Letizia am Thron

Kann Spaniens neue Königin die Monarchie retten?

Adabei
21.06.2014 16:56
Auf ihren Schultern lastet die Hoffnung, das angeschlagene Image des spanischen Königshauses wiederherzustellen. Letizia gilt als modern, forsch und selbstbewusst. Nun muss die 41-Jährige nur noch Herz zeigen.

Die 41-jährige Letizia, geboren als bürgerliche Letizia Ortiz Rocasolano, war vor der Hochzeit eine der erfolgreichsten TV-Moderatorinnen und auch schon einmal geschieden. Mit Felipe hat sie zwei Töchter: Leonor und Sofía.

Vom Fernsehstar zur Stilikone und Königin
Königin der Herzen wird sie wohl nicht so schnell werden. In allen Umfragen rangiert Letizia, seit Kurzem offiziell Spaniens Landesmutter an der Seite des frisch gekrönten Monarchen Felipe IV., am Ende der Beliebtheitsskala des Madrider Herrscherhauses. Traditionalisten nehmen ihr übel, dass sie aus kleinbürgerlichen Verhältnissen stammt und nicht einmal katholisch ist, wie das doch in Iberien seit den Tagen des glorreichen Paares Ferdinand und Isabella (1452–1516) selbstverständlich sein sollte.

Modern denkende Spanier stoßen sich umgekehrt daran, dass sich die ursprünglich so selbstbewusste Journalistin nach einigen anfänglichen Fauxpas allzu geschmeidig ins Korsett der höfischen Verpflichtungen fügte. Und die Feministinnen nehmen ihr den unverblümt ausgelebten Schönheitskult übel: Sie ließ sich die Nase operieren, sie trägt sündteure Designer-Outfits, die sie zur Stilikone werden ließen, sie kultiviert eine derart schlanke Silhouette, dass Gerüchte über Magersucht seit Jahren nicht verstummen.

Dass eine derart umstrittene Persönlichkeit jetzt auf einmal als große Hoffnung für die angeschlagene spanische Monarchie gilt, mutet geradezu paradox an. Und doch ist es so: König Juan Carlos, in der Jugend ein patriotischer Held, der sein Land einst erfolgreich aus der Franco-Diktatur in die Demokratie und später vom Rand Europas mitten in die EU geführt hat, verspielte in den letzten zehn Jahren derart viel an gutem Ruf, dass nur noch sein Rücktritt die Krone vor dem Unmut des Volkes retten konnte: Korruptionsskandale, Liebesaffären, Bilder von einer Großwildjagd in Afrika (während der größten Wirtschaftskrise schießt er als Ehrenpräsident des WWF auf Elefanten).

Letizia soll Schwung in den Palast bringen
Der neue Herrscher Felipe gilt zwar als aufgeschlossen, vertraut mit der zeitgemäßen Wirtschaftswelt, gebildet, höflich – aber so steif, spröde und unnahbar, dass er selbst Freunde gelegentlich frösteln macht. Letizias Job wird es sein, ein wenig Schwung in den Palast zu bringen.

Dabei schien die 1972 in Oviedo in Nordspanien geborene Letizia Ortiz Rocasolano ursprünglich für ein Leben in der Welt der Medien prädestiniert. Die Tochter eines Journalisten und einer Krankenschwester moderierte schon mit elf eine Kindersendung im Lokalradio, nach dem Studium der Kommunikationswissenschaften arbeitete sie in Mexiko und in Spanien bei Zeitungen und Nachrichtenagenturen, zuletzt beim Fernsehsender TVE. 1998 heiratete sie, 1999 wurde sie wieder geschieden – zum Glück war die Ehe nur standesamtlich geschlossen worden, weshalb der mächtige Erzbischof von Toledo 2004 einer Hochzeit mit dem Kronprinzen zustimmen konnte.

Hochzeit mit Felipe spaltete Spanien
Als die näheren Umstände dieser Heirat bekannt wurden, spaltete sich sofort das Land – hier die konservativen Traditionalisten, die über eine solche Mesalliance die Nase rümpften, dort das junge Spanien, das sich frischen Wind im verstaubten Palacio Real erhoffte. So wurde die Hochzeit offiziell am 1. November 2003 bekannt gegeben – am Tag davor hatte Letizia noch ihre letzte Nachrichtensendung moderiert. Bald sprach sich auch herum, dass Felipe seine Liebe gegen härtesten Widerstand des Vaters, König Juan Carlos, verteidigen musste. Erst als der Sohn drohte, dass er lieber auf den Thron verzichten würde als auf seine Letizia, willigte der Papa zähneknirschend ein.

Anfangs gab sich die Kronprinzessin locker. "Lass mich doch bitte mal ausreden", wies sie Felipe vor laufender Kamera zurecht – und löste damit eine Lawine von Belehrungen in der konservativen Presse aus. Seither gibt sich die Elfe in der Öffentlichkeit kontrolliert und zurückhaltend. Daheim im Palast scheint sie aber durchaus ihren Willen durchzusetzen. So weigerte sie sich, ihre beiden Kinder – Leonor, 8, und Sofía, 7 – gleich zu kleiden, wie es die Tradition eigentlich verlangt. "Ich will, dass sie eine eigene Persönlichkeit entwickeln", sagte sie.

Fashion Queen Letizia
Bei öffentlichen Auftritten versucht Letizia aber, den Dreinrednern aus der spanischen Presse möglichst keine Angriffsfläche zu bieten. Nach der Verlobungsfeier wurde sie noch dafür kritisiert, dass sie ein Kleid trug, das ein "Ausländer" entworfen hatte, ein Italiener namens Giorgio Armani. Flugs wandelte sie sich zu einer Stilikone der spanischen Modeszene, wählt vor allem Entwürfe des Madrider Designers Felipe Varela.

Dass sie an der Seite ihres 1,97 Meter großen Mannes nach Herzenslust extreme High Heels tragen kann, unterstreicht ihre Erscheinung als Fashion Queen noch mehr. Wie es sich für eine Landesmutter gehört, liebt Letizia auch die Modelle der heimischen Textilkette Zara – und umgekehrt: So manches Teil, in dem die neue Königin Aufsehen erregt hatte, fand sich einige Wochen später als perfekte Kopie in den Zara-Regalen wieder.

Letizias Perfektionismus, mit dem sie jeder Kritik zuvorkommen will, hat ihren Preis. Auch sie wirkt stets ein wenig distanziert und kühl. Emotionale Nähe, wie sie die scheidende Königin Sofía vermittelte, vermag sie noch nicht auszustrahlen. Doch wer weiß – Letizia hat schon öfter alle verblüfft. Jetzt, wo sie die Fesseln der schwiegerelterlichen Bevormundung sprengen konnte, wird vielleicht die Frau hinter der Rolle wieder zum Vorschein kommen.

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(Bild: kmm)



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