"Operation Limax"

Über 10.000 Opfer: Aus für Schlepper-Netzwerk

Österreich
25.03.2015 12:39
Einem Schleppernetzwerk, das in den vergangenen Monaten rund 10.000 Menschen aus dem Kosovo über Serbien und Ungarn nach Westeuropa gebracht haben soll, haben Polizeibehörden in mehreren europäischen Ländern den Garaus gemacht. Im Zuge der "Operation Limax" klickten am Dienstag bei einer koordinierten Polizeiaktion in sieben europäischen Ländern die Handschellen für 46 Verdächtige, insgesamt wurden 77 Personen festgenommen.

Der Direktor des Bundeskriminalamtes (BK), Franz Lang, sagte am Mittwoch in Wien, dass sich seit dem Herbst des Vorjahres rund 50.000 Bürger aus dem Kosovo auf den Weg nach Westeuropa gemacht hätten. "Wir haben gefühlt, dass da ein sehr effizientes Netzwerk dahinterstecken muss", schilderte der BK-Chef. Umgehend hefteten sich die Ermittler an die Fersen der Übeltäter. Zudem warnte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner im Zuge einer diplomatischen Offensive im Februar die Bürger des Kosovo davor, Versprechungen von Schleppern Glauben zu schenken.

Die Kriminalisten merkten bald, dass ein Gutteil der Menschentransporte über Kärnten lief. Die Kärntner Landespolizeidirektorin Michaela Kohlweiß berichtete, dass man bei einem gestoppten Transport den Beweis bekommen habe, dass ein bestimmtes Schleppernetzwerk für einen Gutteil des Flüchtlingsstroms aus dem Kosovo verantwortlich sei. Insgesamt stoppten die Kärntner Ermittler 55 Schleusungen seit Oktober 2014.

Auch "Mastermind" des Netzwerks geschnappt
Die Ermittlungen der Landeskriminalämter sowie des Bundeskriminalamtes, von Europol und Eurojust erreichten am Dienstag im Zuge der "Operation Limax" ihren vorläufigen Höhepunkt: In Tschechien wurden 16 Personen, in Frankreich zwölf, in Österreich acht, in Ungarn vier - darunter der mutmaßliche "Mastermind" des Netzwerks -, im Kosovo drei, in der Slowakei zwei und in Deutschland ein Verdächtiger festgenommen. Die österreichischen Ermittler stellten bei Hausdurchsuchungen neben Unterlagen, Handys und Fahrzeugen rund 50.000 Euro Bargeld sicher. Insgesamt führten 100 Beamte in Österreich die Festnahmen durch.

Als Hauptverdächtiger des Netzwerks gilt ein 53-jähriger Bosnier, der in Ungarn erwischt wurde und seine praktisch ausschließlich aus dem Kosovo stammenden Mitarbeiter via Mobiltelefon dirigiert hatte. Die Route verlief vom Kosovo über den serbischen Grenzort Subotica, Ungarn und Österreich. Die Geschleppten wurden bis zum Weitertransport in Bunkerwohnungen und Billighotels untergebracht. Zielländer waren Frankreich, Deutschland und die Benelux-Staaten.

Flüchtling in Keller in Wien eingesperrt
Die Schlepper verlangten 2.800 Euro pro Person oder 7.000 Euro für eine Familie, die etappenweise bezahlt werden mussten, wie Oberst Gerald Tatzgern, der Leiter des Büros für Menschenhandel und Schlepperei im BK, schilderte. Konnte man nicht zahlen, griffen die Täter zu rigorosen Mitteln: "Wir wissen, dass ein kosovarischer Flüchtling zwei Wochen in einem Keller in Wien eingesperrt wurde, weil er den Schlepperlohn nicht zahlen konnte", schilderte Tatzgern. Eine Familie sei in einer Kleinstwohnung festgehalten worden, bis sie das Geld für die Weiterfahrt aufgetrieben hatte.

Die Ausreisewilligen rekrutierten die Schlepper zum Teil bei Werbefahrten im Kosovo, bei denen sie ihnen mit sagenhaften Gewinnversprechungen die Fahrt nach Westeuropa schmackhaft machten. Viele der Migranten stammten laut Tatzgern nicht aus den ärmsten Bevölkerungsschichten des Landes. Sie verkauften in zahlreichen Fällen ihren Besitz, um den Transport zu finanzieren. Die meisten der Geschleppten sind mittlerweile freiwillig zurückgekehrt, haben aber nahezu alles verloren.

Täter prahlten via Facebook
Die Mitglieder des Schleppernetzwerks dürften sich nebenbei auch andere Geschäftsfelder gesucht haben. So werden Einbrüche in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland der Gruppe zugerechnet. In Kärnten sollen sie Zielobjekte ausgespäht haben. Ein weiterer Geschäftszweig war die Herstellung falscher Dokumente aus Slowenien, die sie für die Transporte benötigten.

Die Mitglieder des Schleppernetzwerks hatten übrigens einen ausgeprägten Hang zur Selbstdarstellung. Auf Facebook prahlten sie mit den verdienten Geldsummen. Sie posteten Fotos von 500-Euro-Bündeln, zu denen sie eine auffallend breite Kette mit dem kosovarischen Doppeladler gelegt hatten.

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