Live in Stadthalle

Tony Bennett sang sich zu Standing Ovations

Musik
17.09.2014 08:00
1.500 Zuseher versammelten sich am spätsommerlichen Dienstagabend in der Wiener Stadthalle F, um einer wahren Legende ihre Aufwartung zu machen. Jazz-Größe Tony Bennett, mittlerweile stolze 88 Lenze alt, zeigte sich körperlich und vor allem stimmlich in Bestform und erwies sich einmal mehr als der vielleicht beste Entertainer der Gegenwart.
(Bild: kmm)

Die Verbindung zu Pop-Ikone Lady Gaga würde er ob seiner beispiellosen Karriere gar nicht brauchen, dennoch zieht er mitten im Set die Trumpfkarte, die ihm auch dem jüngeren Publikum näherbringen soll. "In Kürze erscheint übrigens ein Album von mir und Lady Gaga. Bitte kauft es. Sie braucht das Geld." Witz, Charme und Esprit – die heilige Dreifaltigkeit, die einen Entertainer zu einer wirklichen Größe seiner Zunft macht, beherrscht Jazz-Legende Tony Bennett aus dem Effeff. In der gediegenen Wiener Stadthalle F vermag er – wohl auch aufgrund stattlicher Eintrittspreise – nicht den ganzen Saal füllen, blickt aber von Anfang an auf ein begeistertes Publikum, das ihn bereits mit Standing Ovations auf die Bühne geleitet.

In absoluter Topform
Auch wenn eine Staatsoper oder das Konzerthaus seine Songs atmosphärisch wohl besser illuminiert hätten, passt der Amerikaner samt grandioser Begleitband perfekt in das Ambiente. Mit unfassbaren 88 Jahren tourt Bennett noch immer frohgemut über die Kontinente und beweist schon zu Beginn bei "They All Laughed" oder dem Liza-Minnelli-Cover "Maybe This Time", dass von Müdigkeit oder Altersschwäche keine Spur ist. Eine angedachten Michael-Jackson-Moonwalk legt Bennett keck übers Parkett, dazwischen entfleucht ihm immer wieder ein sympathischer Lacher.

Die Zuseher goutieren diese Spielfreude mit Jubel und Applaus, pendeln selbst zwischen Begeisterung ob der musikalischen und gesanglichen Brillanz und Erstaunen ob der unerwarteten Fitness des legendären Frontmannes. Hier wird kein schludriges Pflichtprogramm eines pensionsreifen Stars vollführt, nein, Bennett liebt und lebt die Bühne. Seine herzhaften Darbietungen von Songs wie "The Best Is Yet To Come", "The Good Life" oder des Fred-Astaire-Klassikers "Just The Way You Look Tonight" sprudeln über vor Lebensfreude. Auch optisch könnte man dem gebürtigen New Yorker knapp zwei Jahrzehnte abziehen.

Reminiszenzen an die alten Tage
Zudem verknüpft er in seine meist ruhigen, dennoch mitreißenden und wirkungsvollen Songs schöne Geschichten. Etwa dass sich Charlie Chaplin einst bei Bennett dafür bedankte, dass er den Klassiker "Smile" in die Charts zurückgebracht hat. Außerdem liefert er eine herzhafte Version des "ersten Songs, den ich je aufgenommen habe", "Boulevard Of Broken Dreams". Wer mehr als 50 Millionen Alben verkauft hat, 17 Grammys polieren muss und vor unfassbaren zehn US-Präsidenten musizierte, den kann ohnehin nichts mehr erschüttern. Als er sein kräftiges Stimmtimbre schlussendlich auch noch ohne Mikrofon-Verstärkung durch den Saal hallen lässt, kennt die Begeisterung keine Grenzen mehr.

Durch die Stadthalle weht gute 90 Minuten lang das wohlige Gefühl einer älteren, stressresistenten Epoche. Der Song "I'm Old Fashioned" gilt heute mehr denn je als Credo des Sängers, der sich der Moderne (siehe Kooperationen mit Lady Gaga, Amy Winehouse oder Elton John) trotzdem nie verschlossen hat. "Ihnen wird vielleicht aufgefallen sein, dass ich ausschließlich alte Lieder zum Besten gebe", erklärt er sich in einer seiner seltenen Ansprachen dem Publikum, "das liegt schlichtweg daran, dass ich die neuen nicht so gerne mag." Eine entwaffnende Ehrlichkeit, die mit seiner sympathischen Attitüde konform geht.

Licht und Schatten
Doch auch der Strahlemann hatte in den 70er- und frühen 80er-Jahren wilde Zeiten zu durchtauchen. Ähnlich wie sein bekannter Branchenkollege Paul Anka musste sich auch Bennett zeitweise mit Las-Vegas-Shows über Wasser halten und wäre 1979 beinahe an einer Überdosis Kokain gestorben. Wo Licht, da eben auch Schatten, und so wirkt es nach Rekapitulation seiner aufregenden Biografie fast noch unwahrscheinlicher, dass er mittlerweile zum Dinosaurier der Entertainment-Branche gereift ist.

Mit Lady Gaga jetzt noch einmal durch die verschiedenen Generationen zu fischen, hätte Bennett gar nicht nötig. Aber schön zu sehen, dass auch ein Urgestein kein Fossil sein muss, sondern sich dem Neuen öffnet! Auf ein hoffentlich baldiges Wiedersehen.

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