72 Prozent sagen Ja

Türkisch-Matura: Mehrheit der AHS-Direktoren dafür

Österreich
11.06.2014 12:18
Rund drei Viertel der AHS-Direktoren sprechen sich für Türkisch als Fremdsprachen-Maturafach sowie für die Einführung eines Lehramtsstudiums Türkisch an einer österreichischen Universität aus. Das zeigt eine Umfrage der Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch unter 50 Schulleitern. Für Türkisch als Maturafach plädierten 36 der 50 Direktoren (72 Prozent), für das Lehramtsstudium Türkisch 38 (76 Prozent).

Die meisten Direktoren rechnen bei einer Erweiterung des Fremdsprachenlehrplans mit einem positiven Effekt für die Grammatik und den Wortschatz der Jugendlichen. Außerdem sei die gute Beherrschung der Muttersprache Voraussetzung für das Erlernen weiterer Sprachen. Eine Türkisch-Matura schaffe auch einen Anreiz zu höherer Bildung.

Als Gegenargumente wurden die zu geringe Bedeutung von Türkisch genannt sowie die Schwierigkeit, eine neue Sprache in der Organisationsstruktur von Schulen zu verankern. Nur drei Direktoren befürchteten eine Abkapselung von Schülern.

Deutsch und Englisch unbestritten
Für SOS-Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak sind die Ergebnisse der Umfrage "wesentlich klarer ausgefallen als erwartet". Insbesondere an Schulen mit einem hohen Anteil an türkischsprachigen Schülern herrsche große Offenheit, die Potenziale der Jugendlichen zu fördern und voll auszuschöpfen. "Kein einziger Schüler soll davon entbunden werden, Deutsch und Englisch zu lernen. Es geht allein darum, den Schülern die Chance zu geben, ihre oft nur umgangssprachlichen Muttersprachenkenntnisse zu vertiefen und auf Fremdsprachenmaturaniveau zu bringen", stellte Pollak klar.

Insgesamt sprechen laut Statistik Austria 6.300 Schüler in Oberstufenklassen an maturaführenden Schulen (AHS, BHS) neben Deutsch auch Türkisch. Im Gegensatz zu anderen Migrantensprachen wie etwa Russisch, Polnisch oder Bosnisch-Kroatisch-Serbisch gibt es eine Türkisch-Matura derzeit nur als Schulversuch am Abendgymnasium Henriettenplatz in Wien.

Mikl-Leitner hat "kein Problem" mit Türkisch
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) teilte vor dem Ministerrat am Mittwoch mit, sie könne sich Türkisch als Fremdsprachen-Maturafach vorstellen. "Wenn man es als Fremdsprachenfach lernt, habe ich damit kein Problem", so die Ministerin.

Unvorstellbar wäre es für Mikl-Leitner dagegen, in Türkisch anstatt in Deutsch zu maturieren, also das Maturafach Deutsch zu ersetzen oder die Matura gänzlich auf Türkisch abzulegen. Hier gelte weiterhin der Integrationsansatz der ÖVP, dass Deutsch absolute Priorität habe.

"Diskussion nicht von Erdogan aufzwingen lassen"
Auch weitere Regierungsmitglieder zeigten sich dem Vorschlag gegenüber offen. Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) und Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) hätten nichts dagegen. Weniger erfreut war Vizekanzler Michael Spindelegger: "Nur weil der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan nach Österreich kommt, brauchen wir uns jetzt nicht irgendeine Diskussion aufzwingen zu lassen", so der ÖVP-Chef.

Kurz verwies darauf, dass man schon jetzt aus zehn verschiedenen Sprachen als zweite lebende Fremdsprache für die Matura auswählen könne. "Ich halte es für unproblematisch, ein Angebot zu haben", meinte er zu Türkisch als weiterer Alternative. Für die Integration sei dies allerdings "kein Thema, das wirklich große Bedeutung hat".

Heinisch-Hosek verwies darauf, dass ein solches Angebot schon jetzt im Rahmen von Schulversuchen bzw. der Schulautonomie in allen Schultypen möglich sei. Sie wolle sich nun ansehen, warum das so wenig in Anspruch genommen werde. Sie sei auch "keineswegs dagegen", Türkisch als Lehrfach studieren zu können.

FPÖ: "Schlag ins Gesicht von Integrationsbemühungen"
Für die FPÖ wäre Türkisch als Maturafach dagegen "ein Schlag ins Gesicht jeglicher Integrationsbemühungen". Damit würde nicht Schülern mit türkischer Muttersprache der Zugang zur Bildung erleichtert, sondern die Reifeprüfung verwässert, so Bildungssprecher Walter Rosenkranz. "Bei einer Einführung von Türkisch als Maturafach würde das Niveau von Gymnasien und anderen maturaführenden Schulen sehr darunter leiden."

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