ÖVP-Chef im Gespräch

Mitterlehner: “Wenn Streit, dann nicht öffentlich”

Österreich
27.08.2014 15:59
Bei der seit einem Jahr versprochenen Steuerentlastung erwartet sich der neue ÖVP-Chef und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner ein "Ende der ewigen Patt-Stellung" in der Koalition. Er bleibe bei seiner ablehnenden Haltung bei Vermögenssteuern oder Erbschaftssteuern, wolle aber mit der SPÖ die Möglichkeiten zur Finanzierung der Reform zügig klären.

Dabei betont der neue ÖVP-Chef, dass er zwar Konflikte nicht scheue, aber "wenn schon Streit, dann nicht in der Öffentlichkeit". Das wollte Mitterlehner im Gespräch mit der "Krone" am Mittwoch nicht nur auf den Koalitionspartner SPÖ bezogen wissen, sondern auch auf Meinungsunterschiede innerhalb der ÖVP. Mitterlehner betonte auch, dass er sich in den Diskussionen vor seiner Bestellung Nachfolger von Michael Spindelegger von den diversen Teilorganisationen und Länderchefs "keinen Rucksack habe umhängen lassen".

Vorerst ist Mitterlehner mit der Suche nach einem Finanzminister beschäftigt. "Ich weiß schon, wen ich will, aber ich habe noch einige Telefonate zu führen", sagt der Vizekanzler. Expertenwissen einerseits, genaue Kenntnis des politischen Systems andererseits seien die Anforderungen an seinen Finanzminister. Zuletzt wurden auf der Gerüchtebörse der junge Wirtschaftswissenschafter Gottfried Haber und Wifo-Chef Karl Aiginger genannt.

Neuer Staatssekretär für Reinhold Mitterlehner
Er selbst bleibe Wirtschafts- und Wissenschaftsminister, wolle sich aber zur Verstärkung einen Staatssekretär in das Ressort holen. Damit verliert das Finanzministerium einen ÖVP-Staatssekretär - diese Funktion hatte bisher der enge Spindelegger-Vertraute Jochen Danninger. An der Koalition hält Mitterlehner grundsätzlich fest. Sie könne regulär bis zu den Nationalratswahlen im Jahr 2018 halten, "wenn wir uns nicht nur dahinschleppen".

Wichtig wäre dazu, dass klar erkennbar werde, welche Ziele die Regierung verfolge. "Die ewige Patt-Stellung darf es nicht mehr geben", sagt Mitterlehner. Das bezieht sich vor allem auf den Dauerkonflikt um die Steuerreform. Eine Lösung werde aber nicht einfacher, weil das Wirtschaftswachstum von 1,7 Prozent auf ein Prozent sinke. Zudem werde die ÖVP ihren Parteitag Ende November ziemlich gleichzeitig mit dem SPÖ-Parteitag haben, bei dem sich Kanzler Faymann der Wiederwahl als Parteichef stellen wird.

Kommentar von Claus Pándi: Wie ein Kropf
Munter und optimistisch. Diesen Eindruck machte Reinhold Mitterlehner gestern im persönlichen Gespräch. Diese Zuversicht wird der neue ÖVP-Chef noch brauchen. Denn die Partei, die er jetzt übernommen hat, ist der vielleicht schwierigste Patient in der politischen Landschaft.

Denn einerseits herrschte am Mittwoch einige Erleichterung in der ÖVP, dass Michael Spindelegger holterdiepolter den Krempel hingeschmissen hat. Andererseits setzte das übliche Geraunze bereits ein, noch bevor Mitterlehner überhaupt zur geordneten Geschäftsübernahme schreiten konnte.

Wie üblich kamen die ersten Querschüsse aus der Steiermark. Der dortige ÖVP-Chef sprach irgendetwas von einem latenten Problem der Partei, das mit dem Auswechseln eines Gesichts (gemeint ist Mitterlehner) noch nicht gelöst sei.

Und aus allen möglichen Ecken hagelte es gute Ratschläge, wen er denn jetzt als Finanzminister brauche und was der neue Vizekanzler in der Koalition denn sonst so tun und lassen solle.

Diese lächerlichen Machtdemonstrationen und Eitelkeiten braucht Mitterlehner wie einen Kropf, wie man auf gut steirisch sagen würde.
Die ÖVP hätte jetzt mit ihrem neuen Chef eine gute Chance, wieder Tritt zu fassen. Wenn die diversen Wichtigmacher ihn auch nicht lassen, könnte es die letzte gewesen sein.

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