CD-Rezension

Die Black Keys leiten von der Depression ins Glück

Musik
08.05.2014 17:00
Drei Grammys und drei Jahre nach ihrem gefeierten Durchbruchsalbum "El Camino" meldet sich das Indie-Blues-Rock-Duo The Black Keys mit "Turn Blue" tatkräftig zurück. Anstatt das bisherige Erfolgsrezept leidvoll zu wiederholen, haben Dan Auerbach und Patrick Carney genug Mut aufgebracht, um mit einer interessanten Mischung aus psychedelischen und eingängigen Sounds aufzuwarten.
(Bild: kmm)

"El Camino" war vor drei Jahren so etwas wie das späte Opus Magnum des US-Blues-Rock-Duos The Black Keys. Sieben Studioalben und zehn Jahre bedurfte es, bis Sänger/Gitarrist Dan Auerbach und Drummer Patrick Carney ein Werk zusammenstoppelten, das vom Underground und Mainstream gleichsam abgefeiert wurde, und es zuwege brachte, dass sich eine Show im ehrwürdigen New Yorker Madison Square Garden in 15 Minuten ausverkaufte. Ein ungewohntes Gefühl für das schüchterne Duo, das sich für den Nachfolger "Turn Blue" ganze drei Jahre Zeit ließ und damit einmal mehr die selbsterbauten Soundwände einreißt und mit neuem Facettenreichtum punktet.

Mut zur Länge
Schon das paralysierende Cover-Artwork gibt die Richtung der Black Keys anno 2014 vor – psychedelisch, experimentell und klanglich ganz den großen Alten aus der Zeit der freien Liebe zugetan. Da verwundert es auch nicht, dass der Opener "Weight Of Love", der längste Track in der Bandgeschichte, mit seinen Doors-Reminiszenzen das frühe Album-Highlight darstellt. Es zeugt von Mut und Selbstbewusstsein, den Hörer mit einem Siebenminüter auf die Reise zu schicken, doch wenn so geschickt mit kalifornischen Wüstenklängen und ausbrechenden Soli changiert wird, ist die halbe Miete bereits früh eingefahren.

Den experimentellen Weg beschreitet das Ohio-Duo auf "Turn Blue" besonders oft und gerne – klar hörbar auch beim Sound-Monolith "It's Up To You Now", eine Ode an die Selbstständigkeit, in der sich Carneys wuchtige Drums mit der markanten Singstimme Auerbachs zu einer transzendental wirkenden Jam-Session vermischen. Der Titeltrack gerät etwas eingängiger und lässt dem guten alten Blues-Rock Platz zum Atmen, begeht aber glücklicherweise trotzdem nicht den Fehler, mit klanglicher Einfältigkeit zu langweilen.

Das heilige Triumvirat
Die Black Keys können aber auch anders. Es muss nicht immer verschroben und vertrackt durch den Äther pulsiert werden, auf "In Time" und "Year In Review" entführen sie ihre Fans auf eine kokette Reise in die sonnige Leichtfüßigkeit, vermischen Funk- mit knochentrockenen Rock-Anklängen und erinnern ironischerweise genau hier stärker an die längst verblichenen White Stripes, als sie es wahrscheinlich selbst für möglich hielten.

Den Fehler, die Black Keys allzu stark mit Jack und Meg White in Verbindung zu setzen, sollte man aber tunlichst umgehen, denn wo beim falschen Geschwisterpaar die biedere Eingängigkeit Trumpf ist, herrscht bei den Black Keys Neugierde. Neugierde nach neuen Soundkonstrukten, nach Veränderung und nach frivoler Eigenständigkeit – eben das heilige Triumvirat innovativer Künstler.

Schwächen bei der Eingängigkeit
Schwächen zeigen die Jungs interessanterweise dann, wenn sie sich auf Party besinnen. Hörbar vor allem in der ersten Single-Auskoppelung "Fever", die sich nur vorgeblich eingängig im 60er-Jahre Rock/Pop suhlt, aber schon nach dem zweiten Durchlauf Längen aufweist und den durchaus adäquaten Qualitätsstandard des restlichen Materials ad absurdum führt. Besser funktioniert das beim abschließenden "Gotta Get Away", einem aus dem Nichts kommenden Happy-Rock-Song, der das Werk mit seiner unbändigen Fröhlichkeit so kurios beschließt, wie es begann.

Führen uns die Black Keys also von der Depression ins Glück oder von der Wüsteneinöde in die pulsierende Großstadt? Egal – sie klingen unverbraucht und verhinderten den Fehler, ein zweites "El Camino" zu produzieren. Das reicht zwar vielleicht nicht mehr für drei Grammys, hat aber eine attraktive Langzeitwirkung.

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