Debatte in den USA

Drohnen: Technik-Revolution oder Luftfahrtrisiko?

Elektronik
19.05.2014 09:54
Die Sicht war klar, er hatte sein Flugzeug gerade zum Landeanflug auf den Tallahassee Regional Airport in Florida angesetzt, als der Pilot der US Airways plötzlich ein kleines Flugobjekt sah: Eine Drohne schwirrte durch die Flugbahn seiner Passagiermaschine.

"Sie sei so dicht an seinem Flugzeug vorbeigeflogen, dass er sicher war, mit ihr kollidiert zu sein", wird der Drohnen-Experte Jim Williams zwei Monate später auf einer Tagung in San Francisco über den Vorfall vom März sagen (siehe Infobox).

Williams ist Leiter des Büros für unbemannte Flugzeuge bei der US-Luftfahrtbehörde Federal Aviation Administration (FAA). Bei einer Untersuchung des Flugzeugs wurde zwar kein Schaden nachgewiesen; auch der Schuldige ist bisher nicht ausgemacht. Doch der Fall lenkte die Aufmerksamkeit auf die gewaltigen Herausforderungen, vor denen die Luftfahrt in Nordamerika angesichts der rapide voranschreitenden Drohnen-Kommerzialisierung bald stehen könnte. Der Markt wächst schneller, als die Behörden mit einer Regulierung hinterherkommen.

Drohne filmte Passagierjets beim Landeanflug
In Kanada versetzte jüngst ein YouTube-Video Luftfahrtexperten in Aufregung: Zu sehen waren von einer Drohne gefilmte Nahaufnahmen von Passagierjets beim Landeanflug auf den Airport Vancouver. Der Luftfahrtexperte Mark Miller sagte im kanadischen Fernsehsender CTV: "Sie können das Triebwerk eines Flugzeugs mit ein paar Enten ausschalten. Überlegen Sie, welche Art von Schäden Sie mit einem großen ferngesteuerten Helikopter anrichten könnten."

Ob für Farmer, Fabriken oder Filmszenen: Die kleinen, ferngesteuerten Flugzeuge werden in den USA immer öfter eingesetzt. Nicht zuletzt dank leichterer Bauteile, verbesserter Kameras und optimierter Bordelektronik. Bauern begutachten mittels Drohnen die Ernte auf ihren Feldern, Nachrichtensender lassen so atemberaubende Aufnahmen entstehen. Immobilienmakler nutzen Drohnen, um Luftbilder von ihren Grundstücken zu machen.

Parrot-Drohnen besonders beliebt bei Videomachern
Besonders beliebt sind flache Modelle mit mehreren Rotoren, die dicht über dem Boden fliegen. Einer der führenden Hersteller im zivilen Drohnengeschäft ist die französische Firma Parrot. Diesen Monat brachte sie ihr neuestes Modell "Bebop" heraus (siehe Infobox). Es soll mit HD-Kamera, optimierter Stabilisierung, einer Reichweite von zwei Kilometern und einer Flugzeit von bis zu zwölf Minuten professionelle Videos aus der Vogelperspektive ermöglichen.

"Bis vor ein paar Jahren brauchte man einen Hubschrauber, um solche Aufnahmen zu machen", sagt Richard Petel, ein Elektroingenieur aus Kalifornien, der im Sonnenstaat gerne Surfer beim Wellenreiten von oben filmt. "Aber Hubschrauber sind teuer und laut und stören so sehr", sagt er. Drohnen seien in dieser Hinsicht "revolutionär".

Nationalpark musste Drohnenverbot erlassen
Im kalifornischen Yosemite Nationalpark sah man sich jüngst gezwungen, alle Drohnen auf dem Areal des Parks zu verbieten. Hobbyfilmer hatten sie genutzt, um ferngesteuert Luftbilder von den berühmten Wasserfällen sowie Nahaufnahmen von Kletterern auf der Granitkuppe des Half Dome zu machen. Die Flieger seien eine Gefahr gewesen, heißt es vonseiten des Parks, zudem habe ihr Surren die Ruhe gestört.

Ebenso problematisch ist die Nutzung von Drohnen durch Firmen. Obwohl man in den USA eine Lizenz braucht, um die Flieger kommerziell zu betreiben, trotzen viele den unzureichenden Kontrollen. Manchen ist es auch schlichtweg egal, ob sie eine Mahnung erhalten. So auch Mike Fortin, dessen Firma mit Drohnen Werbefilme dreht. Im "Wall Street Journal" gab er offen zu: "Meine Antwort an die FAA war: Haut ab!" Die Zeitung zitierte einen nationalen Verantwortlichen mit den Worten: "Die Lage hat sich in eine moderne Version des Wilden Westens verwandelt, wo die Leute denken, alles sei erlaubt."

Drohnenmarkt wächst rasant, Regulierung ist schwer
Das Problem dürfte sich noch verschärfen, je mehr Drohnen in Gebrauch kommen. Die internationale Industrie- und Handelsgruppe Association for Unmanned Vehicle Systems International (AUVSI) schätzt, bis zum Jahr 2020 jährlich 160.000 verkaufen zu können. Der Online-Handelsriese Amazon arbeitet nach eigenen Angaben daran, künftig mit unbemannten Fluggeräten Pakete ausliefern zu können. Google übernahm im April einen Hersteller von Drohnen, der Konzern will mithilfe der Fluggeräte Internet in entlegene Gebiete bringen. Facebook hat ähnliche Pläne.

Eigentlich wollte die FAA erreichen, dass bis 2015 feste Vorschriften in Kraft treten. Doch der Markt verändert sich so schnell, dass Experten nicht daran glauben, dass das klappt. "Wir versuchen, Sicherheitsbestimmungen für eine sehr dynamische Branche zu entwickeln", sagte der FAA-Sprecher Les Dorr. "Und wir müssen diese Regelungen für unbemannte Flugzeuge schreiben, die den verkehrsreichsten und komplexesten Luftraum der Welt nutzen werden." Es sei eine enorme Herausforderung, einerseits die Bevölkerung zu schützen, gleichzeitig aber keinen übermäßigen Verwaltungsaufwand für eine aufstrebende Industrie zu schaffen.

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