"Nicht mit uns"

Mutter von Sofia schrieb Buch über ihre Flucht

Österreich
05.04.2014 20:13
Unter dem Titel "Nicht mit uns" hat Doris Povse, Mutter der im grenzüberschreitenden Sorgerechtsstreit bekannt gewordenen siebenjährigen Sofia aus Niederösterreich, ein soeben erschienenes Buch geschrieben. "Ich gehe an die Öffentlichkeit, weil Obsorgestreitigkeiten nach wie vor ein Tabuthema sind", sagte Povse im Gespräch mit der APA.

In dem Buch schildert sie die Flucht mit ihrer Tochter nach Spanien im vergangenen Sommer vor der Vollziehung eines rechtskräftigen Rückführungsurteils zum Vater nach Italien. Sie habe versucht, das Erlebte zu verarbeiten und gleichzeitig aufzuzeigen, dass "nicht alles schwarz und weiß" ist, betonte Povse. Am 24. Juli 2013 hätte die Siebenjährige von einem Gerichtsvollzieher von ihrem Zuhause in Niederösterreich abgeholt und zu ihrem leiblichen Vater nach Italien gebracht werden sollen. Dem Italiener war zuvor in sämtlichen Instanzen - auch auf europäischer Ebene - das Sorgerecht für Sofia zugesprochen worden.

Doris Povse hatte sich 2008, zwei Jahre nach der Geburt der Tochter, von dem Mann getrennt und war mit dem Kind aus Italien nach Österreich zurückgekehrt. Daraufhin entbrannte ein Sorgerechtsstreit. Der Italiener zeigte die Österreicherin unter anderem wegen Kindesentführung an. Als Sofias Mutter wenige Tage vor der gerichtlich angeordneten Rückführung keinen anderen Ausweg mehr sah, ihre Tochter zu schützen, beschloss sie mit der Siebenjährigen unterzutauchen. "Wenn ich jetzt darüber spreche, kommt es mir vor, als wäre das alles nicht passiert."

In sechs verschiedenen Verstecken Zuflucht gefunden
Vier Wochen waren Mutter und Tochter auf die Hilfe wohlmeinender Fremder angewiesen und fanden in insgesamt sechs verschiedenen Verstecken Zuflucht. Während vor dem österreichischen Bundeskanzleramt Menschen für sie demonstrierten, flüchteten sie schließlich über Frankreich nach Spanien und kehrten dann im Privatjet des Milliardärs Frank Stronach in ihre Heimat zurück. Es gehe nicht nur um ihre persönliche Geschichte, so Povse. In Europa gebe es immer mehr internationale Partnerschaften, und die Problematik der Obsorge im Fall einer Trennung nehme zu, aber nur wenige würden darüber sprechen. "Es ist absurd, dass man innerhalb Europas keine Grenzen mehr hat, aber, wenn man mit dem eigenen Kind die Grenze passiert, zum Kinderentführer wird."

Aus diesem Grund hat Povse im vergangenen November den Verein "Sofia" zur Wahrung der Kinderrechte in (inter)nationalen Obsorgestreitigkeiten gegründet. Derzeit sei man auf der Suche nach Sponsoren. Der Verein soll vor allem die Rechte von Kindern schützen - auch im Umgang mit den Jüngsten unserer Gesellschaft. In der Zwischenzeit hat sich auch der Sorgerechtsstreit um die eigene Tochter etwas entspannt. Die Siebenjährige habe ihren Vater kennengelernt und es gebe einen regelmäßigen Kontakt, so die Autorin. "Ich möchte, dass die beiden ein normales Verhältnis zueinander aufbauen - unabhängig was zwischen mir und dem Vater passiert ist."

Nach wie vor keine endgültige Entscheidung des Gerichts
Noch gab es aber keine endgültige Entscheidung des Gerichts in Venedig über den Verbleib der Tochter. Zuletzt wurde eine Verhandlung über die Rückführung auf April vertagt. Nähere Angaben dazu wollte Doris Povse nicht machen, da es sich um ein laufendes Verfahren handle. Nur so viel: "Es geht in die richtige Richtung."

Die Liebe zum Land Italien sei ihr aber trotz aller Umstände nicht verloren gegangen - ganz im Gegenteil: "Wenn ich italienische Musik höre, bekomme ich Sehnsucht." Sofia soll ihre zweite Heimat kennenlernen. Während die Angst, das Kind zu verlieren, ein wenig nachgelassen habe, bleibe die Furcht, dass "das Ganze neuerlich eine andere Wende nimmt", bestehen. Dennoch schöpft die Mutter ihre Kraft aus den alltäglichen, kleinen Erlebnissen, die vor Kurzem noch undenkbar erschienen: "Wenn ich mit meinen Kindern am Wochenende einen Ausflug machen kann oder einfach mit ihnen draußen spazieren gehe, sind das für mich die glücklichsten Momente."

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