Effekte und feuerspeiende Gitarrenhälse verstärkt wurde. Das Schöne dabei? Die Songs haben noch immer keine Patina angesetzt und gaben ein wuchtiges Kapitel Musikgeschichte wieder.

Beschädigte Stimme
Auch im Frührentenalter sind die beiden Bandkonstanten Simmons und Stanley riff- und textsicher, nur der Gesang des Letzteren ist mittlerweile arg in Mitleidenschaft gezogen. Hohe Töne erreicht Stanley nicht mehr, bei "Love Gun" oder "Lick It Up" helfen Simmons und Thayer kräftig aus, um etwaige Schwächen zu kaschieren. Angesicht der Fülle an Hits war diese Tatsache aber für die KISS-Maniacs nur die berühmte Nadel im Heuhaufen.

Überraschungen sind in den letzten Jahren zwar selten passiert, aber das furiose, von Drummer Eric Singer gesungene "Black Diamond" war doch ein hervorstechendes Highlight des Sets. Hydraulik- und Schwebebühnen durften ebensowenig fehlen, wie Simmons' Blutspuck-Orgie vor dem ruppigen "God Of Thunder". Musikalisch waren KISS leider weit weg von "gut eingespielt", die Show war dafür großartig.

Überdosis Metal
Der Samstag war allgemein wieder härter angelegt. Mit dem starken, aber leider fast unbeobachteten Gig der einheimischen Boon begann der harte Reigen bereits zur Mittagszeit – rustikale Heavy-Bands wie Coal Chamber, Hellyeah oder das Wiener Kollektiv Schirenc Plays Pungent Stench sollten folgen – da war der dazwischen eingestreute, eingängige Classic-Rock der amerikanischen All-Star-Band The Dead Daisies bei stechender Tropenhitze eine willkommene Abwechslung.

Erstmals in Schwung kam die Masse der Besucher bei den schwedischen Psychedelic-Rockern Opeth, deren Sänger Mikael Åkerfeldt sich wieder einmal als Entertainer in Reinkultur präsentierte und - an der Hautfarbe klar sichtbar - mit der Sonne zu kämpfen hatte. Das progressive Vorgehen war für eine Festivalbühne dann aber doch etwas zu verschroben.

Kurioser Auftritt
Für eine deutliche Spaltung in "lieben" und "verachten" waren kurz darauf die japanischen Senkrechtstarter BABYMETAL zuständig. Eine tight aufspielende Band zwischen Metallica, Slipknot und System Of A Down vermischt mit kindlichen Engelsstimmen von Su-Metal, YuiMetal und MoaMetal – drei minderjährige Sängerinneren in Schuluniformen, die über den Fuchs-Gott referierten und für erste kleine Moshpits im vorderen Publikumsbereich sorgten. So mancher wusste offensichtlich nicht genau, was er vom Dargebotenen halten soll – Ab- und Zugänger vor der Bühne hielten sich schlussendlich doch die Waage.

Bevor die australischen Pub-Rocker Airbourne wieder einmal Bühnentürme erklommen und sich Bierdosen am Schädel zerdepperten, hatte das Festival nach dem späten Beginn von Metallica am ersten Tag noch einen kurzen Aufreger: Als die Thüringer Metal-Schmiede Heaven Shall Burn gerade "Voice Of The Voiceless" ins Areal schmetterte, waren sie tatsächlich "voiceless", denn aufgrund eines erhitzten Generators gab es einen zehnminütigen Stromausfall, was aber auch schon der einzige Negativpunkt an diesem Tag war.

Nu-Metal-Revival
Vor den schwedischen Power-Metallern Sabaton, die mit Orchester und Pyrotechnik überraschten, gab es für das Wiener Publikum auch ein Wiedersehen mit einem Helden der Vergangenheit. Fred Durst, nicht immer pflegeleichter und durchaus exzentrischer Frontmann der Nu-Metal-Legenden Limp Bizkit schwebt derzeit nämlich auf einer glücklichen Retro-Welle und ist auch ohne nennenswertes neues Material so populär wie seit der Jahrtausendwende nicht mehr.

An diesem Abend ist der Rabauke jedenfalls streichelweich, bedankt sich mehrfach bei den Wiener Fans, geht mit ihnen auf Tuchfühlung und lässt auch ex-Pantera-Schlagzeuglegende Vinnie Paul für kurze Zeit an die Drumsticks. "Nookie", "Break Stuff" oder "My Generation" rückten den Nostalgiefaktor in den Vordergrund und begeisterten die Menge. Nur zwei hartgesottene KISS-Fans verweigerten sich Durst's Forderung bei "Rollin'" hinzuhocken – sie spielten lieber Bauernschnapsen am freien Gelände.

Auftakt gelungen
Mit zusammengerechnet etwa 75.000 Fans konnten die Veranstalter eine zufriedene Abschlussbilanz ziehen und kündigten noch am letzten Festival-Tag eine Fortsetzung im nächsten Jahr an. Inwieweit das Konzept geändert oder erweitert wird, steht freilich noch in den Sternen – ebenso, ob sich das "Rock in Vienna" auch langfristig etablieren kann. Allen Kinderkrankheiten zum Trotz war das Debüt aber ein erfolgreiches und konnte durch die hervorragende Lage und optimale Verkehrsanbindung so manchen Besucher nachhaltig überzeugen. Eine verstärkte eigene Note und die flächendeckende Ausbreitung des grafischen Themenkonzepts (heuer Klimt und Freud) könnten wichtige Punkte sein – hier hapert es noch bei beiden. Aber kommt Zeit, kommt Rat.

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