Nach Frontalangriff

Faymann: “Schlechte Ratschläge nehme ich nicht an”

Österreich
27.05.2014 14:30
Nach dem Frontalangriff des burgenländischen SP-Landesrates Peter Rezar auf Bundeskanzler Werner Faymann hat sich dieser am Dienstag gelassen gezeigt. "Schlechte Ratschläge nehme ich nicht entgegen", sagte Faymann im Pressefoyer nach dem Ministerrat. Rezar hatte zuvor den Kanzler für das Verfehlen des roten EU-Wahlziels verantwortlich gemacht, eine Kooperation der SPÖ mit der FPÖ nicht ausgeschlossen und eine rasche Steuerreform gefordert.

Die harten Worte Rezars, der unter anderem das EU-Wahlergebnis als ausschließlich vom Parteivorsitzenden verantwortet sieht, nahm Faymann demonstrativ nicht ernst. "Wenn es unter 2.000 Mandataren wahrscheinlich mehr als einen gibt, der mir Ratschläge erteilt, dann nehme ich die guten auf." Dass Rezar aber eine Zusammenarbeit mit der FPÖ in den Raum stellt, "halte ich für einen schlechten Ratschlag, und schlechte Ratschläge nehme ich nicht entgegen".

Kanzler ortet bei einigen Medien "diebische Freude"
Für Faymann wird die Sache aber auch von den Medien hochgespielt. Er bemerke "an einigen eine diebische Freude", wenn eine interne kritische Stimme gefunden werde, so Faymann. "Falls einmal jemand beim Recherchieren Hilfe braucht, ich kann Ihnen so zehn bis 20 sagen, die nicht immer meiner Meinung sind", versprach er den anwesenden Journalisten. Beim SPÖ-Präsidium am Montag habe man das Wahlergebnis jedenfalls "im Lichte von sehr positiven Einstellungen" erörtert.

In der Steuerfrage verwies der Kanzler auf einen in der Vorwoche im Nationalrat beschlossenen Entschließungsantrag. Dieser sieht vor, dass eine eigens eingerichtete Steuerreformarbeitsgruppe Ende 2014 einen Bericht über die Ergebnisse vorzulegen hat.

Landesrat prophezeit Faymann "ärgste Probleme"
Rezar wurde in der Dienstagsausgabe des "Kurier" mit den Worten zitiert, an dem schlechten Abschneiden der SPÖ bei der Europawahl am Sonntag sei "in erster Linie sicher der Kanzler selbst" schuld. Diesem prophezeite Rezar "ärgste Probleme" beim Bundesparteitag, sollten bis Herbst die "roten Kernforderungen" im Steuerbereich (Vermögenssteuer, Senkung des Eingangssteuersatzes auf 25 Prozent) nicht "auf Schiene" sein. Gehe die ÖVP dabei nicht mit, solle Faymann die Koalition "platzen lassen", empfahl der SP-Landesrat. In diesem Zusammenhang schloss er sogar eine Koalition mit der FPÖ nicht aus.

Prammer: "Äußerungen vollkommen entbehrlich"
Der langjährige Landesrat erntete für seine Aussagen einen Proteststurm von SPÖ-Spitzenpolitikern. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer bezeichnete die Äußerungen ihres Parteifreundes als "vollkommen entbehrlich". "Undifferenzierte Schuldzuweisungen sind die völlig falsche Reaktion auf das Ergebnis der EU-Wahl am vergangenen Sonntag", kritisierte die Nationalratspräsidentin. Die Vorsitzende der Jungen Generation, Katharina Kucharowits, bezeichnete Rezars Aussagen gar als "unfassbar".

Darabos: "Fehlanalysen, die nicht nachvollziehbar sind"
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos warf seinem Landsmann vor, sich auf Kosten der eigenen Partei in der Öffentlichkeit profilieren zu wollen. Dies sei "kein besonders guter Stil". Er bezeichnete Rezars Aussagen als "Fehlanalysen, die in keinster Weise nachvollziehbar sind".

Ostermayer: "Parteitagsbeschluss gegen FPÖ-Kooperation"
Kanzleramtsminister Josef Ostermayer wies Rezars Aussagen ebenfalls zurück. Der Faymann-Vertraute sagte am Montagabend im ORF-"Report", dass es gerade die FPÖ gewesen sei, die im Nationalrat einen Antrag zur Steuerreform nicht mitgetragen habe. Außerdem gebe es einen aufrechten Parteitagsbeschluss gegen die Zusammenarbeit der SPÖ mit der FPÖ. "Es ist entweder nicht nachgedacht worden, oder man hat bewusst etwas gesagt, um medial vorzukommen", sagte Ostermayer an die Adresse seines burgenländischen Parteikollegen.

Mögliche Kooperation mit FPÖ: Bures "empört"
Auch andere SPÖ-Minister machten für ihren Kanzler die Mauer. "Ich bin nicht über das Wahlergebnis empört", hielt etwa Verkehrsministerin Doris Bures fest. Dass aber zwei Tage nach dem Urnengang, bei dem die Sozialdemokraten Europas dezidiert gegen die rechtspopulistischen Kräfte angetreten seien, ein SPÖ-Politiker laut über eine Zusammenarbeit mit der FPÖ nachdenke, "darüber bin ich empört".

Niessl: "Kritik ja, aber an den Finanzminister zu richten"
Der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl fand die Kritik an Faymann ebenfalls "nicht in Ordnung". Rezar habe zwar richtig kritisiert, allerdings die falsche Person genannt: "Kritik ja, aber die ist an den Finanzminister zu richten, nicht an den Bundeskanzler. Das ist nicht in Ordnung, weil der Bundeskanzler die Steuerreform will", erklärte Niessl am Dienstagvormittag. Der Landeshauptmann will noch im Laufe des Tages mit Rezar sprechen und eine "Linie festlegen".

Wiens Bürgermeister Michael Häupl äußerte sich Dienstagmittag ebenfalls zu Rezars Wortmeldungen. Er halte nichts von "hysterischem Herumgrölen", eine Steuerreform müsse man vielmehr "beharrlich und mit großer Zähigkeit sowie mit wichtigen Bündnispartnern etwa aus der Arbeiterkammer und der Gewerkschaft" umsetzen.

Wahlziel verfehlt: SPÖ blieb zweitstärkste Partei
Die SPÖ hatte bei der Europawahl ihr erklärtes Ziel, stimmenstärkste Partei zu werden, klar verfehlt. Diesbezügliche Hoffnungen knüpften sich insbesondere an die Kandidatur des bekannten Fernsehjournalisten Eugen Freund, der allerdings im Wahlkampf nicht besonders trittsicher war.

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