"Krone"-Interview

Paolo Nutini: “Ich war ziellos und frustriert”

Musik
21.11.2014 12:00
Vergangenen Montag lieferte die schottische Soul-Hoffnung Paolo Nutini ein beeindruckendes Konzert im Wiener Gasometer ab. Mit seinem neuen Album "Caustic Love" kehrte er nach fünfjähriger Pause zurück und eroberte die Charts in Europa und den USA. Kurz vor seinem Auftritt empfing uns der 27-Jährige zur kurzen Audienz im Backstage-Bereich.
(Bild: kmm)

"Krone": Paolo, nicht nur dein Auftritt im Gasometer hat bei dir einen Wien-Bezug – hier hast du einst erstmals die Rolling Stones getroffen, als du Support für ihre Tour warst. An was erinnerst du dich noch?
Paolo Nutini: Wir haben für sie eröffnet und ich erinnere mich noch an das Happel-Stadion – Wahnsinn, das war cool. Das ist natürlich alles nicht so romantisch, wie es vielleicht anfangs klingen mag, aber wir waren damals zumindest einmal im selben Raum mit ihnen. Es war wirklich lustig, die Jungs haben die ganze Zeit herumgewitzelt.

"Krone": Du hast auch schon mit Größen wie Amy Winehouse oder Led Zeppelin die Bühne geteilt. Konntest du von diesen Erlebnissen etwas lernen oder für dich persönlich mitnehmen?
Nutini: (überlegt lange) Natürlich lernst du von diesen Leuten, aber ich lerne auch von Album zu Album selber immer wieder etwas dazu. Diese Künstler hatten alle eine eigene Attitüde, die Melodien und Texte sind allesamt einzigartig und stechen heraus. Sie waren zudem Anführer von jüngeren Bands und beeinflussten sie in verschiedenen Richtungen – vom Blues über den Rock bis hin zum Jazz. Mick Jagger etwa hat so eine besondere Stimme. Ich würde nicht sagen, dass er dabei einen amerikanischen Akzent hat, aber es ist jedenfalls total eigenständig und klingt völlig anders, als wenn du mit ihm sprichst.

"Krone": Bevor du diesen Frühling dein Erfolgsalbum "Caustic Love" veröffentlicht hast, hast du die schottischen Highlands durchwandert, um Überlebenstechniken zu lernen. Warum eigentlich?
Nutini: Warum denn nicht? Ich habe mich zu dieser Zeit unheimlich gelangweilt. Ich denke nicht, dass es aus einer Art Midlife-Crisis oder einem Lifestyle heraus passiert ist. Ich hatte plötzlich diesen Gedanken und wollte ihn umsetzen. Ich wurde dadurch selbstsicherer, was meine persönliche Situation anbelangte. Ich war vor dem Album schon ziemlich bekannt und in der damaligen Lage war ich einfach etwas ziellos und auch ein bisschen frustriert. Ich überlegte mir, was ich dagegen tun und woraus ich einen Nutzen ziehen könne. Die Alben sind gut gelaufen, aber reine Besitztümer, die man mit Geld kaufen kann, haben mich auch nicht glücklich gemacht. Ich war schon immer der Typ, der sich viele Gedanken darüber machte, ob er nach links oder rechts gehen soll. Ich habe mir dann einfach selber eine Route vorgenommen. (lacht) Der Mann in meinem Kopf hat mich quasi auf den Weg gebracht, den ich jetzt beschreite. Ich habe dann eben eine Art Survival-Trip gemacht, Holz geschnitzt und Blumen in einem Garten gepflanzt. Ich habe noch nie zuvor etwas gesät und dann beim Wachsen beobachtet – es waren einfache, aber sehr wirkungsvolle Dinge.

"Krone": Du bist also keinesfalls der Typ für einen typischen Rock-'n'-Roll-Lifestyle?
Nutini: Ich kann schon auch einen Haufen Jägerbombs vor dir trinken. (lacht) Ich gehe ganz normal in Bars, spiele Pool-Billard, betrinke mich und rauche dann oft zu viel Weed.

"Krone": Da gab es ja unlängst eine große Debatte, weil du in einem Interview mit dem "Q"-Magazin gesagt hast, dass du seit zehn Jahren jeden einzelnen Tag Marihuana rauchst.
Nutini: Ich weiß nicht, ob es prinzipiell um das Weed ging oder mehr um die Freiheit, es konsumieren zu dürfen. Ich habe in meinem Leben schon immer verschiedene Phasen gehabt und mein verrückter Geist war einfach hungrig und nicht stark genug gefüttert. Da mich nichts so richtig zufriedenstellen konnte, habe ich es halt auf diesen Weg versucht. Die Debatte hat dann eine hässliche Richtung genommen. Kommen wir zurück zu der Geschichte mit den Highlands. Ich habe immer sehr gerne live gespielt – völlig egal, ob in größeren Arenen oder in Pubs in Glasgow oder meiner kleinen Heimatstadt Paisley. Ich habe gerne mit meiner Band gespielt und wusste trotz der langen Pause vor "Caustic Love" immer, dass ich ein Album machen werde. Wir haben es dann mit Videos und einer Internetkampagne versucht, denn dort erreichst du viele Leute, auch wenn viele andere Leute wohl noch mehr Menschen erreichen. (lacht)

Ich wollte die Aufmerksamkeit der Menschen auf uns lenken und habe mich auch außerhalb der aktiven Zeiten immer stark darum gekümmert. Das ist der Grund, warum wir jetzt in schönen Arenen wie hier in Wien spielen können. Ich hatte ein fantastisches Hotel mit Balkon und die Luft hier ist so unfassbar frisch – in Schottland ist es immer so unwirtlich und eiskalt. Das Essen hier ist auch der Wahnsinn. Da ich in den letzten Tagen etwas kränklich war, bin ich eine Runde gejoggt und habe dann diese Gas-Türme bei der Location gesehen. Das ist so schön, weil es mich an zu Hause erinnert. Die Türme sehen aus wie die Fabriken in Paisley, nur dass ihr hier in Wien mehr Wohnungen als Industrie da drin habt. Wien ist einfach wunderschön.

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