"Krone"-Interview

Triggerfinger: “Wir haben um das Album gebettelt”

Musik
09.05.2014 17:00
Mit dem Lykke-Li-Cover "I Follow Rivers" haben die Belgier Triggerfinger vor wenigen Jahren den ganz großen Durchbruch geschafft und auch in Österreich Platz eins der Single-Charts belegt. Nach jahrelangen Touren konzentrierte sich das Trio rund um den charismatischen Sänger Ruben Block wieder auf neues Material - das Ergebnis nennt sich "By Absence Of The Sun" und steht seit Kurzem in den Regalen. Wir sprachen mit Drummer Mario Goossens über die veränderte Stimmung innerhalb der Band, die familiäre Arbeitsweise und Kinderbücher.
(Bild: kmm)

"Krone": Mario, mit "By Absence Of The Sun" erschien unlängst euer neues Studioalbum, das eine gute Mixtur aus Pop, Blues und Stoner Rock ist. Dennoch klingt das Album eingängiger als der Vorgänger "All This Dancin' Around". Wie siehst du das?
Mario Goossens: Es sind jedenfalls mehr Melodien darin, das letzte Album war Blues-lastiger. Wir haben beim Erschaffen des Albums gar nicht daran gedacht, ob es jetzt poppiger ist oder nicht, sondern nur darauf geschaut, ob es uns gefällt. Außerdem ist Rubens Stimme noch besser als zuletzt. Sie ist viel organischer und stimmt sich auf die Melodien ein. Es ist eine Evolution für uns und eröffnet uns selbst und den Fans mehr Aspekte. "By Absence Of The Sun" ist nicht unbedingt Mainstream, aber variiert stärker in allen Bereichen.

"Krone": Ist es nicht einfacher, mit dem derzeit großen Erfolg im Rücken stärker zu experimentieren?
Goossens: Der Erfolg von "I Follow Rivers" hat da nicht viel dazu beigetragen. Diesen Sound hätten wir auch ohne diesen Song so hinbekommen. Der "I Follow Rivers"-Erfolg war eine Art glücklicher Unfall, der es ins Radio geschafft hat. Solange wir drei innerhalb der Band mit der Musik einverstanden sind, ist es okay – völlig egal, wie sie klingt. Wir lieben einfach das Musikmachen und alles fließt einfach aus uns heraus.

"Krone": "I Follow Rivers" war nicht nur, aber auch hier bei uns in Österreich lange Nummer eins. Wie seid ihr, nach so vielen Jahren im Musikgeschäft, mit diesem plötzlichen Erfolg umgegangen?
Goossens: Wir haben den Song in einer halben Stunde geschrieben und plötzlich war er in vielen Ländern Nummer eins. Das war natürlich überraschend, aber wir haben es einfach genossen und uns nicht viel dabei gedacht. Für uns war das gar kein Hype. Wir waren gerade auf Tour und plötzlich schoss der Song durch die Decke. Das Schönste daran ist ja, dass die Menschen ihn zu so einem Hit machten. Keine Plattenfirma und kein Marketingbüro waren dafür verantwortlich – nur die Leute, die Musik lieben. Das ist eine unglaubliche Ehre für uns und wir können den Menschen nicht genug danken, weil uns dieser Erfolg in so vielen Bereichen geholfen hat. Wir genießen das einfach und haben uns nie den Kopf darüber zerbrochen.

"Krone": Rockstar-Allüren haben sich also keine gebildet?
Goossens: Um Gottes Willen (lacht). Wir lieben es, Musik zu machen und leben nicht in all diesen Rockstar-Klischees. Daran glaube ich nicht. Ich spiele einfach gerne und gehe dann nach Hause zu meiner Familie und hoffe, dass dort alles okay ist. Das macht mich glücklich. Ich habe diese zwei Welten und die lassen sich kombinieren. Auch wenn es manchmal schwierig ist.

"Krone": Ihr wart zuletzt an die drei Jahre fast durchgehend unterwegs auf Tour. Wird das nicht zu viel?
Goossens: Natürlich. Nach drei Jahren wirst du verdammt müde - du bist ja wirklich konstant entfernt von deinem Zuhause. Andererseits spielst du aber live und verdienst dein Geld mit Musik – also machst du genau das, was du dein ganzes Leben lang machen wolltest. Du fühlst dich in jedem Job manchmal schlecht oder es wird dir zu viel. Das Schlimmste in diesen drei Jahren war für uns aber, dass wir ein neues Album machen wollten und einfach keine Zeit dafür hatten. Wir haben unseren Manager angebettelt, dass er uns eine kleine Tourpause gibt, um ein neues Album schreiben zu können (lacht). Wir haben dann ein halbes Jahr bekommen und als wir fertig waren, sofort wieder um neue Shows gebettelt (lacht). Wenn ich das mein restliches Leben so machen kann, dann wäre ich wirklich der glücklichste Mensch der Welt.

"Krone": Es ärgert euch also nicht, dass ihr den großen internationalen Durchbruch nicht mit einem eigenen Song geschafft habt?
Goossens: Nein, wir waren ja schon vor dieser Single dauernd unterwegs und haben viele Konzerte gespielt. Wir waren vielleicht nicht die Nummer eins in den Charts, aber sehr gut im Rennen. Klar haben sich durch die Single neue Türen geöffnet, aber so viel hat sich gar nicht geändert. Wir sind immer noch die gleichen drei Typen auf der Bühne und die gleichen drei Techniker, die wir immer schon auf Tour dabei hatten. Das ist für uns der größte Erfolg überhaupt. Es geht nicht nur um den Verkauf, sondern auch um das Glück, den absolut richtigen Job zu machen.

"Krone": Seid ihr drei in der Band wirklich so dick miteinander?
Goossens: Ja, das ist wirklich so. Wir gehen völlig demokratisch vor, das ist nicht immer einfach, aber es geht seit 15 Jahren sehr gut. Wir kennen uns einfach gut und jeder kann ganz ehrlich seine Meinung kundtun. Jeder weiß, was seine Aufgaben sind. Das hatte ich früher nie – es gibt meist einen, der die Band führt, aber nicht bei Triggerfinger. Auch bei Interviews sind wir entweder alle drei zusammen oder wir teilen uns fair auf. Überall anders versucht dich das Management bei Erfolg bis ins Unendliche zu pushen und dich abzukapseln. Aber bei uns ist alles noch gleich – unsere Crew ist unser heiliger Gral. Wir sind glücklich, wenn wir zusammen sind, und lassen uns auch nicht lösen. Wir brauchen keine 20 Leute mehr, weil wir größere Hallen spielen, das ist nicht nötig.

"Krone": Das klingt alles extrem familiär.
Goossens: Unsere Kinder nennen die jeweils anderen auch Onkel. Meine Tochter sagt immer Onkel Ruben und Onkel Paul zu meinen Freunden. Wir sind wirklich eine Familie – ich bin länger mit den Jungs zusammen als mit meiner Freundin (lacht). Das erklärt doch einiges.

"Krone": Lass uns zum Album kommen. Du hast schon den Tour- und Albumstress angesprochen. Handelt der Song "There Isn't Time" davon?
Goossens: Jeder kann sich sein eigenes Bild aus den Texten machen. Du könntest schon recht haben, aber du kannst dir auch ein ganz anderes Bild daraus formen. Du kriegst dadurch so viele verschiedene Sichtweisen der Menschen. Ich mag das sehr gerne.

"Krone": Ein übergeordnetes Konzept findet also nicht statt?
Goossens: Viele Leute glauben, "By Absence Of The Sun" dreht sich um dunkle Dinge. Du kannst das aber auch so sehen, dass die Sonne untergeht, die Nacht hereinbricht und die Partyzeit beginnt.

"Krone": Euer sehr mondänes Coverfoto finde ich besonders interessant. Ihr sitzt da so gentlemenlike in einem farblich prägnanten Hotelzimmer.
Goossens: Es ist eine alte Suite in einem Hotel in Brüssel. Wir sind sehr stark von Stanley Kubrick inspiriert und irgendwie spiegelte dieser Stil seine Schaffenszeit wider. Das Foto hat Kevin Westenberg gemacht, der auch für das Cover von Soundgardens "Superunknown" verantwortlich zeichnet. Wir wussten sofort, dass dieses Motiv perfekt ist. Es hat auch etwas von David Lynch – man würde auch nicht erwarten, dass eine Rock-'n'-Roll-Band so ein Foto aufs Cover packt. Wir waren wirklich sprachlos, wie gut er uns in Szene setzen konnte, und jeder Einzelne von uns dreien war von Anfang an begeistert.

"Krone": Viele Songs erinnern mich an die Queens Of The Stone Age. Waren sie ein großer Einfluss für dieses Album?
Goossens: Ich glaube, wir sind ziemlich im gleichen Alter. Wenn du also zu Josh Homme nach Hause gehen würdest, würdest du bei ihm dieselben Platten wie bei mir finden (lacht). Ich weiß, dass er ein großer Cream-Fan ist, genau wie wir. Wir mögen auch Black Sabbath oder Deep Purple und Pop-Musik wie Talk Talk und Roxy Music. Man muss sich ja nicht auf ein Genre festlegen.

"Krone": Völlig unüblich im Musikgeschäft ist, dass ihr erst so spät berühmt geworden seid. Während andere mit 20 oder 25 durchstarten, befindet ihr euch in den 50ern. Gab es da niemals die Überlegung, nach so vielen Jahren im Underground vielleicht einmal den Hut draufzuhauen?

"Krone": Hättest du auch einen Plan B, sollte es mal nicht funktionieren?
Goossens: Natürlich, ich würde einfach Schlagzeugunterricht geben. Ich hatte mit 25 meine eigene Schule und außerdem produziere ich gerne und habe immer Projekte gemacht. Auch wenn wir jetzt nicht touren, springe ich oft als Sessiondrummer ein oder produziere Sachen. Ich schreibe auch an einem Kinderbuch. Es geht einfach darum, kreativ zu sein und etwas zu tun, anstatt zu warten und nur Popstar zu sein (lacht).

"Krone": Würdest du deiner Tochter einmal den Rat geben, in das Musikgeschäft einzusteigen?
Goossens: In erster Linie soll sie machen, was sie glücklich macht – dabei werde ich sie auch immer unterstützen. Auch wenn das das Musikgeschäft sein soll. Solange es ihr aber gutgeht und sie weiß, dass ihr Vater glücklich ist, ist alles in Ordnung.

"Krone": Letztes Jahr habt ihr im Londoner Hyde Park für die Rolling Stones eröffnet, was ihr heuer bei eurer Show im belgischen Werchter erneut tun werden. Wie war diese Erfahrung für euch? Seid ihr überhaupt an die Band rangekommen?
Goossens: Die bekommst du nicht zu Gesicht (lacht). Die haben so viel Security, du siehst sie nicht einmal backstage. Ich kenne Geschichten von anderen Bands, in denen sie sie zwar sehen, aber das ist eine Meet-&-Greet-Atmosphäre. Du stellst dich in die Mitte, kriegst ein Foto und weg bist du. Aber natürlich wird die Show der Wahnsinn, sie sind seit 50 Jahren die größte Rockband und es ist eine große Ehre für uns, mit ihnen aufzutreten. Sie waren schon da, als ich auf die Welt kam, und sind es noch immer.

"Krone": Sie sind im Prinzip aber diese Art von Rockstars, die ihr nicht werden möchtet.
Goossens: Das hat bei ihnen schon seine Berechtigung. Die sind doch Weltstars, seit sie ungefähr 20 Jahre alt waren. Das sind ganz andere Erfahrungen als unsere. Sie sind seit 50 Jahren die größte Band und hatten immer ein großartiges Management. Bei uns herrscht eine ganz andere Ausgangsposition.

"Krone": Im Zuge eurer Europatour kreuzt ihr am 14. Mai auch Wien. Was dürfen wir uns erwarten?
Goossens: Es wird rocken (lacht). Wir haben einige neue Songs und viele Überraschungen vorbereitet. Wir haben gerade geprobt und sind selbst ganz begeistert. Es wird den Besuchern mit Sicherheit gefallen.

"Krone": Kannst du dich an eine spezielle Österreich-Show erinnern?
Goossens: Ich kann mich gut an das Nova Rock 2012 erinnern und an einen wirklich guten Club-Gig in Wien. Die Show war ausverkauft und in der ersten Reihe waren so viele junge Mädchen, die für "I Follow Rivers" da waren. Dann machten wir uns schon Sorgen und nach dem ersten Song waren sie etwas verängstigt. Ein paar Nummern später haben sie aber den Groove gefunden und mitgeschrien – das ist das Schöne an unseren Auftritten. Viele Leute kommen für den einen Song, aber am Ende der Show kommen sie zu unserem Merch-Stand und sind völlig begeistert davon, dass wir einfach so unterschiedliche Songs haben (lacht). Das haben wir schon von Anfang an so praktiziert. Eine Show zu machen, bei der wir genug Selbstvertrauen ausstrahlen, um die Leute auch mitreißen zu können, die uns nicht so gut kennen.

Triggerfinger werden ihr neues Album und den Top-Hit "I Follow Rivers" am 14. Mai in der Szene Wien vorstellen. Karten erhalten Sie im "Krone"-Ticketshop oder unter 01/960 96 999.

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