"Krone"-Rezension

Renato Unterberg: Reibeisen-Stimme mit Stil

Musik
19.12.2014 17:00
Wer momentan freudig in der starken österreichischen Musikszene wühlt, kommt am Salzburger Renato Unterberg nicht vorbei. Mit seinem dritten Album "In Good Company" startet er nun den Angriff Richtung internationale Karriere und gibt sich dabei weltoffen und breit aufgestellt wie nie zuvor. Tom Waits lässt grüßen.
(Bild: kmm)

Es gibt mittlerweile wieder genügend Gründe, um auf österreichische Nachwuchsmusiker stolz zu sein. Die Erfolge von Bilderbuch, Wanda und Co. wurden mittlerweile sogar im schon im Ausland registriert, der renommierte "Musikexpress" widmete den jungen wilden Überfliegern ein eigenes kleines Special und es scheint zumindest einen Funken Hoffnung zu geben, dass der musikalische Prophet im eigenen Land auch abseits von Skihütten-Gaudi à la DJ Ötzi und (vorläufige) One-Hit-Wonder der Marke Conchita Wurst wieder etwas zählt.

Der Schubladenverweigerer
Das manifestiert sich somit nicht nur in hochklassigen Produkten im vorderen Drittel, sondern auch durch die vielen großen Talente in der zweiten Reihe. Eines davon ist der Salzburger Renato Unterberg, der zwar bereits seit knapp einer Dekade aktiv in der Szene beteiligt ist, bislang aber noch auf den großen Durchbruch wartet. Das könnte einerseits an der bewussten Abkapselung sämtlicher Mainstream-Mechanismen liegen, andererseits aber auch daran, dass er sich mit Händen und Füßen dagegen verwehrt, in eine Schublade gepackt zu werden.

Im Terminus "Weltmusik" schwingt meist etwas Schweres, Überladenes mit, aber er muss in diesem Fall zwingend angewendet werden – und zwar mit der Bedeutung, keine Grenzen zu kennen, sich von gängigen Normen abzuwenden und einfach nur das auf die Platte zu packen, was auch wirklich aus einem rausfließt. Insofern muss Unterberg eine beneidenswerte Leichtigkeit attestiert werden, denn das Vertrauen in sich und sein Schaffen erzwingt er nicht mit schnöder Selbstkopie und ständigen Song-Wiederholungen, sondern mit einer Wagenladung voll Abwechslung, Spannung und Frische.

Herkulesaufgabe bestanden
"In Good Company" ist zudem kein ungestümes Auf-sich-aufmerksam-Machen, sondern bereits das dritte Studioalbum des musikalischen Vagabunden mit dem Hang zur Originalität. Das Besondere an diesem Werk? Unterberg versucht sich an der Königsdisziplin der Plattenaufnehmens und scheitert dabei nicht mal. Jeder der acht vorhandenen Songs ist einem bestimmten musikalischen Stil zuzuordnen – eine Herkulesaufgabe, die der Mozartstädter dennoch mit Bravour löst.

Bereits die feine Singer/Songwriter-Country-Mixtur "Some Say" zu Beginn geleitet den Hörer an der Hand haltend in die fantasiereiche Welt des vielseitigen Künstlers. Die eindrucksvolle Stimme koaliert perfekt mit der milden Instrumentierung, die Produktion ist zudem glasklar und dennoch nicht klinisch. Dass er auch anders kann, beweist er mit der poppigen Hippie-Hymne "Love", dem wohl eingängigsten Stück auf dem Album, mit dem er 2015 in der Vorausscheidung zum Eurovision Song Contest antreten wird. Die stimmlichen Vergleiche mit Tom Waits oder Joe Cocker sind natürlich etwas hoch gegriffen, aber wenn man das tiefe Organ in Songs wie "Waiting" oder dem funkigen "Pushing" röhren hört, denkt man unweigerlich an die Größen längst vergangener Jahrzehnte.

Psychedelische Zeitreise
Neben seiner hervorragenden Backing-Band und dem sanften Einsatz der Ukulele in den richtigen Momenten muss noch einmal und vor allem Unterbergs Furchtlosigkeit herausgestrichen werden. Derart wagemutig durch verschiedenste Genres zu changieren (Blues, Pop, Psychdelic, Folk, Rock etc.), ohne dabei den roten Faden der Nachvollziehbarkeit zu verlieren, verdient Respekt. Mit dem fast zehnminütigen "Child" beschenkt uns Unterberg am Ende der Gedankenreise auch noch mit einer unwiderstehlichen Psych-Ballade im besten 60s-Stil.

Live im Porgy & Bess
Mit "In Good Company" ist der Hörer nicht nur in wirklich guter Gesellschaft, sondern hält auch ein wahres Kleinod heimischer Underground-Kunst in seinen Händen. Live nachzuprüfen übrigens am 22. Dezember im Wiener Porgy & Bess. Karten gibt es noch unter 01/960 96 999 oder im "Krone"-Ticketshop.

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