Nach Skandalserie

Brandstetter rührt um: Aus für Vollzugsdirektion

Österreich
27.05.2014 22:58
Minister Wolfgang Brandstetter reagiert auf die jüngsten Justizskandale mit einem Paukenschlag: Er will die 2007 ins Leben gerufene Vollzugsdirektion abschaffen. Die ausgelagerte Behördeneinheit soll wieder unmittelbar ins Ministerium eingegliedert werden.

"Das bedeutet, dass ich diese ausgelagerte Strafvollzugsdirektion als Behördeneinheit eigentlich nicht mehr haben möchte", sagte der Ressortchef in der "ZiB 2" am Dienstagabend. Er wolle, dass "unmittelbar dem Ministerium eingegliedert eine Generaldirektion für den Strafvollzug tätig sein kann, die wirklich auch unmittelbar dem Minister untersteht". Damit hätte er "wirklich die Möglichkeit", rasch zu reagieren - und auch der Informationsfluss wäre effizienter, "als es bisher der Fall war". Die aufgetretenen Fälle sind für Brandstetter "systemimmanent".

Justizwache-Vertreter spricht von Einzelfällen
Justizwache-Personalvertreter Albin Simma wies dies in der "ZiB 2" zurück: Es handle sich um Einzelfälle. "Das ist teils Überforderung, teils auch aus Aggressionen heraus, die Insassen schüren", so Simma. "Wenn da jetzt einmal einer die Nerven wegschmeißt, ist das zwar nicht zu tolerieren", meinte er, aber: "Menschlich gesehen kann man sagen, das war ein menschliches Fehlverhalten."

Die Strafvollzugsverwaltung wurde 2007 mit der Schaffung der Vollzugsdirektion umorganisiert. In der damals neu eingeführten Behörde wurden die Fachaufsicht, die zuvor die Strafvollzugssektion im Ministerium innehatte, sowie die 2001 den Oberlandesgerichten übertragene Dienstaufsicht wieder zusammengeführt. Das Ministerium war seitdem nur mehr für rein strategische Entscheidungen und Vorgaben zuständig.

Verwahrloster Häftling in Stein, Misshandlung in Suben
In der vergangenen Woche hatte der Fall eines verwahrlosten Häftlings in der niederösterreichischen Justizanstalt Krems-Stein ein politisches Erdbeben ausgelöst. Wie sich mittlerweile herausstellte, hatte der 74-Jährige, der als schwieriger Insasse galt, eitrige Geschwüre am Unterschenkel, die auf eine Blutvergiftung hindeuteten. Seine Zehennägel seien laut Anstaltsarzt zentimeterlang gewesen, was darauf hinweise, dass der Mann bereits seit mehreren Monaten in diesem Zustand gewesen sein müsse.

Nach der Affäre um den verwahrlosten Häftling ist auch noch der Fall eines misshandelten Häftlings in Oberösterreich bekannt geworden. In der Haftanstalt Suben soll ein Justizwachebeamter im Mai 2012 einen Insassen nach einer Leibesvisitation mit Wucht gegen eine Betonwand gestoßen, gewürgt und mit Schlägen traktiert haben. Der Vorfall wurde laut "Falter" auf Video aufgezeichnet (siehe Infobox).

Brandstetter versprach Reformen, Brinek entsetzt
Auch Volksanwältin Gertrude Brinek zeigte sich am Dienstagabend entsetzt über die Schwere der Vorfälle. "Es gab zwar in letzter Zeit eine Zunahme an Beschwerden im Strafvollzug, aber diese Dramatik war uns nicht bekannt", so die Volksanwältin. Es dürfe keine Toleranz für solche Taten geben, meinte sie im ORF-Studio.

Minister Brandstetter hatte den Fall aus Stein bereits in der Vorwoche als "Katastrophe" bezeichnet und "umfassende Reformen" versprochen. Die geplante Auflösung der Vollzugsdirektion ist nun ein erster Schritt in diese Richtung.

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