Verfahren läuft noch

Terrorverdacht: Österreichischer Arzt freigelassen

Österreich
15.04.2015 18:20
Der Anfang März in Mestre bei Venedig wegen Terrorverdachts festgenommene österreichische Staatsbürger Ünal E. ist am Mittwoch aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Das Verfahren in Italien über eine Auslieferung an seine frühere Heimat Türkei, die Terrorvorwürfe gegen ihn erhebt, wird aber fortgesetzt.

Außenministeriumssprecher Martin Weiss erklärte, dass Außenminister Sebastian Kurz den Fall bei seinem jüngsten Besuch in Rom angesprochen habe. Zudem seien den italienischen Behörden die österreichischen Dokumente übermittelt worden, die dazu führten, dass Ünal E. der Asylstatus zugesprochen wurde. Begründung sei damals gewesen, dass ihm in seiner türkischen Heimat die politische Verfolgung drohe. Dass Ünal E. nunmehr österreichischer Staatsbürger sei, ändere daran nichts, so Weiss. Dies hätten die italienischen Behörden bei ihrer Freilassung gewürdigt.

"Politische Kontakte auf höchster Ebene zwischen Rom und Wien haben die Freilassung meines Mandanten ermöglicht. Das ist mehr ein diplomatischer als ein rechtlicher Erfolg", berichtete Anwalt Nicola Canestrini. Der 45-jährige E. sei frei, habe das Gefängnis in Venedig bereits verlassen und werde am Mittwochabend nach Tirol zurückkehren. Dort befinde er sich auf sicherem Boden. "Österreich liefert prinzipiell keine Österreicher aus", betonte Weiss.

Auslieferungsverfahren läuft weiter
Ein Gericht in Venedig wird im Mai aufgrund von Dokumenten, welche die türkischen Justizbehörden geliefert haben, dennoch entscheiden, ob Ünal E. ausgeliefert werden soll oder nicht. Sollte sich das Gericht für die Auslieferung aussprechen, würde E. wieder eine Verhaftung drohen, sollte er nach Italien zurückkehren. Daher überlegt der Anwalt, in Italien die Anerkennung des Flüchtlingsstatus seines Mandanten zu beantragen. "Das werde ich mit Ünal E. jetzt besprechen."

Die Familie von Ünal E. sei über die Freilassung informiert worden. Die österreichische Frau seines Mandanten sei vor Erleichterung in Tränen ausgebrochen, berichtete Canestrini. Obwohl sein Mandant etwas mitgenommen sei, wolle er sofort wieder seine Arzttätigkeit in Österreich aufnehmen.

Asyl wegen "politischer Verfolgung"
Die Türkei wirft Ünal E. - wie berichtet - vor, er habe als Mitglied der linksextremen Terrororganisation DHKP-C Mitte der 1990er-Jahre Anschläge in Ankara verübt. Ein österreichisches Asylgericht entschied 2002 demgegenüber, bei dem Vorwurf der DHKP-C-Mitgliedschaft handle es sich um "politische Verfolgung".

Ünal E. wird unter anderem beschuldigt, an einem Bombenanschlag auf eine Bankfiliale 1995 sowie einem Anschlag mit Molotowcocktails auf eine Hochschule 1994 in Ankara beteiligt gewesen zu sein und sich an illegalen Plakatierungsaktionen beteiligt zu haben. Zwischen 1995 und 1999 verbrachte Ünal E. laut Anwalt fünf Jahre in der Türkei in Untersuchungshaft. In dieser Zeit sei er physisch und psychisch schwer gefoltert worden. Nach seiner Verurteilung zu zwölf Jahren und sechs Monaten Haft sei E. die Flucht nach Österreich gelungen. 2000 habe er einen Asylantrag gestellt, der 2002 angenommen wurde. Seit 2005 ist der Orthopäde österreichischer Staatsbürger.

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