Strafprozessordnung

Brandstetter: “Legales Tuning” für die Justiz

Österreich
08.05.2014 06:45
Justizminister Wolfgang Brandstetter zündet – um in der von ihm gewählten Rennfahrersprache zu bleiben – den Turbo und verordnet der Justiz ein "legales Tuning": Verfahren werden beschleunigt, Verteidigerrechte bei Gutachten gestärkt, es gibt den neuen Begriff "Verdächtiger" und in Bagetellfällen den Wegfall einer Verhandlung – das Urteil kommt per "blauem Brief".

"Need for speed" nennt der Minister sein Hauptanliegen – die Verfahrensbeschleunigung. Bei "seriösen Ratings im internationalen Vergleich unter den Top 5" zu sein, ist ihm zu wenig, "solange es noch Verfahren gibt, die zehn Jahre und länger dauern". Künftig bekommt die Staatsanwaltschaft also ein Zeitlimit für Ermittlungstätigkeiten von drei Jahren. Reicht das nicht aus, muss ein Gericht über eine mögliche Verlängerung von zwei Jahren entscheiden. Dies ist nicht nur einmal möglich. Die Dauer für Rechtshilfeersuchen ist davon ausgenommen.

Im Ermittlungsverfahren wird künftig zwischen Verdächtigem und Beschuldigtem unterschieden. Die Nutzung "allgemein zugänglicher Informationsquellen" wie Internet gilt noch nicht als "Ermittlung", zum Beschuldigten wird ein Verdächtiger erst durch eine konkrete Verdachtslage.

Neu eingeführt wird ein Mandatsverfahren. Bei Bagatellverfahren kann ein Gericht 1. Instanz auf Antrag der StA auf eine Hauptverhandlung verzichten, das Urteil heißt dann Strafverfügung und wird per RSa-Brief zugestellt. Diese kann vom "Verurteilten" binnen 14 Tagen ohne Begründung beeinsprucht werden – dann gibt es eine "normale" Gerichtsverhandlung.

Auch in der "Gerichtsphase" gibt es einige Neuerungen, wie etwa den zweiten Berufsrichter bei Schöffenverhandlungen. Dieser war bei der letzten Reform gestrichen worden, die dadurch eingesparten elf Planstellen hat man bei den Budgetverhandlungen wiederbekommen. Jetzt soll aber die Unterstützung im Talar nur bei "komplexen Verfahren" wiederkommen, wie Minister Brandstetter betont.

Eine wesentliche Änderung gibt es bei den Sachverständigen. Beschuldigte und deren Verteidiger können nun gemeinsam mit dem Gericht einen Gutachter vorschlagen, die Staatsanwaltschaft muss begründen, wenn sie dem Vorschlag nicht folgen mag. Privatgutachten werden zum Akteninhalt. Auf lange Sicht will der Minister auf hauseigene Sachverständige im Ermittlungsstadium setzen.

Mehr Geld gibt es auch, und zwar für Pflichtanwälte. Deren Kostenersätze wurden mehr als verdoppelt, aber nur im Falle eines Freispruches des Angeklagten. Geregelt wurde auch die Öffentlichkeitsarbeit der StA, damit will man Amtsmissbrauchsklagen vermeiden. Die StPO-neu soll im Sommer in Kraft treten.

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