Anschlag in Paris

Said und Cherif: Frankreichs neue Staatsfeinde

Ausland
08.01.2015 11:31
Said (34) und Cherif Kouachi (32) sind Frankreichs neue Staatsfeinde: Am Tag nach dem Anschlag in Paris mit zwölf Toten veröffentlichten die Ermittler ein Fahndungsplakat des Brüderpaars. Es handelt sich um französische Staatsbürger, zumindest der jüngere ist in Verbindung mit Dschihadismus polizeibekannt (siehe Video). Laut französischen Medienberichten sollen die Brüder erst im vergangenen Sommer aus dem Syrien-Krieg heimgekehrt sein.

Said und Cherif Kouachi wurden beide in Frankreich geboren und wuchsen in französischen Heimen auf, nachdem ihre aus Algerien eingewanderten Eltern früh gestorben waren. Über den jüngeren der beiden, Cherif, finden sich zudem zahlreiche Zeitungsartikel, die eines deutlich machen: Der 32-Jährige war kein unbeschriebenes Blatt in Sachen Terrorismus. Er war erstmals im Jänner 2005 verhaftet worden, als er in die syrische Hauptstadt Damaskus ausreisen wollte, um sich dort den Radikalislamisten im Kampf gegen das US-Militär im benachbarten Irak anzuschließen.

In Moschee für den Dschihad im Irak rekrutiert
Der junge Mann, der ein Diplom als Fitnesslehrer besaß und sich unter anderem mit Jobs als Pizzalieferant über Wasser hielt, hatte zuvor in einer Pariser Moschee den Radikalislamisten Farid Benyettou kennengelernt, der ihn im Auftrag des Netzwerks "Buttes Chaumont" (benannt nach einem Park im Nordosten von Paris, der als Treffpunkt der Dschihadisten fungierte) für den Dschihad im Irak rekrutierte. "Filiere des Buttes Chaumont" wird von den französischen Behörden in direkte Verbindung mit der damals noch mächtigen Terrororganisation Al-Kaida und deren damaligen Chef, den für seine Grausamkeit berüchtigten Abu Musab al-Zarqawi, gebracht.

Cherif Kouachi, der nach eigenen Worten gerne Marihuana rauchte und sich selbst als "Gelegenheitsmuslim" definierte, hatte zu diesem Zeitpunkt noch nie in seinem Leben das Land verlassen - und eigentlich von Angriffen auf Juden in Frankreich geträumt. Bei seinem Prozess gab er damals an, die Folterbilder aus dem Gefängnis aus Abu Ghuraib hätten ihn aber letztlich vom Heiligen Krieg gegen die USA im Irak überzeugt.

Cherif 2008 zu drei Jahren Haft verurteilt
2008 wurde Cherif Kouachi schließlich zu drei Jahren Haft verurteilt, von denen er bereits 18 Monate in U-Haft abgesessen hatte. Über seinen Anwalt ließ er damals ausrichten, er sei froh, dass er verhaftet wurde. Nach seiner Freilassung arbeitete er in einem Supermarkt und verbrachte seine Freizeit nach eigenen Angaben mit Kiffen und Rap-Musik. Vor Gericht sagte er zudem gegen seinen Rekrutierer Benyettou aus.

Doch gänzlich abgewandt dürfte sich "Gelegenheitsmuslim" Cherif Kouachi nicht vom Dschihad haben. Er wurde 2010 erneut verhaftet, diesmal als Verdächtiger in Verbindung mit Plänen, einen der Hintermänner von Anschlägen im Jahr 1995 aus dem Gefängnis zu befreien. Kouachi saß erneut mehrere Monate in U-Haft, letztlich wurde die Anklage gegen ihn aber fallen gelassen, berichtete "Le Monde".

Offenbar militärisches Training in Syrien absolviert
Kurze Zeit später verschwand der Mann dann von der Bildfläche - bis er im vergangenen Sommer gemeinsam mit seinem älteren Bruder Said aus dem Dschihad in Syrien nach Frankreich zurückgekehrt sei. In dem Bürgerkriegsland wurden die Männer offenbar weiter radikalisiert. Die ruhige Art, Zielstrebigkeit und Effizienz der Angreifer weise zudem darauf hin, dass sie ein militärisches Training absolviert haben dürften, heißt es vonseiten der Polizei.

Am Tag nach dem Anschlag erklärte der französische Innenminister Bernard Cazeneuve: Das Brüderpaar wurde überwacht. Dabei habe es allerdings keinerlei Hinweise auf einen bevorstehenden Terrorakt gegeben, gegen die Männer habe es auch kein juristisches Verfahren gegeben, sagte Cazeneuve dem Sender Europe 1. "Wir treffen hundertprozentig Vorsichtsmaßnahmen, ein Null-Risiko gibt es aber nicht", fügte Cazeneuve an.

Täter ließ Personalausweis im Wagen liegen
Übereinstimmenden Medienberichten zufolge soll einer der beiden mutmaßlichen Attentäter seinen Personalausweis im Fluchtwagen vergessen haben, als die Männer am Rande der Hauptstadt das Auto wechselten - ein schwerer Fehler, mit dem die Brüder selbst die Sicherheitskräfte auf ihre Spur brachten.

Einzig diesem Fauxpas der Attentäter, die bei ihrem brutalen Angriff auf die Redaktion des Satiremagazins "Charlie Hebdo" und die Sicherheitskräfte äußerst effizient und kaltblütig agierten, ist es zu verdanken, dass nun immer mehr Details der Terroristen ans Tageslicht kommen.

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