"Wäre vermeidbar"

600.000 Kinder im Senegal kämpfen mit Hungertod

Ausland
06.07.2014 08:00
Den Bewohnern der Sahelzone droht die dritte Hungerkatastrophe binnen sieben Jahren. 2,5 Millionen Menschen in Westafrika brauchen Nahrungsmittelhilfe. Besonders betroffen ist der Senegal, dort sind 27 Prozent aller Kinder unter fünf Jahren chronisch unterernährt. "Hunger wäre vermeidbar, das ist keine Frage des Könnens, sondern des Wollens", erklärte Caritas-Präsident Michael Landau, der sich selbst ein Bild vor Ort von der schlimmen Lage machte.

In der Sahelzone sterben jedes Jahr 200.000 bis 300.000 Kinder unter fünf Jahren an den Folgen von Mangel- und Unterernährung. Für den geschwächten Organismus der Kinder kann fast jede Krankheit tödlich enden. Allein im Senegal sind knapp 600.000 der insgesamt zwei Millionen Kinder akut gefährdet, vor ihrem fünften Lebensjahr zu sterben.

Landau: "Müssen hinschauen, nicht wegschauen"
"Diese Kinder brauchen uns. Wir müssen hinschauen, nicht wegschauen", sagte Landau bei einem Lokalaugenschein mit Journalisten anlässlich der Kampagne "Für eine Zukunft ohne Hunger" im Senegal. Insgesamt liegt der Anteil der unterernährten Bevölkerung im Senegal bei 22 Prozent, somit haben 2,8 der 13 Millionen Menschen nicht genug zu essen. "Die Lage ist dramatisch, jetzt gibt es eine zusätzliche Dürresituation", sagte Caritas-Auslandshilfegeneralsekretär Christoph Schweifer. "Dass diese Kinder routinemäßig sterben, ist ein Skandal."

Die Caritas unterstützt zehn Projekte mit einem Gesamtbudget von zwei Millionen Euro, um die Ernährung der Bevölkerung zu verbessern. Die Organisation unterstützt neben den laufenden, auf langfristige Hilfe ausgelegten Projekten auch das aktuelle Nothilfeprogramm der senegalesischen Partnerorganisation mit 100.000 Euro. Besonders alarmierend ist die Situation in den Regionen Matam, Ziguinchor und Kolda. Die Caritas leistet dort Nothilfe, verteilt Lebensmittel und Saatgut, unterstützt Baby-Feed-Centers. "Alle zehn Sekunden stirbt ein Kind an Hunger. Hier bekommen diese Kinder ein Gesicht", sagte Landau.

"Ein bis zwei Kinder sterben im Schnitt pro Monat, oftmals werden sie zu spät eingeliefert, mit schlimmen Komplikationen, die nicht mehr behandelt werden können", sagte Serif Kama, Pflegedienstleiter im Ernährungszentrum CREN. In der Station in Orou Sogui in der Region Matam im Norden Senegals werden monatlich rund 15 Kinder stationär versorgt.

Behandelte Kinder kehren oft wieder unterernährt zurück
Der Tod kommt leise in der Nacht, die geschwächten Kinder reagieren sehr empfindlich auf Unterzuckerung, der Kreislauf versagt. Viele Patienten im Ernährungszentrum haben zusätzlich Krankheiten, Lungen- und Herzprobleme, Hepatitis, Malaria, Infektionen. "Die Kinder erbrechen sich, leiden an Durchfallerkrankungen, haben aufgehört zu essen", schilderte Kama. Im Ernährungszentrum werden erst die Komplikationen bekämpft, dann mit Spezialnahrung die Unterernährung. "Häufig behandeln wir Kinder und entlassen sie, wenig später werden sie jedoch wieder total unterernährt eingeliefert", sagte der 43-Jährige.

Regierung in Wien "macht sich mitschuldig am Tod der Kinder"
Die österreichische Bundesregierung hatte im Mai eine Kürzung der Mittel für die Austrian Development Agency beschlossen. Die Gelder für die staatliche Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit wurden im nächsten Jahr um 17 Millionen auf nur mehr 60 Millionen Euro gekürzt. "Wenn die Regierung die Kürzung nicht zurücknimmt, macht sie sich mitschuldig am Tod der Kinder", konstatierte Caritas-Präsident Landau.

Nach seiner Rückkehr aus dem Senegal schickte der Caritas-Präsident einen Brief an alle Nationalratsabgeordneten, in dem er vehement mehr Unterstützung Österreichs für Hungerhilfe fordert. Beigelegt hatte Landau auch ein Foto des kleinen Sada. Der 18 Monate alte Bub wiegt 5,3 Kilogramm. Neben der schweren Unterernährung leidet Sada auch an Malaria. "Ich habe zu wenig Milch, weil ich zu selten esse", erklärte seine 25 Jahre alte Mutter Houreye Mamadou Kane. Lediglich ein bis zwei Mal am Tag nimmt die 25-Jährige eine Handvoll Reis zu sich. Zu wenig, um ihren Sohn mit ausreichend Muttermilch zu versorgen.

Spenden online unter www.caritas.at oder Spendenkonto der Caritas PSK, IBAN: AT92 6000 0000 0770 0004, BIC: OPSKATWW, Kennwort: Hungerhilfe.

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