"Krone"-Interview

Lionel Richie: “Ich bin hoffnungsloser Romantiker”

Musik
06.10.2014 14:32
So gut meint es die Terminplanung eines Stars nur selten - ausgerechnet am 14. Februar, dem Valentinstag, wird Chef-Romantiker Lionel Richie im Zuge seiner "All Hits All Night Long"-Tour in der Wiener Stadthalle aufschlagen. Wir haben den sympathischen Musiker bereits vorab in London zum Gespräch gebeten und mit ihm über seine wiederkehrende Erfolgssträhne, romantische Erlebnisse aus der Vergangenheit und Fans mit Afros und Schnauzbärten gesprochen.
(Bild: kmm)

"Krone": Lionel, im Juni bist du stolze 65 Jahre alt geworden und es wirkt nach außen hin so, als ob du immer fitter und agiler werden würdest. Woher kommt diese unbändige Energie?
Lionel Richie: Ich würde sagen, dass ich a) absolut verliebt in das Leben bin und b) liebe, was ich mache. Ich weiß schon, dass ich das oft gesagt habe, aber es ist nun einmal die Wahrheit. Die Leute fragen mich immer wieder, wann ich denn in Pension gehen würde, und ich antworte darauf immer: "Von was?" Ich habe doch keinen Job. Ich hatte nie in meinem Leben einen Job, sondern einfach den puren Spaß. Ich reise auch unheimlich gerne, sehe mir die Welt quasi gratis an, und jetzt, wo meine Kids erwachsen sind, können wir auch problemlos zusammen reisen. Sie sind keine Babys mehr, so kann ich meine Erfahrungen und die Welt mit ihnen teilen. Eigentlich wird es immer lustiger. Schon früher war das Touren und Reisen sehr abenteuerlich, aber mittlerweile kann ich es uneingeschränkt genießen. Das ist der Schlüssel zum Erfolg.

"Krone": Aber das Touren muss mit dem steigenden Alter doch auch etwas härter und komplizierter werden?
Richie: Darüber kann ich nur lachen. Zu Hause habe ich einen eigenen Fitnesstrainer, der mich antreibt, oder ich verziehe mich täglich für zwei Stunden in das Fitnesscenter. Wenn ich auf Tour bin, habe ich das Work-out in den zwei Stunden auf der Bühne. (lacht) Für mich ist das Musikmachen immer noch eine Herausforderung und es hält mich in Form. Das Musikgeschäft verändert sich so rasant, da hast du keine Chance, dich zurückzulehnen und zu pausieren. Als Musiker musst du dein Leben immer wieder neu erfinden und es ist stets herausfordernd. Ich würde aber nicht tauschen wollen – und wenn, dann bestimmt nicht jetzt. Denn eines stimmt schon – wenn du jetzt ins Business einsteigst, ist es wirklich verdammt schwer. Als ich bekannt wurde, herrschten die goldenen Zeiten. Alben wurden verkauft, die Touren waren ein Wahnsinn, die Fans verrückt. Wenn du zwischen 19 und 25 warst zu meiner Zeit, hattest du unendlichen Spaß.

"Krone": B.B. King oder Tony Bennett schmettern noch jenseits der 80 ihre Hits von der Bühne – kannst du dir das auch für deine eigene Zukunft vorstellen?
Richie: (lacht) Ich habe Mick Jagger als Vorbild. B.B. King sitzt immer noch auf seinem Sessel auf der Bühne, Tony Bennett lehnt am Piano, aber solange Mick noch von einer Bühnenecke zur anderen rennen kann, muss auch ich weitermachen. Auch Paul McCartney spielt noch immer live. Solange ich mich auf der Bühne bewegen kann, mache ich weiter. Ich muss wirklich auf Holz klopfen, aber ich fühle mich einfach nicht alt, sondern schlichtweg großartig.

"Krone": Anfang 2015 kommst du mit deiner "All Hits All Night Long"-Tour nach Europa, die du schon Ende 2013 in Nordamerika begonnen hast.
Richie: Was ich über die Jahre gelernt habe und mich nach wie vor fasziniert, ist, dass die Fans jeden Song, jedes Wort und jede Geschichte kennen. Sie singen meine Songs in jeder Sprache auf die Bühne zurück. Vor allem in China oder Japan klingt das wirklich einzigartig, weil sie schon lauter sind als ich selbst. Die kaufen sich teure Tickets und übertönen mich dann. (lacht) Also sollte ich die Tour "All Hits All Night Long Performed By The Audience" nennen. Ich könnte mich locker auf die Bühne setzen, sagen "Jetzt kommt 'Say You…'" und die Leute singen lassen. Garantiert ist also eine wirklich laute Nacht. Es ist wir eine Familienzusammenkunft, weil wir Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft besingen. Ich habe ja auch drei Publikumsschichten. Die einen sind mit meiner alten Band, den Commodores, aufgewachsen, die nächsten haben mich über meine großen Hits in den 80er-Jahren kennengelernt und schließlich gibt es noch jene, die von ihren Eltern damit beschallt wurden. Was all diese drei Gruppen eint – sie kennen die Songs. Für mich ist das wundervoll, denn gerade die ruhigsten Nummern wie "Three Times A Lady" oder "Say You, Say Me" sind dann live die lautesten. Du kriegst also zwei Shows. Die eine von den Fans, die auch so aussehen wie ich. Afro und Schnauzbart tragen. (lacht) Und meine Show auf der Bühne. Alles zusammen ergibt einen großen Karaoke-Abend.

"Krone": Weil du schon von exotischen Ländern wie China oder Japan gesprochen hast – woher kommt deine unglaubliche Popularität in den arabischen Ländern?
Richie: Ich würde das so gerne herausfinden. Ich habe schon einmal recherchiert. Hatten die dort westliche Radiosender, die meine Musik spielten? Nein. Hatten wir eine Außenstelle der Plattenfirma dort, die meine Erfolgsalben dort promotet haben? Nein. Ich habe keine Ahnung, wie das dort funktioniert hat. Aber von nahezu jeder Kultur heiraten die Menschen dort mit meinen Songs im Hintergrund. Völlig egal, ob zu "Hello", "Three Times A Lady" oder "Endless Love". Die kennen alle meine Songs, aus tiefstem Herzen und mittlerweile auch schon generationsübergreifend. Ich wünschte, ich hätte eine Antwort auf diese Frage, aber ich bin einfach froh, dass es so ist.

"Krone": Könnte das eines deiner noch großen Ziele sein – dort eine Tour zu spielen?
Richie: Früher wäre das unmöglich gewesen, aber langsam öffnen sich die verschiedenen Länder. Wenn die Kriege dann auch endlich mal aufhören würden, würde ich sofort zu diesem großen Teil meiner Fans kommen. Musik ist ja ein interessantes Medium, das weder etwas mit Religion noch mit Politik zu schaffen hat. Man mag sie oder man mag sie nicht. Liebe und Musik sind die beiden Sachen, die ewigen Bestand zu haben scheinen und im Prinzip jeden erreichen können. Jeder kann sich damit in Verbindung setzen. Wir könnten die Welt damit so viel besser machen, und wenn ich dort auftauchen würde, wäre es schön, wenn plötzlich alle Differenzen weg wären und wir einfach zusammen singen würden. Wenn du zu einem meiner Konzerte kommst, siehst du Menschen von überall auf der Welt, die jeglicher Form von Religion angehören. Sie umarmen und küssen sich und wirken wie eine große Familie, obwohl sie sich nicht kennen. Das ist ein Grund, warum ich Liveshows so liebe.

"Krone": In Wien bist du ausgerechnet am 14. Februar, dem Valentinstag, zu Gast. Gibt es da ein speziell romantisches Set?
Richie: Was für ein großartiges Timing. Ich sage allen dasselbe – ich weiß genau, dass ihr nicht genau wisst, welches Geschenk ihr eurer Frau machen sollt. Lasst mich euch einen Tipp geben – verpasst meine Show nicht! (lacht) Schaut, dass ihr ein Ticket möglichst nahe der ersten Reihe bekommt, und ihr werdet für ein bis zwei Jahre der größte Held eurer Frauen sein. Was gibt es denn Besseres, als genau an diesem Tag in diesem Land zu spielen, dass eine so unendliche Menge an Musikkultur vorzuweisen hat? Seid nicht dumm, verpasst die Show nicht. (lacht)

"Krone": Würdest du dich selbst als großen Romantiker bezeichnen?
Richie: Ich bin ein hoffnungsloser Romantiker, aber ich kann es auch gut vermasseln. Männer sind so spontan, wenn es um ihre Gedankengänge und Pläne geht. Frauen sind viel loyaler zu grundlegenden Dingen, wie einen Mann finden und eine Familie gründen. Wir Männer brauchen einen Anker und Liebe ist dieses wundervolle Ding, das uns alle zusammenführt. Wenn ich richtig liebe, dann bin ich völlig außer Verstand. Ich weiß noch, dass meine Eltern mir als Heranwachsenden immer sagten, ich wäre zu sensibel. Das bedeutete nichts anderes, als dass ich ein furchtbarer Arzt oder Anwalt werden würde. Aber das Songschreiben hat damit gut funktioniert. (lacht)

"Krone": Was war das Romantischste, das du je gemacht hast?
Richie: Oh mein Gott, das ist eine wirklich gute Frage. (überlegt lange) Verdammt, ist das schwer. Wenn ich an meine eigenen Beziehungen denke, fällt mir ein, dass ich einst auf dem Weg nach San Frürlich sofort ja, weil Georgia auf dem Weg nach San Francisco war. Das Problem dabei – ich war noch in Chicago. (lacht) Ich habe dann diesen großen Umweg für das Essen genommen, denn wenn du wirklich liebst, gibt es keine zu große Entfernung. Ich weiß schon, du verdienst da noch eine bessere Antwort, aber da muss ich echt erst darüber nachdenken. Es geht nicht um ein materielles Geschenk, sondern darum, was du dafür aufgibst, um den Brief oder das Lied, das du schreibst.

"Krone": Aus der Warte deiner Karriere heraus betrachtet ist Romantik aber mit Sicherheit ein seltenes Gut, weil du so viel unterwegs bist, dass du wohl kaum immer Zeit dafür hast.
Richie: Ich weiß, und das ist nicht einfach. Jetzt, wo ich wirklich niemandem mehr etwas beweisen muss, kommen schon mal die Gedanken, dass ich zum Beispiel 23 Familientreffen oder 22 Weihnachtsfeste verpasst habe. Auf der anderen Seite hatte ich das Vergnügen, als Musiker unterwegs zu sein, und das war so lustig und aufregend, dass ich das niemals missen möchte. Es gab so viele Momente in meinem Leben, in denen es im Nachhinein betrachtet unmöglich ist zu sagen, ich wollte dort nicht sein. Die Olympischen Spiele, die American Music Awards leiten, Live-Auftritte für Prinz Charles und Prinzessin Diana, der Oscar – welchen Teil davon soll ich vermissen? Das waren allesamt sehr spezielle Momente, auf die niemand verzichten würde. Klar, im Rückblick würde man vielleicht dort und da öfter zu Hause sein, aber ganz ehrlich – es hat schon so gepasst, wie ich es gemacht habe. Natürlich bereust du gewisse Schritte heute, aber es hat keinen Sinn, darüber viel nachzudenken. Du denkst dir als 25-Jähriger immer, dass du ohnehin noch so viel Zeit in der Zukunft hättest. Aber die Zeit vergeht nicht langsamer, sondern immer schneller, und du übersiehst das. Die Welt heute ist viel größer als am Anfang meiner Karriere. Heute kann ich in China, Russland und dem Mittleren Osten auftreten.

"Krone": Dein letztes Album "Tuskegee" war dein erstes, das nach mehr als 25 Jahren Nummer eins in den USA wurde. Tuskegee ist dein Heimartort in Alabama, jetzt wohnst du schon ewig in L.A. Wie oft kommst du noch nach Hause und brauchst du beide Welten, um glücklich zu sein?
Richie: Natürlich brauche ich beide Welten. Ich lebe und arbeite in L.A., auch meine Familie ist dort, aber meine Wurzeln liegen in Alabama. Ich mache mir immer wieder Pläne, mehr als zwei bis drei Wochen im Jahr in Tuskegee zu verbringen. Das Haus steht nach wie vor am College-Gelände und dort ist es einfach schön. Ich würde dort aber gerne mehr Zeit in Ruhe und Abgeschiedenheit verbringen, um mehr Kontakt zu meinem inneren Kind herstellen zu können. In der Realität wird es aber wohl für immer L.A. bleiben. New York ist mir zu schnell, L.A. ist etwas gemütlicher und auf der anderen Seite kann ich von der Basis aus dort sehr viel Arbeit erledigen, die Globales betrifft. Das Album "Tuskegee" hat mir aber sehr geholfen, weil ich viel Zeit im Süden verbracht habe. Die Leute haben mich damals gefragt: "Lionel, ist das dein Ernst? Du machst ein Country-Album?" Und ich habe geantwortet: "Nein, falsch. Ich bin ja ohnehin am Land aufgewachsen." Für mich war das Heimkommen. Viele sagen dir, wenn du Erfolg haben willst, kannst du nicht zurück nach Hause gehen. Ich musste aber nach Hause kommen, um wieder erfolgreich zu sein. (lacht)

"Krone": Wie sieht es dann abschließend jetzt mit neuem Material in der Zukunft aus?
Richie: "Tuskegee" war so dermaßen erfolgreich, dass wir auf jeden Fall "Tuskegee 2" machen werden. Das zweite große Ding ist, dass ich jetzt beginne, mit den großen Songschreibern der Gegenwart neue Songs zu verfassen. Ich habe noch eine Wunschliste, weil wir damit noch nicht begonnen haben, aber ich würde gerne mit Pharrell Williams, Max Martin, Bruno Mars oder Daft Punk arbeiten. Gebt mir eine Chance, diese Richtung einzuschlagen. Ich schätze, gegen Sommer 2015 wird es eine Menge neue Musik zu hören geben.

Bevor wir uns auf brandneues Material des Faserschmeichlers freuen können, wird Lionel Richie sein hochromantisches Best-of-Set am Valentinstag, den 14. Februar 2015, in der Wiener Stadthalle zum Besten geben. Karten erhalten Sie unter 01/960 96 999 oder im "Krone"-Ticketshop.

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