EU-Kommissar Hahn:

“Was Putin da gemacht hat, ist zu verurteilen”

Österreich
02.03.2014 14:30
"Maßlos enttäuscht" ist EU-Regionalkommissar Johannes Hahn vom Vorgehen des russischen Präsidenten Wladimir Putin im Konflikt mit der Ukraine. In der ORF-"Pressestunde" sagte Hahn am Sonntag im Hinblick auf die Eskalation auf der ukrainischen Krim: "Was Putin da gemacht hat, ist auf das Schärfste zu verurteilen." Thematisiert wurden zudem die Hypo-Alpe-Adria-Bank und die EU-Wahlen.

Hahn verwies auf die wirtschaftlichen Probleme Russlands und meinte: "Was Russland sichtlich noch nicht verstanden hat, ist: Wir sind in einer multipolaren Welt angekommen, wo die Dinge so verwoben und verquickt sind, dass derartige Maßnahmen vollkommen kontraproduktiv - auch für das russische Volk - sind."

"EU-Beitritt der Ukraine weit entfernt"
Das Ausmaß etwaiger EU-Hilfe für die Ukraine wird laut Hahn von einer Expertengruppe unter Beteiligung der Weltbank erhoben, die in der kommenden Woche nach Kiew reisen werde. Das Assoziierungsabkommen der EU mit Kiew, dessen Nicht-Abschluss durch Präsident Viktor Janukowitsch letztlich der Auslöser für den Umsturz im Land war, ist für Hahn jedenfalls nicht vom Tisch: "Die Tür ist nicht verschlossen, unser Angebot steht." Jegliche Überlegungen hinsichtlich eines EU-Beitritts der Ukraine hält er dagegen für völlig unrealistisch: "Davon sind wir weit entfernt."

Hahn erwartet keine Engpässe bei der Gasversorgung
Hahn erwartet indes keine neue Gas-Versorgungskrise in Europa im Zusammenhang mit dem Konflikt zwischen Russland und der Ukraine. Auch Russland sei abhängig davon, dass ihm das Erdgas abgenommen und bezahlt werde. Ziel der EU müsse es jedenfalls sein, die Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten zu reduzieren.

Abstimmung über VP-Kandidaten "kluge" Entscheidung
Beim Thema EU-Wahl nutzte Hahn die Gelegenheit, um die Kandidatenliste der ÖVP zu verteidigen. Er attestierte Parteichef Michael Spindelegger, mit der Abstimmung über die Kandidaten "extrem klug gehandelt" zu haben. Dass über die Kandidaten öffentlich diskutiert wurde, damit hat Hahn "kein Problem". Über die Reihung abstimmen zu lassen, sei eine "solide Entscheidung" gewesen. Einen Schaden für den Parteiobmann kann Hahn jedenfalls nicht erkennen. Dass nicht alle mit dem Ergebnis glücklich sind, ist für ihn klar - es habe aber keine Alternative gegeben, wenn man nicht "drüberfahren" wollte.

Hahn hat auch Verständnis dafür, dass die Steirer nun sauer sind, weil Beatrix Karl nur an vermutlich aussichtsloser sechster Stelle gereiht ist. Er glaubt jedoch, dass sie am Ende des Tages zur Einsicht gelangen werden, dass eine starke ÖVP in Brüssel auch positiv für die Steiermark sei.

Othmar Karas hält Hahn für den "mit Abstand besten" Spitzenkandidaten für die ÖVP. Die Einschätzung, dass Karas nur durch eine Drohung mit einer eigenen Liste diese Position erreicht habe, teilt der Kommissar nicht. Seinen Posten als EU-Kommissar würde Hahn übrigens gerne weiter behalten.

Für eine "etwas skurrile Diskussion" hält Hahn Überlegungen, wonach die stimmenstärkste Partei bei der EU-Wahl auch den österreichischen Kommissar stellen sollte.

Hypo: Regierung muss sich für ein Konzept entscheiden
Bei der maroden Hypo-Alpe-Adria-Bank sieht Hahn die österreichische Regierung am Zug. "Zuerst brauchen wir die kristallklare eindeutige Analyse Österreichs, damit Brüssel dazu Stellung nehmen kann", sagte er. Wenn der österreichische Abwicklungsplan über den schon gefällten Beihilfenbescheid der EU hinausgehe, werde man sich in Brüssel auch damit beschäftigen müssen. Bis zu 11,7 Milliarden Euro Beihilfen und bis zu 5,4 Milliarden Euro neue Eigenmittel bis 2017 seien im EU-Beihilfenverfahren 2013 schon genehmigt worden.

Kritik am bisherigen Vorgehen der Regierung bzw. der vorigen Regierung, dass man zu lange abgewartet habe, wollte sich der frühere ÖVP-Politiker Hahn nicht entlocken lassen. Angesprochen auf einen mahnenden Brief von EU-Kommissar Joaquin Almunia an die damalige Finanzministerin Maria Fekter vom Mai 2013, dass das Verfahren eines der längsten in der EU sei, meinte Hahn allerdings, zu diesem Zeitpunkt sei das richtig gewesen. Ab diesem Zeitpunkt habe man dann "intensiv an der Lösung des Problems gearbeitet".

"Europa befindet sich auf dem Weg der Erholung"
Angesprochen auf das am Freitag bestätigte Triple-A-Rating der Republik Österreich durch die US-Ratingagentur Moody's meinte Hahn, Europa befinde sich insgesamt auf dem Weg der Erholung. Auch das nationale Defizit Österreichs - jenseits der Hypo - sei deutlich gesunken, die makroökonomischen Daten seien gut, zum Teil sehr gut. Österreich sei eingebettet in die gesamteuropäische Erholungsphase, "da ist es relativ naheliegend, dass Moody's zu diesem Schluss kommt". Moody's hatte die Bestnote für Österreichs Bonität bestätigt und den Ausblick von negativ auf stabil angehoben.

Viel Kritik von der Opposition
Hahn stieß mit seinen Aussagen auf heftige Kritik bei der Opposition. "Hahn hat heute seine Ahnungslosigkeit offenbart und sich als EU-Kommissar endgültig disqualifiziert. Seine Tage in der EU werden bald gezählt sein", meinte Harald Vilimsky von der FPÖ in einer Aussendung. Hahn habe nichts Konkretes gesagt und sei allen wichtigen Fragen ausgewichen - quasi nach dem Motto: "Mein Name ist Hahn, ich weiß von nichts." Der FPÖ-Generalsekretär bekräftigte die Forderung, dass die nach der EU-Wahl stärkste Partei Österreichs auch einen Anspruch auf einen EU-Kommissar haben müsse.

Die Grüne Ulrike Luncek forderte Hahn auf, sich der EU-Wahl zu stellen, wenn er weiter EU-Kommissar bleiben wolle. Für die Grünen sei klar, dass nur Kandidaten für die EU-Wahl als Kommissar nominiert werden sollen. An die ÖVP richtete die Vizepräsidentin der Grünen im EU-Parlament die Aufforderung, "mit offenen Karten" zu spielen. Es müsse klargemacht werden, wer aus Österreich in die EU-Kommission gehen möchte, und es dürfe nicht nachher "aus innenpolitischen Überlegungen irgendjemand aus dem Hut gezaubert" werden. "Parteipolitischem Postenpoker darf kein Platz gelassen werden."

Für Team-Stronach-Klubobfrau Kathrin Nachbaur bestätigten die Aussagen Hahns "die EU-Skepsis der Österreicher". Ihrer Ansicht nach ist die "Institution EU zu einem Bürokratie-Moloch mit einem gewaltigen Demokratiedefizit geworden".

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