Nachbarschaftshilfe

“Frag nebenan”: Nachbar-Netzwerk in Wien gestartet

Web
20.01.2015 10:32
Der Anonymität der Großstadt kann entronnen werden - davon sind jedenfalls die Betreiber der Wiener Online-Plattform "Frag nebenan" überzeugt. Das Portal ist eine Art Facebook fürs Grätzel, über das Menschen in Kontakt mit ihren Nachbarn treten können. Der Testbetrieb läuft bereits, nun startet das Netzwerk in ganz Wien.

Wer kennt einen guten Arzt in der Nähe? Oder ein nettes Lokal? Hat jemand Kinderbekleidung abzugeben? Oder möchte jemand solche haben? Kann wer meine Blumen gießen, während ich auf Urlaub bin? Hat jemand eine Leiter, die er mir borgen kann? Es sind alltägliche Fragen wie diese, die auf fragnebenan.com besprochen werden. Besonders gerne werden derzeit etwa Empfehlungen in Sachen Kinderärzte oder Handwerker ausgetauscht, wie Stefan Theißbacher berichtet.

Er ist einer der Initiatoren des Projekts, bei dem die Teilnahme bisher in zehn Bezirken möglich war. "Derzeit wird 'Frag nebenan' in rund 850 Häusern eingesetzt. 1.200 Leute sind schon mit dabei, pro Tag registrieren sich 20 bis 30 Personen", zeigt er sich über die bisherige Entwicklung zufrieden. Seit Mai 2014 ist man online, wobei der Testbetrieb in Neubau gestartet wurde. Ab sofort können sich Nutzer aus ganz Wien in das Netzwerk einklinken. Auch eine Expansion in andere österreichische Städte bzw. nach Deutschland wird überlegt.

Erstkontakt
Der Ausbau geschieht zumindest derzeit ohne viel Werbung. Denn: Sobald sich in einem Haus jemand entscheidet mitzumachen, kommen die Nachbarn oft rasch dazu - meist durch klassische Mundpropaganda oder Social-Media-Einladungen. Doch auch das Schwarze Brett beim Eingang erfüllt hier eine wichtige Funktion. Ein Aushang dort ermöglicht den Erstkontakt zu Mitbewohnern, die man bisher gar nicht gekannt hat.

Vor allem Neubauten sind laut dem Betreiber interessant. Hier gebe es oft einen hohen Kommunikationsbedarf. Auch erste Treffen würden dort gerne mittels der Plattform organisiert. Wer sich bei "Frag nebenan" registriert, dessen Adresse wird zunächst verifiziert. Sobald dies geschehen ist, erhält man die Möglichkeit, Menschen zu kontaktieren, die in der Umgebung wohnen - konkret in einem Umkreis von 750 Metern.

"Privatsphäre bleibt gewahrt"
Jedoch: Notwendig ist die Preisgabe der Daten auf der Plattform nicht, wie Theißbacher versichert: "Die Privatsphäre bleibt damit gewahrt." Lediglich den Betreibern muss Identität und Wohnort bekannt gegeben werden. Im Forum selbst darf sich jeder seinen Usernamen selbst auswählen. Und: Wenn jemand sein Konto löscht, gibt es dieses auch wirklich nicht mehr, wird beteuert.

Die Teilnahme für Bewohner ist gratis. "Frag nebenan" ist derzeit als Verein organisiert und finanziert sich über Förderungen bzw. die Mittel der Initiatoren. Für heuer ist jedoch die Umwandlung in ein Unternehmen geplant. Angedacht ist laut Theißbacher etwa, auch Hausverwaltungen bzw. lokalen Unternehmen Zugriff zu gewähren - gegen ein entsprechendes Entgelt. Auch Investoren werden gesucht.

Häufigste Nachbarschaftshilfe: Pakete annehmen
Eine im Auftrag der "Frag nebenan"-Erfinder durchgeführte österreichweite Umfrage hat übrigens ergeben, dass die häufigste Form der Nachbarschaftshilfe das Entgegennehmen von Paketen ist. Mehr als 60 Prozent der Befragten haben in den vergangenen zwölf Monaten jemandem diesen Gefallen getan. Am seltensten (4,4 Prozent) wurde ein Gästebett zur Verfügung gestellt.

93 Prozent sind generell bereit, ihren Nachbarn Empfehlungen zu geben. Am besten kann laut Umfrage bei Problemen mit dem Computer oder dem Internet geholfen werden, eher zurückhaltend sind die Österreicher bei Ratschlägen zum Thema Kinder und Erziehung.

Kampf gegen zunehmende Isolation in Städten
"Wir wollen einen Austausch ermöglichen", beschreibt Theißbacher die Motivation für die Gründung des Nachbarschafts-Netzes. Man baue Kommunikationsstrukturen auf und bekämpfe damit die zunehmende Isolation in den Städten. Auf den Punkt wird das Bestreben wohl durch jenes Motto gebracht, das die Visitenkarte des Mitgründers ziert: "Weil Nachbarn mehr können als nachts Lärm machen."

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