Kommissions-Urteil

HCB-Skandal: Grobe Mängel bei Arbeit der Behörden

Österreich
18.05.2015 13:09
Nach dem Auffliegen des HCB-Skandals im Kärntner Görtschitztal hat Landeshauptmann Peter Kaiser eine Untersuchungskommission eingesetzt, die sich mit der Vorgangsweise der zuständigen Behörden beschäftigen sollte. Das Gremium unter der Leitung des Verfassungsrechtlers Bernd-Christian Funk fand dabei grobe Mängel bei der Arbeit der Behörden, aber auch in der Vorgangsweise des Zementwerk-Betreibers Wietersdorfer.

Funk, der Umwelthygieniker Hans Peter Hutter und der Verwaltungsrechtsspezialist Bernhard Raschauer präsentierten die Ergebnisse ihrer Arbeit am Montag der Öffentlichkeit. Die Experten kritisierten die Vorgangsweise der Landesbehörden teilweise scharf.

Die Betriebsanlage war jedenfalls einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen worden, eine Teilabnahme erfolgte 2010. Diese sei zwar in rechtlicher Hinsicht vertretbar gewesen, die Verwendung von Blaukalk als Alternativrohstoff sei aber nicht Gegenstand dieses Bescheids gewesen.

Blaukalk-Verarbeitung rechtlich nicht gedeckt
Die Absicht, Blaukalk zu verwenden, wurde von den Zementwerken erst später gemeldet, und zwar im Zuge einer Anzeige bei der Bezirkshauptmannschaft St. Veit. Diese Vorgangsweise war laut Funk rechtlich nicht gedeckt, da es sich um eine "wesentliche Änderung der Betriebsanlage" gehandelt habe. Dafür hätte es ein Genehmigungsverfahren geben müssen.

In der Zusammenfassung des Berichts heißt es: "Die Kommission hält fest, dass die BH St. Veit (...) nicht zuständig war und dass der Landeshauptmann von Kärnten (damals Gerhard Dörfler, Anm.) als Abfallbehörde die Hinzunahme von Blaukalk in der praktizierten Form (...) nicht im Rahmen eines Anzeigeverfahrens hätte erledigen dürfen."

Hinweise auf Amtsmissbrauch bei den zuständigen Behörden habe man allerdings nicht feststellen können. Die Behörden hätten fehlerhaft gearbeitet, es habe Koordinationsprobleme gegeben, so der Tenor des Berichts.

"Zerstörungseffizienz" für HCB unzureichend
Im Genehmigungsbescheid für Wietersdorfer, nach dem das Unternehmen Blaukalk aus der Deponie der Donau Chemie in Brückl verwerten durfte, ist zwar vorgegeben, dass der Blaukalk nur an einer bestimmten Stelle einzubringen und mit 850 bis 1.100 Grad Hitze zu verarbeiten ist. Allerdings hätte, so die Kommission, die Zusammensetzung des Kalks eine "sorgfältige technische Prüfung hinsichtlich der Verbrennungstemperatur erfordert". Aus der Sicht der Kommission war die "Zerstörungseffizienz" für HCB unzureichend, eine umfassende Abklärung hinsichtlich der technischen Betriebsparameter und Emissionen sei dringend erforderlich.

Zwar sei den behördlich festgelegten Mess- und Berichtspflichten im Wesentlichen entsprochen worden. Mit dem Kenntnisnahmebescheid aus 2010 sei jedoch eine Qualitätsänderung der Anlage erfolgt. "Es wurde eine Substanz in den Mitverbrennungsprozess aufgenommen, die in keiner Messvorschrift explizit reflektiert wird", heißt es in dem Bericht.

Scharf kritisiert wurde zudem eine Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2004. "Es ist zu vermuten, dass diese Studie eine wesentliche Ursache für die Fehleinschätzungen um die Auswirkungen der Verbrennung von Kalkschlamm war", heißt es im Bericht der Kommission. So sei bei der Messung mit zu hohen Nachweisgrenzen für HCB gearbeitet worden, erklärte Neubacher: "Das ist in etwa so, als ob man einen Brief nicht auf einer Briefwaage, sondern auf einer Viehwaage abwiegen möchte."

Mängel bei internen Informationsprozessen
Innerhalb der Behördenarbeit ortet die Kommission selbst unter Berücksichtigung der schwierigen und komplexen Situation Mängel bei den internen Informationsprozessen sowie bei der Vorsorge für Kommunikation und Koordination. Dass der Blaukalk erheblich mit HCB belastet war, wussten sowohl die Wietersdorfer als auch die Fachabteilung der Landesregierung. Die Funk-Kommission warf auch die Frage auf, warum der Einsatz von Blaukalk aus der Deponie nicht rascher untersagt worden ist und stellt die Eignung des Zementwerks zur Blaukalk-Verbrennung grundsätzlich infrage.

Der Bericht sei kein Abschluss, betonten die Mitglieder der Kommission, sondern der Beginn von weiteren Maßnahmen. Am Mittwoch wird in der Sitzung der Kärntner Landesregierung darüber diskutiert, politische Stellungnahmen zu den Ergebnissen gab es am Montag nicht.

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