Kieferbruch erlitten

Schwere Missbrauchsvorwürfe gegen Wiener Polizei

Österreich
12.09.2014 14:59
Schwere Vorwürfe erhebt ein 34-jähriger Bautechniker gegen Beamte der Wiener Polizei. Nachdem im Zuge eines Bordellbesuchs seine Brieftasche samt Bargeld im Wert von 2.500 Euro abhandengekommen war, wurde der Mann aufs Kommissariat gebracht, wo er als Diebstahlsopfer befragt werden sollte. Es kam nach Angaben des 34-Jährigen jedoch anders: So soll er dort von den Beamten u.a. mit einem Faustschlag niedergestreckt worden sein. Ein gebrochener Kiefer soll von diesem Übergriff herrühren. Sein Anwalt will nun gerichtlich gegen die Polizisten vorgehen.

Der Fall soll am 29. März 2014 in einem Bordell in Wien-Fünfhaus seinen Anfang genommen haben. So alarmierte der 34-Jährige die Polizei, nachdem seine Geldbörse samt Bargeld verschwunden war. Er bezichtigte einen Bekannten, der sich ebenfalls im Etablissement aufgehalten hatte, die Geldtasche an sich genommen zu haben. Danach gehen die Versionen des weiteren Verlaufs des Abends stark auseinander, wie sich in der Vorwoche vor Gericht zeigte – dort saß der 34-Jährige nämlich wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt sowie schwerer Körperverletzung eines Beamten als Angeklagter vor Gericht.

"Hoit die Gosch'n"
Laut Polizei soll sich der 34-Jährige bei der Ankunft der Beamten in dem Bordell bereits ungebührlich verhalten und eine 26 Jahre alte Beamtin beschimpft haben – was der Bautechniker jedoch vehement bestreitet. Vielmehr soll, als er die anwesenden Polizisten mit Nachdruck aufforderte, den mutmaßlichen Dieb zu durchsuchen, die Beamtin ihm "Hoit die Gosch'n" geantwortet und ihn geduzt haben. Als der 34-Jährige an die Polizistin appellierte, dieses Verhalten einzustellen, habe er gleichzeitig mit seinem iPhone ihre Schimpfworte aufzuzeichnen begonnen. Darauf habe die Beamtin Verstärkung angefordert.

Angeklagter: "Habe nur Blut gespuckt"
Nicht weniger als drei Funkstreifen-Besatzungen brachten den 34-Jährigen, seinen Bekannten und eine Prostituierte schließlich zur Klärung der Sachlage aufs Kommissariat. Während der Bautechniker behauptet, die Beamtin habe ihn im Vernehmungszimmer weiter beschimpft und beleidigt, sagte die Polizistin, der Mann sei nicht zu beruhigen gewesen und habe verlangt, sie möge sofort ein Protokoll anfertigen. Weil sie dem nicht sogleich nachkam, habe er ihr eine "gelangt" und gegen sie "aufgerieben". Da seien ihre Kollegen eingeschritten, um den Mann an weiteren Gewalttätigkeiten zu hindern.

Der 34-Jährige selbst erzählt die Geschichte folgendermaßen: Als er die Vorgänge im Vernehmungszimmer neuerlich mit seinem Handy dokumentieren wollte, seien die Polizisten zu sechst gegen ihn vorgegangen. Man habe ihm einen Faustschlag ins Gesicht versetzt, ihn zu Boden befördert, in Rückenlage fixiert und ihm Fuß- und Handfesseln verpasst. Er habe "nur Blut gespuckt". Auf Fotos, die den 34-Jährigen nach dem Aufenthalt im Wachzimmer zeigen sollen, sieht man jedenfalls Verletzungen. "Er musste im Krankenhaus behandelt werden und war vier Wochen im Krankenstand", berichtete sein Rechtsanwalt Karl Bernhauser.

Freispruch für Angeklagten, "und zwar nicht im Zweifel"
Dass er einem hünenhaft gewachsenen, durchtrainierten 31-jährigen Polizisten einen Faustschlag verpassen wollte, wie dieser dem 34-Jährigen unterstellte, sei nicht wahr. Der Polizist behauptete, er habe den gegen ihn gerichteten Schlag geblockt und dem Bautechniker in einem "Reflex" eine aufs Jochbein gegeben.

Für die Richterin reichte die Beweislage schließlich nicht aus, um den Bautechniker zu verurteilen. Ihr waren die Aussagen der Polizisten zu widersprüchlich, um den Mann im Sinn der Anklage schuldig erkennen zu können. Der 34-Jährige wurde daher von den Vorwürfen freigesprochen. "Und zwar nicht im Zweifel", wie sein Rechtsvertreter Bernhauser in diesem Zusammenhang betont. Der Freispruch ist mittlerweile rechtskräftig.

Anwalt will rechtlich gegen Beamte vorgehen
Bernhauser kündigte nun eine Amtshaftungsklage an: "Wir werden selbstverständlich schadenersatzrechtliche Ansprüche geltend machen." Zudem will er die in die Amtshandlung involvierten Beamten auch strafrechtlich belangen: "Ich werde eine Anzeige wegen schwerer Körperverletzung, Verleumdung und falscher Zeugenaussage einbringen." Auch möchte der Jurist klären lassen, was aus den mit dem iPhone angefertigten Mitschnitten seines Mandanten geworden ist. Als der 34-Jährige nach seiner Spitalsbehandlung wieder Zugriff auf das Gerät hatte, waren die Tonaufzeichnungen gelöscht. Der Anwalt will folglich von der Staatsanwaltschaft auch prüfen lassen, ob seitens der Polizei Beweismittel unterdrückt wurden.

Ermittlungsverfahren gegen Beamte bereits vor Prozess
Bereits vor dem Gerichtsverfahren in der Vorwoche hatte es ein Ermittlungsverfahren gegen die Beamten gegeben, hieß es am Freitagnachmittag vonseiten der Polizei. Dieses sei von der Staatsanwaltschaft im Mai eingestellt worden. Die Anzeige wegen des Misshandlungsvorwurfs wurde zurückgelegt, bestätigte die Sprecherin der Anklagebehörde, Nina Bussek.

Doch grundsätzlich kann ein behördlich bereits überprüfter Sachverhalt jederzeit neuerlich anzeigt werden. Dies ist dann sinnvoll, wenn im konkreten Fall zwischenzeitlich neue Umstände bekannt geworden sind.

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