Trip in die Schweiz

Kanzler Faymann sucht die “Reichensteuer”

Österreich
20.11.2014 16:50
Eine Woche vor dem SPÖ-Parteitag verstärkt Bundeskanzler Werner Faymann seine Suche nach der "Reichensteuer". Dazu reist der Regierungschef am Freitag in die Schweiz, um bei den eidgenössischen Finanzexperten Tipps einzuholen, wie der Staat an das Geld der Vermögenden kommen könnte.

Tatsächlich gibt es in der Schweiz mehrere Arten von Vermögenssteuern, die allerdings in der Zuständigkeit der Kantone liegen. Die Kantone selbst liefern sich auch einen teilweise sehr heftig geführten Wettbewerb um die besten Steuersätze. Von Steuern erfasst werden dabei Häuser, Wohnungen, Kunst, teure Uhren oder Aktien. Allerdings verzichten die Schweizer Behörden auf Schnüffelaktionen und vertrauen den Angaben der Bürger.

Niedrige Steuersätze und mehr Steuerehrlichkeit
Laut Studien herrscht bei den Eidgenossen allerdings auch eine sehr hohe Steuerehrlichkeit. Das liegt unter anderem daran, dass die Schweizer teilweise über die Steuern bei Volksabstimmungen selbst entscheiden dürfen. Zudem hat diese Ehrlichkeit viel mit den generell vergleichsweise recht niedrigen Steuern bei unseren Nachbarn zu tun. Sogar die Mehrwertsteuersätze sind weit unter den österreichischen angesetzt. Für Unternehmen gelten attraktiv geringe Steuern.

Dennoch herrscht auch in Teilen der Schweiz durchaus Unzufriedenheit mit dem Steuerrecht. So findet am Sonntag in einer Woche eine Volksinitiative mit dem Titel "Schluss mit den Steuerprivilegien für Millionäre" statt. Diese Abstimmung betrifft die sogenannte "Pauschalbesteuerung". Dieses Modell erfasst wohlhabende Ausländer, die sich eine Steuerpauschale mit ihrem Finanzamt ausmachen können. Betroffen sind davon rund 5.700 Ausländer, die 750 Millionen Schweizer Franken (rund 624 Millionen Euro) an Steuern zahlen und angeblich 20.000 Arbeitsplätze sichern.

Schweizer sehen Österreich kritisch
Während die Schweiz für viele Österreicher immer wieder als Vorbild herhalten muss, wird Österreich selbst in der Schweiz kritisch gesehen. Erst unlängst berichtete der Korrespondent der "Neuen Zürcher Zeitung" unter dem Titel "Österreichs Sozialausgaben wachsen ungehemmt" von einer laxen Budgetpolitik und dass "Österreich immer ungenierter über seine Verhältnisse lebt". Da heißt es auch, dass die "Meisterschaft der Sozialpartner weniger im Einsparen als im Wahren von Besitzständen" liegt.

Exkursion zu den Besserkönnern - Kommentar von Claus Pándi
Vor zwei Jahren reiste der damalige ÖVP-Chef in die Schweiz, um Nachhilfe über das direkt-demokratische System mit den vielen   Volksabstimmungen zu nehmen. Das war ein netter Ausflug mit Geschnetzeltem und Rösti. Politisch heimgebracht hat der fast schon in Vergessenheit geratene Ex-Vizekanzler von den Nachbarn wenig.

Jetzt macht sich Bundeskanzler Werner Faymann auf den Weg zu den Eidgenossen. Der SPÖ-Chef will wissen, wie die Schweizer das mit der Vermögenssteuer machen. So etwas gibt es dort. Funktioniert auch. Ganz ohne Schnüffelei oder dass sich ein sogenannter Reicher darüber ärgert.

Diese Zufriedenheit liegt nicht nur an den ganz generell viel niedrigeren Steuersätzen in der Schweiz. Es hat auch damit zu tun, dass unsere Nachbarn mehrheitlich der Meinung sind, ihr Steuergeld werde im Großen und Ganzen vernünftig verwendet. Tatsächlich sind die Staatsausgaben bedeutend geringer als in Österreich. Es gibt auch weniger Beamte als bei uns. Das verursacht nicht nur geringere Kosten, sondern erspart auch viel unnütze Bürokratie.

Studien zeigen, dass Kantone, in denen die Bürger bei Volksabstimmungen selbst über geplante Ausgaben entscheiden, weniger verschuldet sind als jene, wo die Regierungen im Alleingang die Verwendung des Budgets bestimmen. Das überrascht wenig. Schließlich neigen Politiker gleich welcher Partei schon aus populistischen Überlegungen zur Verschwendung, nur um es ihren Wählern recht zu machen. Das ist in der Schweiz offenbar ein wenig anders.

So gesehen ist es eine hervorragende Idee des Kanzlers, eine Exkursion zu den Besserkönnern zu machen. Die wissen viel zu erzählen. Nicht nur über die Vermögenssteuer.

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