Kritik an Brüssel

“Triton”-Beschluss für NGOs nur “Gesichtswahrung”

Ausland
24.04.2015 10:20
Die Reaktionen auf die Beschlüsse des EU-Sondergipfels zum Thema Flüchtlingsschutz, wonach die finanziellen Mittel für die Grenzschutzmission "Triton" verdreifacht werden, sind aufseiten humanitärer Organisationen heftig ausgefallen. So erklärte Amnesty International am Freitag, das Treffen am Donnerstag in Brüssel sei "eine Gesichtwahrungs-, keine Lebensrettungsoperation" gewesen. Die Hilfsorganisation Oxfam sprach von einer vertanen Chance. Besonders kritisiert wurde, dass das Einsatzgebiet der EU-Überwachungsmissionen auf See nicht ausgedehnt wurde, worüber die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel erneut beraten will.

Beim EU-Gipfel war beschlossen worden, die Mittel für die EU-Überwachungsmissionen auf See zu verdreifachen. Der "Triton"-Einsatz vor Italien hat damit rund neun Millionen Euro pro Monat zur Verfügung - ebenso viel wie der im vergangenen November eingestellte italienische Seenotrettungseinsatz "Mare Nostrum" hatte. Dieser reichte aber bis vor die Küste Libyens, von wo aus sich die meisten Flüchtlinge derzeit auf den Weg nach Europa machen. Hauptaufgabe von "Triton" und des "Poseidon"-Einsatzes vor Griechenland ist zudem der Grenzschutz und nicht die Seenotrettung.

Amnesty: "EU geht Problem weiter nur halbwegs an"
"All die Worte und Ressourcen, die auf dieses Problem verwendet werden, legen nahe, dass die EU-Oberhäupter es ernst meinen mit dem Retten von Leben auf hoher See", erklärte der Europa-Chef von Amnesty, John Dalhuisen. "Aber die Wahrheit ist, dass sie das Problem weiter nur halbwegs angehen." Wenn das Einsatzgebiet der EU-Seemissionen nicht ausgeweitet werde, "werden Migranten und Flüchtlinge weiter ertrinken".

Oxfam erklärte, die Gipfelbeschlüsse seien "vollkommen unzureichend". Die Seemissionen müssten "ein klares Mandat, als oberste Priorität Leben zu retten" bekommen, forderte der Leiter der Oxfam-Programme in Italien, Alessandro Bechini. Außerdem dürfe es keine geografischen Beschränkungen für die Seenotrettung geben. Oxfam kritisierte, dass vor allem arme Länder die Flüchtlingskrise bewältigen müssten, während die EU keinen fairen Beitrag leiste.

Merkel will über Grenzen des Einsatzgebiets diskutieren
Merkel hatte nach dem Gipfel gesagt, über die Frage des Einsatzgebiets müsse aus ihrer Sicht erneut gesprochen werden - offenbar hatte es Widerstand bei anderen Staaten gegeben. EU-Ratspräsident Donald Tusk sagte, das Mandat von "Triton" brauche "nicht diskutiert zu werden". Bei der Notwendigkeit von Seenotrettung gebe es "keine geografischen oder politischen Grenzen".

Im Mittelmeer kamen nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration seit Jahresbeginn bereits mehr als 1.750 Flüchtlinge ums Leben. Der Sondergipfel war angesetzt worden, nachdem allein in der Nacht auf Sonntag vor der libyschen Küste rund 800 Flüchtlinge ertrunken waren. Libyen ist nicht nur ein wichtiges Transitland für Flüchtlinge aus Afrika und dem Nahen Osten, es kämpft auch selbst mit einer Massenflucht.

Zerstörung von Schlepperschiffen als Abschreckung
Die EU will nun gleichzeitig den Menschenschmuggel stärker bekämpfen. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini soll dazu Pläne erarbeiten. Frankreichs Präsident Francois Hollande kündigte an, sein Land werde eine Resolution beim UNO-Sicherheitsrat einbringen, damit die Schiffszerstörung mit militärischen Mitteln autorisiert werde. Dazu wollte er am Freitag ein Gespräch mit Russlands Präsident Wladimir Putin führen.

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