Disziplinarverfahren

FN-Gründer Le Pen steht vor Parteiausschluss

Ausland
09.04.2015 22:20
Im erbitterten Streit um die Ausrichtung von Frankreichs rechtsextremem Front National (FN) ist ein Rauswurf von Ehrenpräsident Jean-Marie Le Pen aus der Partei nicht mehr ausgeschlossen. Parteichefin Marine Le Pen kündigte am Donnerstagabend in einem TV-Interview ein Disziplinarverfahren gegen ihren Vater an. Dieser bezeichnete einen Parteiausschluss als "vollkommen verrückt".

Ihr Vater werde sich vor dem FN-Exekutivbüro verantworten müssen, sagte Marine Le Pen dem Fernsehsender TF1. Niemand könne verstehen, dass es im FN Leute gebe, die eine persönliche Meinung vertreten könnten, die den Statuten der Partei widerspreche. Ein Datum für die Sitzung des obersten Parteiorgans nannte sie nicht, die FN-Führung will möglichst rasch über die Personalie entscheiden. Marine Le Pen will unter anderem verhindern, dass ihr Vater bei den Regionalwahlen im Dezember eine FN-Wahlliste im Süden des Landes anführt.

Anlass für den Bruch zwischen Vater und Tochter waren Interview-Äußerungen des 86-Jährigen, in denen er unter anderem erneut die Gaskammern der NS-Konzentrationslager als "Detail der Geschichte" bezeichnete. Diese und ähnliche Sätze, für die der Parteigründer mehrfach verurteilt wurde, torpedieren die Bemühungen seiner Tochter, dem Front National ein respektableres Ansehen zu verschaffen und sie damit für breitere Schichten wählbar zu machen.

"Parteigründer sollte gehen"
FN-Vizechef Florian Philippot sagte am Donnerstag im Sender RMC, es wäre "vorzuziehen", wenn der Parteigründer den Front National selbst verlasse. Er hielt aber auch einen Parteiausschluss für denkbar. Wenn Jean-Marie Le Pen nicht selbst reagiere, werde die FN-Spitze "ihrer Verantwortung gerecht werden".

Le Pen: "Mein Rauswurf wäre vollkommen verrückt"
Jean-Marie Le Pen sagte am Donnerstag auf einen möglichen Rauswurf angesprochen im Sender RTL, schon die Idee als solche berge "ein Implosionsrisiko" für den Front National. "Wenn diese Entscheidung getroffen werden sollte, wäre sie vollkommen verrückt. Denn das Ansehen, das ich natürlich noch beim Front National habe, würde dafür sorgen, dass es zu beträchtlichen Unruhen kommt."

Mit Blick auf das Vorgehen seiner Tochter gegen ihn sagte der Europaabgeordnete: "Marine Le Pen wünscht vielleicht meinen Tod, aber auf meine Mitarbeit kann sie dabei nicht zählen."

Front National 1972 mitbegründet
Jean-Marie Le Pen hatte den Front National 1972 mitbegründet und führte ihn vier Jahrzehnte lang. Bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2002 schaffte er es mit fast 17 Prozent in der ersten Runde in die Stichwahl, wo er dem damaligen Amtsinhaber Jacques Chirac unterlag.

Anfang 2011 übernahm seine Tochter Marine die Parteiführung. Ihre Strategie, den Front National mit einer Abkehr von den antisemitischen und offen rassistischen Parolen ihres Vaters hoffähig zu machen, geht offenbar auf: Im vergangenen Jahr wurde die Partei bei den Europawahlen erstmals Frankreichs stärkste Kraft. Bei den Präsidentschaftswahlen 2017 könnte es Marine Le Pen in die Stichwahl schaffen.

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