Zu sorglos bisher

IS-Kämpfer werden im Internet nun vorsichtiger

Web
31.01.2015 14:05
Facebook-Fotos von europäischen Dschihadisten mit Kalaschnikows in der Hand, Videos aus Kampfgebieten in Syrien auf YouTube, islamistische Botschaften per Twitter: Extremistenorganisationen wie der Islamische Staat und ihre Anhänger haben das Internet im Kampf gegen westliche Staaten zu einer ihrer wichtigsten Waffen gemacht. Doch nun werden die Dschihadisten vorsichtiger im Umgang mit sozialen Medien, nachdem mehrere Kämpfer von westlichen Geheimdiensten identifiziert werden konnten.

"Manchmal konnten wir dank Facebook bestimmte Kämpfer geografisch lokalisieren", berichtet der Anti-Terror-Experte der französischen Kriminalpolizei DCPJ, Philippe Chadrys. "Manche machen den Ort sogar im öffentlichen Teil ihres Accounts publik. Das verschafft uns Informationen, um ihre juristischen Dossiers zu erstellen." Denn an Ort und Stelle in Syrien fehle es den westlichen Sicherheitsbehörden an Informanten und somit an Beweisen gegen die Kämpfer, wenn diese später in ihre Heimatländer zurückgekehrt sind.

Franzose nur auf Basis von Internetpostings verurteilt
So wurde im November der 28-jährige Franzose Flavien Moreau zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt - nur auf der Basis von Beweisen, die der einstige Syrien-Kämpfer selbst ins Internet gestellt hatte. Viele junge Leute, die vor einigen Monaten noch Filme von sich mit Kalaschnikows oder Fotos mit hingerichteten Toten verschickt hatten, stellen nun fest, dass sie damit ihre eigene Anklageschrift schreiben, sollten sie eines Tages nach Europa zurückkehren wollen.

Die Extremistenorganisationen IS und Al-Nusra gaben ihren Kämpfern nach Angaben von Sicherheitsexperten daher inzwischen die Anweisung, ihre Auftritte im Netz zu begrenzen, weniger Orte zu nennen und Gesichter zu zeigen sowie die Metadaten ihrer Botschaften zu löschen. Darüber hinaus nutzen die für ihre Gräueltaten bekannten Extremistenmilizen zunehmend das "Darkweb", jenen versteckten Bereich im Internet, der durch Verschlüsselung geschützt ist.

Terror-Ermittler: "Abwanderung von Facebook"
"Wir fangen an, die Abwendung von Facebook festzustellen", sagte Anti-Terror-Ermittler Chadrys dieser Tage vor einer Parlamentskommission in Paris. "Sie setzen mehr und mehr auf Skype oder WhatsApp, Programme, die viel schwieriger abgefangen werden können." Zudem stellen die Sicherheitsbehörden demnach auch fest, dass die Islamisten sich immer besser mit Informatik auskennen. "Sie beherrschen immer besser Verschlüsselungstechniken und die Methoden zur Löschung von Daten."

Im sogenannten Darknet sind Ermittlungen weitaus schwieriger. Die Polizisten können zwar Experten für Verschlüsselung und Informationstechnik anfordern, aber oft fehlt ihnen Personal. Das bremst die Ermittlungen und verringert die Zahl derjenigen, die überwacht werden könnten. "Die Terroristen passen sich an, sie verstehen, dass Telefon und Internet praktisch sind, aber gefährlich", erläutert Chadrys. So habe der mutmaßliche Attentäter des Jüdischen Museums in Brüssel, der Franko-Algerier Mehdi Nemmouche, weder ein Handy noch einen Facebook-Account gehabt.

Botschaften, die sich selbst zerstören
Helle Dale von dem Thinktank Heritage Foundation in den USA schrieb in einem Bericht, dass die Internet-Überwachung ein "entscheidender Faktor" im Kampf gegen IS sei. Die Gruppe sei aber dabei, "ihre Kommunikationsstrategie zu ändern". Neben weniger Auftritten im Internet und Verschlüsselungstechniken würden die Extremisten inzwischen auch auf Techniken zurückgreifen, "die die Botschaften - kurz nachdem sie abgeschickt wurden - zerstören".

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