Armenier-Völkermord

Gedenkmarsch und Pro-Türkei-Demo in Wien

Österreich
24.04.2015 21:53
"Demo" und "Gegendemo" zum 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern vor 100 Jahren im Osmanischen Reich am Freitagabend im Zentrum von Wien: Armenier und Kurden veranstalteten mit großteils linken türkischen Gruppen einen "Marsch für Gerechtigkeit". Gleichzeitig unterstützten andere türkische Verbände die offizielle Haltung der Türkei. Diese wehrt sich gegen die Bezeichnung "Genozid".

Der "Marsch der Gerechtigkeit" setzte sich gegen 19.30 Uhr vom Resselpark aus in Bewegung. Ziel war das Parlament am Ring. Nach Angaben der Polizei beteiligten sich rund 2.500 Personen an dem Marsch. Etwa 4.000 Demonstranten versammelten sich der Exekutive zufolge am Wiener Westbahnhof, um zum Ballhausplatz zu ziehen. Die Demonstrationen verliefen friedlich.

Im Wiener Stephansdom fand am frühen Abend ein Ökumenisches Abendgebet im Gedenken an die Opfer des Völkermordes statt, an dem unter anderen Kardinal Christoph Schönborn und der armenische Archimandrit, Pater Tiran Petrosyan, teilnahmen. Schönborn betonte, man brauche "die Wahrheit nicht zu fürchten". "Heute vor 100 Jahren begann eines der größten Dramen der Christenheit", eröffnete der Wiener Erzbischof seine Predigt.

Schönborn: "Größte Christenverfolgung der Geschichte"
Was damals geschah, könne als "die größte Christenverfolgung der Geschichte" bezeichnet werden, so Schönborn. Unter den Opfern der Tragödie, die 1915 begann, seien 1,5 Millionen Armenier, rund 500.000 Christen syrischer Tradition, 350.00 Pontus-Griechen und weitere Christen gewesen - insgesamt rund zwei Millionen Menschen. Sie seien verfolgt worden, weil sie Christen waren, erklärte der Kardinal.

Schönborn erinnerte an Worte von Papst Franziskus, "dass der Genozid am armenischen Volk nie vergessen werden kann". Schönborn: "Wir dürfen nicht vergessen, aber wir müssen vergeben." Er erinnerte auch daran, dass heute wieder unzählige Christen wegen ihres Glaubens verfolgt werden. Die Schreckensbilder von der Ermordung der koptischen und äthiopischen Christen in Libyen seien präsent. Auch die Ermordung christlicher Studenten in Kenia sei ein Beweis dafür, dass die Zahl der christlichen Märtyrer heute größer sei als in den Anfängen des Christentums, so Schönborn. Auch international wurde dem Genozid an den Armeniern gedacht.

Türkei berief Botschafter ab, auch Sanktionen möglich
Die Türkei hatte sich am Mittwoch über eine Erklärung des Österreichischen Nationalrats zum Völkermord an den Armeniern 1915 empört und von einer "dauerhaften Schädigung" der Beziehungen zwischen beiden Ländern gesprochen. Der türkische Botschafter wurde aus Wien zurückberufen. Auch Wirtschaftssanktionen sollen bereits im Raum stehen.

In dem Text der Klubobleute Andreas Schieder (SPÖ), Reinhold Lopatka (ÖVP), Heinz-Christian Strache (FPÖ), Eva Glawischnig (Grüne), Waltraud Dietrich (Team Stronach) und Matthias Strolz (NEOS) hatte es geheißen: "Aufgrund der historischen Verantwortung - die österreich-ungarische Monarchie war im Ersten Weltkrieg mit dem Osmanischen Reich verbündet - ist es unsere Pflicht, die schrecklichen Geschehnisse als Genozid anzuerkennen und zu verurteilen." Auch der Wiener Gemeinderat verurteilte am Freitag den Völkermord an den Armeniern vor 100 Jahren durch das Osmanische Reich via Resolutionsantrag.

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