"Blieb nichts übrig"

Westenthaler: Freispruch im Betrugsprozess

Österreich
06.03.2015 18:10
Der ehemalige BZÖ-Obmann und frühere Vorstand der österreichischen Fußball-Bundesliga, Peter Westenthaler, ist am Freitag am Wiener Straflandesgericht in allen gegen ihn in der Bundesliga- und der Werbeagentur-Causa vorliegenden Anklagepunkten freigesprochen worden. Während die Staatsanwaltschaft die Beweislast als "erdrückend" befand, war für die Verteidigung von den vorgebrachten Vorwürfen "nichts übrig geblieben". Auch für Westenthalers ehemaligem Co-Vorstand Thomas Kornhoff gab es einen Freispruch. Beide Freisprüche sind nicht rechtskräftig.

Westenthaler - von Februar 2003 bis August 2004 Manager der österreichischen Fußball-Bundesliga - und sein mitangeklagter damaliger Co-Vorstand Kornhoff war vorgeworfen worden, eine steuerfinanzierte Sonderförderung dazu verwendet zu haben, einen bedingten Vergleich mit der Finanzprokuratur zu finanzieren. Der Vorwurf lautete auf schweren Betrug.

Der zweite Teil des Verfahrens betraf eine 300.000-Euro-Zahlung der Österreichischen Lotterien an die frühere BZÖ-eigene Werbeagentur "Orange". Laut Anklage erfolgte diese für ein de facto wertloses Gutachten, Westenthaler wurde hier als Beteiligten Untreue vorgeworfen.

Westenthaler: "Meine Familie ist durch die Hölle gegangen"
Nach der ergänzenden Einvernahme eines bereits im vergangenen November vernommenen Zeugen, die sehr kurz ausfiel, bekam Westenthaler Gelegenheit zu einer abschließenden Stellungnahme. "Wir sind emotional durch die Hölle gegangen", verwies Westenthaler auf die Belastung, die das Straferfahren für ihn und seine Familie mit sich gebracht habe. Es habe "berufliche, wirtschaftliche und psychische Folgen" gegeben. Gegen ihn sei Anklage erhoben worden, "obwohl es keine rauchenden Colts, keine stichhaltigen Beweise gibt". Von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen sei "nichts übrig geblieben, der Anklage ist der Boden entzogen worden", bilanzierte Westenthaler am Ende des Verfahrens.

Staatsanwältin: "Beweislast erdrückend"
Ganz anders sah das Oberstaatsanwältin Barbara Schreiber: "Die Beweislast ist erdrückend. Ich habe nicht die Zeit, alle Beweise aufzuzählen. Ich kann nur ein Best of geben", stellte die Anklagevertreterin in ihrem Schlussplädoyer fest. Das Gericht habe die Vorwürfe "zielgerichtet und akribisch" geprüft. Dabei sei eine "nahezu unerträgliche Mischung aus Korruption, Inkompetenz und Ignoranz" zutage getreten. Die Angeklagten treffe der Vorwurf der Korruption, so Schreiber.

Republik als "Melkkuh" betrachtet
Die Oberstaatsanwältin wurde am Ende ihrer Ausführungen beinahe grob. Westenthaler habe die Republik Österreich "offenbar als Melkkuh" und den Nationalrat, der die Millionen-Förderung an die Bundesliga zweckgewidmet genehmigt habe, "als Staffage" betrachtet. "Der Angeklagte scheint vom Gefühl getragen zu sein, über dem Gesetz zu stehen", warf sie Westenthaler vor. Die Prognose "für ein zukünftiges Wohlverhalten" Westenthalers sei "düster", bemerkte die Anklagevertreterin.

Verteidiger übte scharfe Kritik an Staatsanwältin
Scharfe Kritik an diesen Ausführungen übte Westenthalers Verteidiger Thomas Kralik: "Ich habe selten so etwas Unsachliches und von persönlicher Emotion Getragenes gehört." Die Anklägerin habe "Dinge in den Raum gestellt und Aktenwidrigkeiten wiedergegeben". Das sei mit dem Objektivitätsgebot, zu dem die Staatsanwaltschaften verpflichtet sind, "nicht vereinbar", meinte Kralik.

Richter: "Zweck der Förderung erfüllt, niemand geschädigt"
Der Vorsitzende des Schöffensenats, Wolfgang Etl, begründete in der Bundesliga-Causa das Urteil damit, dass bei der Ausschüttung der Fördergelder an die Bundesligavereine niemand geschädigt worden sei. "Der Zweck der Förderung wurde eindrucksvoll erfüllt", hielt der Richter fest. Die Bundesliga habe sich nicht unrechtmäßig bereichert, die Förder-Million sei am Ende zur Gänze den Vereinen zugekommen.

Illegale Parteienfinanzierung, aber Westenthaler unschuldig
Hinsichtlich des zweiten Anklagepunktes ließ Etl keinen Zweifel, dass es sich nach Ansicht des Senats dabei um eine illegale Parteienfinanzierung gehandelt hatte. Es sei "evident, dass die 300.000 Euro ohne Rechtsgrundlage geleistet wurden", sagte der Richter. Dem damaligen BZÖ-Obmann Peter Westenthaler sei aber kein schuldhaftes Verhalten nachzuweisen, erläuterte der Vorsitzende.

Wallners Verantwortung "nicht mehr zu klären"
Unmittelbarer Täter, der die Zahlung angewiesen haben dürfte, war nach Ansicht des Gerichts der damalige Chef der Casinos Austria, Leo Wallner. "Von Untreue des Doktor Wallner ist auszugehen", hielt Etl wörtlich fest. Der mittlerweile 79-Jährige ist aufgrund seines angeschlagenen Gesundheitszustandes nicht mehr verhandlungs- und vernehmungsfähig. "Seine Verantwortung wird nicht mehr zu klären sein", bedauerte Etl.

Westenthaler: "Ich hab' immer gesagt, ich bin unschuldig"
Die Freisprüche für Westenthaler und Kornhoff sind nicht rechtskräftig. Oberstaatsanwältin Barbara Schreiber legte dagegen noch im Verhandlungssaal Nichtigkeitsbeschwerden ein. "Ich hab' immer gesagt, ich bin unschuldig", zeigte sich Westentaler nach Schluss der Verhandlung erfreut über den Ausgang des Strafverfahrens. Zugleich verlangte er, die Politik müsse "jetzt beginnen, die Staatsanwaltschaft unter Kontrolle zu stellen". Es sei Zeit für eine "Reform, dass die Staatsanwaltschaft nicht sakrosankt ist und alles machen darf".

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