Radikalisierung in Ö

Mikl-Leitner: 64 Dschihad-Rückkehrer im Visier

Österreich
05.11.2014 18:09
154 Menschen sind bisher von Österreich aus in den Dschihad gezogen. 26 von ihnen sind bei den Kämpfen in Syrien ums Leben gekommen, 64 nach Österreich zurückgekehrt - und die stehen seither im Fokus des Verfassungsschutzes. Diese Zahlen gehen aus der Beantwortung der jüngsten Dringlichen Anfrage der FPÖ durch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner am Mittwoch im Rahmen einer Sondersitzung des Nationalrats hervor.

Was die Bedrohung durch Islamisten angeht, versicherte die Ministerin, dass seitens der Behörden gute Arbeit geleistet werde. Es bedürfe aber auch einer Zusammenarbeit mit Ländern, Gemeinden und der Zivilgesellschaft: "Für uns alle stellen die Dschihadisten Staatsfeinde dar, weil sie unsere demokratischen Werte angreifen."

Orte der Radikalisierung vorwiegend in Wien, Graz und Linz
Was radikalisierte Jugendliche angeht, sind laut der Ministerin heuer elf Meldungen über Verdachtsfälle im Ministerium eingetroffen. Wo sie radikalisiert wurden, wurde nicht beantwortet. Mikl-Leitner verwies aber besonders auf die Gefahr über die sozialen Medien. Welche Moscheen und Gebetshäuser als Radikalisierungsorte gelten, wollte die Ministerin nicht sagen. Sie befänden sich aber vorwiegend im urbanen Raum, vor allem in Wien, Graz und Linz. Aus kriminaltaktischen Gründen wollte die Ministerin auch nicht kundtun, welche Organisationen und Personen unter Beobachtung stehen.

FPÖ: Christen bei Flüchtlingsaufnahme bevorzugen
In der Begründung der Anfrage hatte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache davor gewarnt, dass in Österreich die Radikalisierung schon bei den Kleinsten begonnen werde. So gebe es allein in Wien 21 salafistische Schulen und Kindergärten. Gleichzeitig verwies er darauf, dass im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung mittlerweile eine "gewisse Anschlagsgefahr" für Österreich erkannt worden sei. Im Asylbereich plädierte Strache dafür, dass Österreich zwar Kriegsflüchtlinge aufnehmen sollte, dabei aber vor allem Christen. Bei muslimischen Flüchtlingen sieht der FPÖ-Chef vor allem jene Staaten gefordert, in denen der Islam die führende Religion ist.

Besorgt gab sich Strache, was vor allem die Einbruchskriminalität angeht. Denn dadurch, dass es weiter keine Kontrollen im Schengen-Raum gebe, könnten die Täter aus Osteuropa "das Land ungehindert wieder mit dem Diebesgut verlasen". Dazu komme noch, dass die Planstellen bei der Exekutive zusammengekürzt und die Wachzimmer geschlossen würden. Mikl-Leitner konterte kühl, dass es heuer 100.000 Delikte weniger als vor zehn Jahren gebe. Von den Tatverdächtigen seien auch bloß 3,8 Prozent Asylwerber, so die Ministerin auf eine entsprechende Frage der Freiheitlichen.

Kritik an Angstmache und Hetze der FPÖ
Die anderen Parlamentsparteien kritiserten, die FPÖ betreibe bei den Themen Sicherheit und Asyl Angstmache und Hetze. Die SPÖ warf den Freiheitlichen außerdem vor, Kontakte etwa zum umstrittenen tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow zu unterhalten. SPÖ-Klubchef Andreas Schieder berichtete in seinem Redebeitrag von seiner Reise in das türkisch-syrische Grenzgebiet vorige Woche. Die Leute seien demnach "nicht freiwillig" auf der Flucht und es sei "noch erschütternder", wenn man über die Schicksale nicht nur in der Zeitung liest, sondern sie persönlich sieht. Er wehrte sich gegen die pauschale Verdächtigung, Flüchtlinge wären Islamisten - das Gegenteil sei der Fall, die Menschen "laufen vor diesem Terror davon" - und: "Wir sind verdammt nochmal verpflichtet, diesen zu helfen."

Grüne: "Wir brauchen viel mehr Präventionsprojekte"
Grünen-Abgeordnete Alev Korun wehrte sich dagegen, dass von "wahnsinnig vielen Schutzsuchenden" in Österreich und der EU gesprochen wird. Sie wolle die "Relation zurechtrücken" und verwies etwa auf die Zahl von einer Million syrischer Flüchtlinge, die vom Libanon aufgenommen wurden. "Um Radikalisierung zu verhindern und im Keim zu ersticken, brauchen wir viel mehr Präventionsprojekte. Mit Hasspolitik und Hetze kommen wir nicht weiter", so Korun.

Team Stronach für fixe Verteilung innerhalb der EU
"Multikulti kann wirklich sehr bereichernd sein", erklärte Team-Stronach-Klubchefin Kathrin Nachbaur. Dies setze aber voraus, dass es sich "um friedliche und fleißige Menschen handelt". "Für Menschen, die unsere Werte und Gesetze ablehnen, hat Österreich keinen Platz", so die Klubchefin. Sie forderte eine fixe Verteilung innerhalb der EU, um die jeweiligen Länder "nicht aus der Balance zu bringen". Österreichs Rolle sollte jene eines Friedensvermittlers sein, und den Frieden im Land sollte man nicht durch "falsch verstandene Toleranz aufs Spiel setzen". Das Team Stronach sprach sich außerdem für temporäre Grenzkontrollen aus.

NEOS: "Hinter den Floskeln stehen keine Konzepte"
NEOS-Abgeordneter Nikolaus Scherak kritisierte die FPÖ ebenfalls für ihre "Panikmache": "Hinter den Floskeln stehen keine Konzepte." Temporäre Grenzkontrollen etwa würden das Problem der Kriminalität nicht lösen, so Scherak. Die Betroffenen würden "nicht aus Jux und Tollerei" aus Krisenregionen fliehen, gab er den Freiheitlichen zu bedenken.

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