Varoufakis-Interview

“Griechenland wird Schulden niemals zurückzahlen”

Ausland
10.03.2015 12:10
Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis hat in einem ARD-Interview das ausgesprochen, was in den Euro-Ländern, allen voran Deutschland, niemand hören will: Griechenland sei "der insolventeste aller Staaten" und werde "seine Schulden niemals zurückzahlen". Das Gespräch, das bereits im Sommer aufgezeichnet worden war, wurde am Montagabend ausgestrahlt.

"Die klugen Leute in Brüssel, in Frankfurt und auch in Berlin wussten das schon im Mai 2010. Aber sie haben so getan, als sei Griechenland nicht bankrott, sondern habe nur gerade nicht genug flüssige Mittel. In dieser Lage Griechenland den größten Kredit der Geschichte zu geben, wie drittklassige korrupte Banker, das war ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit", stichelte Varoufakis in dem Interview weiter.

"Dieses Geld ging an französische und deutsche Banken"
Durch die Hilfskredite sei Griechenland in eine "Dauerverschuldung ohne Ende" gezwungen worden. "Sie brachten eine stolze Nation gegen eine andere auf, denn dem deutschen Arbeiter, der sich acht bis zehn Stunden am Tag abplagt und trotzdem mehr oder weniger an der Armutsgrenze lebt, wird von seiner Regierung erzählt, unsere Krankenhäuser müssen sparen, aber wir geben den Griechen 110 bis 130 Milliarden Euro. Dabei ging das Geld gar nicht an die Griechen. Dieses Geld hat nie ein Grieche gesehen. Es ging an französische und deutsche Banken", zitierte die "Bild" aus dem Interview.

Am Dienstag hat sich auch der deutsch-griechische Politiker Jorgo Chatzimarkakis zu Wort gemeldet. Dass die Schulden "niemals" zurückbezahlt würden, sagte der Ehrenbotschafter der griechischen Regierung zwar nicht, allerdings sprach er sich für einen Aufschub von "50 bis 70 Jahren" für die Rückzahlung der Verbindlichkeiten aus. Der Euro-Gruppe warf der frühere Europaabgeordnete vor, sie lasse die neue Regierung in Athen "an die Wand laufen". Dies sei angesichts "der explosiven Lage in Griechenland eine gefährliche Strategie".

Laut Varoufakis keine weiteren "demütigenden Besuche"
Varoufakis hatte sich am Montagabend in Brüssel mit den übrigen Euro-Finanzministern getroffen. Auch dabei nahm sich der Grieche kein Blatt vor den Mund: Griechenland habe verhindert, dass es in dem Land wieder zu "demütigenden Besuchen" der Experten der früheren Gläubiger-Troika kommt, erklärte er. Kontrollen "mit Technokraten der drei Institutionen, die im Gleichschritt in unsere Ministerien laufen", gehörten demnach der Vergangenheit an.

In Brüssel hatte Athen erstmals wieder Gesprächen mit Experten der drei Institutionen der früheren Troika aus EU, EZB und IWF zugestimmt. Sie sollen am Mittwoch in Brüssel beginnen, bei Bedarf können die Experten aber auch wieder nach Athen reisen. Varoufakis sicherte zu, seine Regierung werde den Experten "alle Informationen" zur Verfügung stellen, die sie benötigten. Und sie seien auch in Griechenland willkommen. Besuche, die "am Ende die griechische Bevölkerung vor den Kopf gestoßen und Griechenland weitgehend unreformierbar gemacht" hätten, werde es aber nicht mehr geben.

Dass Kollegen wie der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble zuletzt doch wieder das Wort "Troika" benutzten, nahm Varoufakis mit Humor: "Wenn sie die Troika wollen und sie diese so sehr vermissen, können wir sie zu ihnen schicken."

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