Streit um kino.to

OGH: Provider müssen illegale Websites sperren

Web
23.07.2014 10:02
Die Einstweilige Verfügung gegen den Internetprovider UPC, der 2011 den Zugang zum Urheberrechte verletzenden Portal kino.to sperren musste, wurde zu Recht erlassen. Dies bestätigte der Oberste Gerichtshof am Dienstag im Rechtsstreit von österreichischen und deutschen Filmproduzenten gegen UPC rund um den illegalen Zugriff auf Filme im Internet. Kritik am Urteil gibt es vonseiten des Verbands der österreichischen Internetprovider: Sie würden durch das Urteil in eine Richterrolle gedrängt.

UPC hatte stets geltend gemacht, dass der Provider lediglich den Zugang zum Internet vermittle, nicht jenen zu illegalen Websites. Der Oberste Gerichtshof hatte dazu den Europäischen Gerichtshof um Auslegung der EU-Urheberrechtsrichtlinie ersucht. Ende März urteilte der EuGH, dass Zugangssperren vom Provider verlangt werden können, wenn eine begründete Aufforderung der Rechteinhaber besteht. Dieser Linie folgte nun auch der Oberste Gerichtshof in seinem Beschluss.

"Wichtiger Schritt zu erwachsenem und sauberem Web"
"Endlich erleben wir einen weiteren wichtigen Schritt zu einem erwachsenen und sauberen Web", freute sich der Verein für Anti-Piraterie in einer Reaktion auf das Urteil. Filmproduzent Veit Heiduschka ("Das weiße Band", "Amour"), der als Kläger in dem Fall auftrat, fordert nun ein rasches Trockenlegen jener Angebote, "die auf gewerbsmäßigen Urheberrechtsverletzungen aufbauen".

Neben kino.to, das 2011 den Betrieb einstellte, geht es dem Verein für Anti-Piraterie zufolge europaweit um "höchstens 100 Websites", die dieses Urteil betreffen werde. Zugangssperren gegen diese Seiten, die durch den hohen Nutzerverkehr mittels Streuwerbung vielfach Millionengewinne erzielten, gebe es bereits in elf EU-Ländern. Der Verein hofft, wie etwa in Irland, nun auf ein "Memorandum of Understanding" zwischen Providern und Kreativwirtschaft. In Irland wurde dieses Memorandum auch von UPC mitgetragen.

Heimische Internetanbieter kritisieren Urteil
Der Verband der österreichischen Internetprovider, ISPA, fürchtet allerdings, dass Provider durch das Urteil jetzt in eine Richterrolle gedrängt werden könnten. Für ISPA-Generalsekretär Maximilian Schubert bringt das Urteil die Provider in eine "sehr problematische Situation": "Wir können uns jetzt aussuchen, ob wir Richter spielen und die Rechtmäßigkeit jeder Sperraufforderungen überprüfen und beurteilen oder jedem Begehren blind nachkommen."

Zu Ersterem würden die vielen kleinen Provider kaum in der Lage sein, da ihnen die notwendigen Ressourcen und das rechtliche Know-how zur Beurteilung der teilweise äußerst komplizierten und komplexen Urheberrechts- und Rechtelage fehlten. "Aber egal wofür sich der Anbieter entscheidet, er setzt sich immer dem Klagsrisiko aus - entweder durch die angeblichen Rechteinhaber oder durch seine eigenen Kundinnen und Kunden, die den Zugriff auf gesperrte Seiten bei ihm einfordern können", fasst Schubert resigniert zusammen.

"Wir lehnen es aber ab, uns den Schwarzen Peter zuschieben zu lassen und haben deswegen von Anfang an gefordert, dass ausschließlich Richterinnen und Richter über allfällige Sperren entscheiden. Darüber hinaus müssen alle Sperren in einem Transparenzbericht aufgelistet und periodisch einer richterlichen Überprüfung unterzogen werden. Nur so kann man einen Sperrfriedhof oder Zustände wie in Großbritannien, wo bereits fast jede fünfte Website gesperrt ist, verhindern."

Die einzige Möglichkeit, die Internetanbieter jetzt haben und auch nutzen werden, ist ein klarer Hinweis, wer die jeweilige Sperre verlangt hat. Denn laut dem OGH-Urteil können Nutzer sowohl gegen den eigenen Provider als auch gegen den Rechteinhaber vorgehen.

Provider fordern: "Löschen statt sperren"
Schubert möchte aber keinesfalls den Eindruck erwecken, dass die Internetbranche illegale Inhalte fördert oder auch nur akzeptiert. "Es geht hier schlicht um die Art und Weise, wie dagegen vorgegangen wird. Erstens lassen sich Sperren immer umgehen, zweitens weckt Sperrinfrastruktur, sobald sie einmal vorhanden ist, immer Begehrlichkeiten; und von dort ist es nur noch ein kleiner Schritt zum Missbrauch." Der Verband fordert daher: "Löschen statt Sperren".

Kritik auch aus Politik
Kritisch haben sich auch NEOS und ÖVP zu dem Urteil geäußert. Laut NEOS-Netzsprecher Niko Alm seien Netzsperren "kein brauchbares Mittel, um gegen Urheberrechtsverletzungen vorzugehen", sondern würden "ein Einfallstor für Zensurmaßnahmen" darstellen. Eva-Maria Himmelbauer, ÖVP-Sprecherin für Telekommunikation, stimmte der Beschluss bedenklich. Die Rechtssicherheit für Künstler sei eher durch Maßnahmen wie "ein modernes Urheberrecht" herzustellen.

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