Schuld der Eltern

Immer mehr Kinder sind krankhaft selbstverliebt

Wissenschaft
10.03.2015 06:00
Sie fühlen sich anderen überlegen und erwarten eine Sonderbehandlung: Immer mehr Kinder in westlichen Ländern seien krankhaft selbstverliebt, berichten Forscher um Eddie Brummelman von der Universität Amsterdam, die die Ursache von Narzissmus untersucht haben und sie sie bei den Eltern fanden.

Mütter und Väter, die ihre Kinder für etwas Besseres halten, fördern die Entwicklung dieser Persönlichkeitsstörung. Das berichten die Wissenschaftler in den "Proceedings" der US-Akademie der Wissenschaften ("PNAS").

Die Psychologen und Erziehungswissenschaftler befragten für ihre Studie 565 niederländische Kinder zwischen sieben und elf Jahren sowie deren Eltern zwei Jahre lang alle sechs Monate. Jene Heranwachsenden, deren Eltern angaben, ihr Nachwuchs sei "besonderer als andere Kinder" oder "verdiene im Leben etwas Außergewöhnliches", hatten später narzisstischere Charaktere: Sie besaßen wenig Einfühlungsvermögen und reagierten überempfindlich auf Kritik. Demnach ist es dem Wohl eines Kindes nicht förderlich, wenn Väter oder Mütter es für "Gottes Geschenk an die Menschheit" halten.

Narzissmus ist Folge übertriebener Zuwendung
"Kinder glauben ihren Eltern, wenn die ihnen sagen, sie seien besser als andere", wird Koautor Brad Bushman von der Ohio State University in Columbus in einer Mitteilung der Universität zitiert. "Für sie selbst und auch für die Gesellschaft kann das nicht gut sein." Narzissmus ist nach Ansicht der Forscher ein Resultat übertriebener elterlicher Zuwendung - und nicht von zu wenig. Dies stütze die soziale Lerntheorie und widerspreche dem psychoanalytischen Ansatz, schreiben sie.

Der Kinder- und Jugendpsychiater Michael Winterhoff aus Bonn sieht die Ursache auch in immer stärker gestressten Eltern: "Eltern fühlen sich heute mehr unter Druck", sagte Winterhoff. "Sie wollen aber unbedingt, dass es ihrem Kind besser geht. Deshalb bekommen Kinder immer mehr." Das mache sie aber nicht lern- und leistungsbereit. "Wir müssen uns klar sein, dass diese Menschen nicht lebenstüchtig sind", meint der Experte. "Sie sind zum Beispiel nicht in der Lage, ihre eigenen Bedürfnisse zurückzustellen." In der Schule würden sie sich häufig verweigern. Glückliche Kinder seien das nicht, meint der Jugendpsychiater.

Narzissmus sei allerdings nicht mit einem hohen Selbstwertgefühl zu verwechseln, warnten die Forscher. Auch das hatten sie abgefragt. Eltern, die ihre Kinder mit viel emotionaler Wärme behandelten, stärkten das Selbstwertgefühl. "Menschen mit hohem Selbstwertgefühl sehen sich auf Augenhöhe mit anderen, während Narzissten denken, sie stünden darüber", erklärte Bushman.

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