Milliardengeschäft

So viel Suchtpotenzial steckt in “Clash of Clans”

Web
29.09.2014 15:10
Free-to-Play-Games für das Smartphone haben in den vergangenen Jahren eine beispiellose Erfolgsgeschichte erlebt. Hersteller wie Supercell verdienen Milliarden mit in der Basisversion kostenlosen Games, die Spielern gegen Bares Vorteile im Spiel versprechen. Worin genau der Reiz von Handyspielen wie Supercells "Clash of Clans" liegt, hat jetzt ein Extremspieler in einem Interview verraten. Der 21-Jährige hat zwar nur wenig Geld, aber umso mehr Zeit an Supercells Sucht-Game verloren und spielt bis zu 16 Stunden am Tag.

Alteingesessenen PC- und Konsolenspielern zaubern Handyspiele wie "Clash of Clans" angesichts ihres seichten Gameplays, der tristen Optik und des durchschaubaren Versuchs, Spielern kostenpflichtige Vorteile zu verkaufen, meist bestenfalls ein abfälliges Grinsen ins Gesicht.

Allerdings ist nicht zu leugnen, dass mobile Spiele in den vergangenen Jahren nicht nur zu einem Milliardengeschäft geworden sind, sondern auch an den Umsätzen und Gewinnen der etablierten Spieleindustrie nagen. Bei Supercell, dem Macher des Free-to-Play-Kassenschlagers "Clash of Clans", spülten beispielsweise einige wenige Gratis-Games mit Echtgeld-Extras allein im Jahr 2013 892 Millionen US-Dollar in die Kassen, berichtet das Wirtschaftsmagazin "Business Insider".

16 Stunden am Tag im "Clash of Clans"-Fieber
Doch was hat es mit dem Erfolg dieser Handygames auf sich? Auf der Suche nach Antworten hat das Magazin einen Extremspieler befragt, der pro Tag bis zu 16 Stunden in "Clash of Clans" investiert und online unter dem Namen "Tyrael" auftritt. Es handelt sich um einen 21-jährigen Studenten aus New Jersey, der zu den Top-Spielern des Games zählt und sogar Geld mit seinem Hobby verdient, indem er gelungene Spielzüge ins Internet streamt und an Werbung verdient.

Geht es nach "Tyrael", liegt der Reiz von "Clash of Clans" in der Kombination aus Basisbau, Gelegenheitsspiel und motivierendem Freischalten neuer Verbesserungen und Ausbaustufen. Weil es sich um ein Online-Game handelt, stehe man in ständigem Wettbewerb mit anderen Spielern. Die eigene Basis gegen Angriffe zu sichern und gleichzeitig eine schlagkräftige Armee aufzubauen, um gegnerische Festungen zu erobern, das ist das Spielprinzip von "Clash of Clans".

Vermeintliche Gratis-Games kosten viel Zeit oder Geld
Um diese Ziele zu erreichen, hat der Spieler zwei Möglichkeiten: Entweder er investiert endlose Stunden in das Spiel, um die für den Ausbau von Basis und Armee nötigen Ressourcen zu erspielen, oder er zahlt Echtgeld, um schneller voranzukommen. "Tyrael" hat sich für die kostengünstige, aber zeitraubende Methode entschieden und neben endlosen Stunden "nur" rund 50 Dollar ins Spiel investiert. Neue Spieler, die eine ähnliche Basis wie "Tyrael" durch Echtgeld-Einkäufe errichten möchten, müssten rund 12.000 Dollar bezahlen, wird der Wert des Spielstands des 21-jährigen Studenten im Bericht geschätzt.

Dass ein Spieler ohne massiven Bargeldeinsatz so weit kommt wie "Tyrael", ist ungewöhnlich. Eigenen Angaben zufolge hat er aber auch einiges in das Spiel investiert – und zwar nicht nur Zeit, sondern auch Lebensqualität. Dabei sei hilfreich, dass "Clash of Clans" am Handy immer mitgenommen werden kann. "In manchen Fällen spiele ich, während ich etwas anderes mache. Ich schaue mir die nächsten paar Tage an und überlege mir, wo ich ein paar Stunden lang spielen kann. Tatsächlich habe ich hie und da sogar meinen Schlaf nach dem Spiel gerichtet", erzählt "Tyrael".

Belohnungsspirale fesselt an den Bildschirm
So wie ihm dürfte es vielen Top-Spielern bei "Clash of Clans" gehen. Das Spiel erzeugt durch eine Belohnungsspirale mit im Spielverlauf immer besseren Errungenschaften eine gewisse Sucht. Und weil jemand, der sich vom Spiel abwendet, seine in mühevoller Kleinarbeit aufgebaute Basis der Gefahr aussetzt, bei einem Angriff vernichtet zu werden, neigen gerade Top-Spieler dazu, Stunden vor dem Handybildschirm zu verbringen, um zu schalten und zu walten. Ein "Clash of Clans"-Account, wie ihn "Tyrael" besitzt, versteht sich dabei auch bis zu einem gewissen Grad als Statussymbol.

Nur eine Handvoll Menschen auf dem Planeten hat es im Spiel zu so großem Erfolg gebracht wie der 21-jährige Amerikaner. Das ruft Neider auf den Plan, die zwar nicht so unendlich viel Zeit ins Spiel investieren wollen, wie er, aber trotzdem gerne am "Clash of Clans"-Wettrüsten teilnehmen möchten. Einmal habe ihm ein Interessent deshalb sogar mehrere Tausend Dollar für seinen Account angeboten, obwohl der Account-Verkauf verboten ist, erklärt "Tyrael".

Auf "Clash of Clans" aufmerksam gemacht habe ihn sein Bruder, sagt "Tyrael". Der habe ihm das Spiel kurz nach der Veröffentlichung gezeigt und ihn so auf den Geschmack gebracht. Interessanterweise bereut der junge Mann nicht, so viel Zeit in ein Gratis-Game investiert zu haben. "Man kann generell nicht ändern, was man einmal getan hat, also wäre es reine Zeitverschwendung, zu bereuen, was ich getan habe", sagt der Student. Dass er nicht ganz stolz auf sein Hobby ist, ist dennoch naheliegend. Sonst hätte "Tyrael" beim Interview mit dem Magazin kaum darauf bestanden, mit seinem Spielernamen statt seinem echten Namen aufzuscheinen.

"Clash of Clans" kann zur Kostenfalle werden
Während "Tyrael" vor allem Zeit in seine Basis bei "Clash of Clans" investiert hat, lockt das Spiel andere in die Kostenfalle. Wer etwas im Spiel erreichen, aber nicht so viel Zeit investieren will, der kommt nämlich nicht umhin, Geld auszugeben. Dass das vermeintliche Gratis-Game ohne Echtgeld-Einsatz nur bedingt Spaß macht, verschweigt der Hersteller den potenziellen Kunden aber zunächst einmal. In den einschlägigen App-Stores werden Games wie "Clash of Clans" als "kostenlos spielbar" beworben, Informationen zu den Ingame-Einkaufsmöglichkeiten finden sich bestenfalls irgendwo im Fließtext der App-Beschreibung.

Und um insbesondere jene Spieler anzusprechen, die kein Naheverhältnis zum Medium Computerspiel haben, investieren die Unternehmen hinter Free-to-Play-Kassenschlagern auch massiv in Werbung – und zwar nicht nur im Netz, sondern beispielsweise auch in erheblichem Ausmaß im Privatfernsehen. Dass die dort gezeigten Bilder (siehe Werbespot oben) zum überwiegenden Großteil Renderfilmchen sind, die nicht das Geringste mit der tristen eigentlichen Spielgrafik zu tun haben, fällt jenen, die sich deswegen für das Spiel interessieren, freilich erst auf, wenn sie das Game auf ihrem Handy installiert und nach einem Stündchen Gratis-Spaß das erste Angebot erhalten haben, gegen Echtgeld Ressourcen im Spiel zu kaufen.

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