"Krone"-Klartext

Sieben schonungslose Antworten zum Hypo-Desaster

Wirtschaft
21.02.2014 17:00
Fast täglich andere Zahlen, neue Schuldzuweisungen und seltsame Ideen. Beim Hypo-Desaster kennt sich bald keiner mehr aus. Die "Krone" hat sieben brennende Fragen zum Thema formuliert und versucht, sie ehrlich und schonungslos zu beantworten.

Bis wann steht die Anstaltslösung?
Selbst wenn man sich politisch in den nächsten Wochen auf ein Modell einigt, geht die Umsetzung nicht von heute auf morgen. Man braucht ein eigenes Gesetz für die Anstalt. Vermögenswerte in Milliardenhöhe müssen übertragen werden. Das wird jedenfalls bis Sommer dauern.

Man spricht immer von einer Bad Bank, obwohl ein Sinn dieser Lösung ist, dass die Anstalt eben keine Bankkonzession hat und daher nicht den strengen Eigenkapitalvorschriften für Banken unterliegt. In dem Fall reicht es, dass die Republik haftet. Solange das nicht über die Bühne ist, muss der Eigentümer (also der Bund) weiter das Eigenkapital bei der Hypo ersetzen, das durch Abschreibungen in der Bilanz vernichtet wird. Bisher: 3,6 Milliarden Euro.

Was kostet die Abwicklung?
Sobald die Anstalt ihren Betrieb aufnimmt, werden die dort geparkten Geschäfte (Volumen vermutlich 13 Milliarden Euro) über einen längeren Zeitraum geordnet beendet. Dass das über Jahre geht, hat den Vorteil, dass man bei den Vermögenswerten, die den Krediten gegenüberstehen (z.B. Immobilien), den optimalen Zeitpunkt für einen bestmöglichen Verkauf finden kann.

Das Portfolio (die "faulen" Kredite) wurde von der Bank in den letzten Jahren ohnedies bereits mehrmals abgewertet, sodass einfach ausgedrückt vom Wert 100 nur noch 50, 60 oder 70 übrig sind. Ein weiterer Verlust entsteht erst, wenn die Beendigung des Geschäftes nur noch tiefer als zum aktuellen Buchwert möglich ist. Prognosen sind bei Vermögenswerten schwierig, außer jemand weiß genau, wie viel z.B. eine Immobilie in der Zagreber Innenstadt im Jahr 2018 wert sein wird. Hypo-Chef Alexander Picker und der nunmehr ehemalige (siehe Infobox) Aufsichtsrat Klaus Liebscher behaupten, dass das weitere Verlustpotenzial bei maximal vier Milliarden Euro liegt, und das auf mindestens zehn Jahre verteilt.

Gibt es weitere Risiken?
Leider ja, denn der Teil, der in der Rest-Hypo bleibt, muss aufgrund der EU-Auflagen bis Ende 2015 verkauft werden. Findet sich bis dahin kein Käufer für die Töchter in Südosteuropa, die das zahlen, womit diese Firmen jetzt in der Bilanz bewertet werden, entsteht neuerlich ein Abschreibebedarf und damit ein Verlust im vermutlich dreistelligen Millionenbereich. Im besten Fall bleibt sogar Geld übrig, das man gegen die Kosten bei der Anstalt gegenrechnen kann.

Ist von den Bayern Geld zu holen?
Der Rechtsstandpunkt der Österreicher ist, dass die Hypo als schwerer Sanierungsfall zu betrachten ist und daher Kredite eines früheren Eigentümers (der Bayern LB) wie Eigenkapital zu bewerten sind und einbehalten werden. Dabei geht es um über zwei Milliarden Euro, die noch offen sind. Ursprünglich waren es sogar fünf Milliarden Euro, ein Teil wurde (leider) schon zurückbezahlt. Man kann hier warten, wie das Gericht entscheidet, oder einen Vergleich anstreben. Vieles spricht dafür, zum "Drüberstreuen" auch noch eine Klage einzubringen, weil die Bayern LB vor der Notverstaatlichung 2009 Österreich über die Risiken bei der Hypo unzureichend informiert hat. Klar dürfte sein, dass Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer als Eigentümervertreter freiwillig wohl kaum zahlen wird.

Kann man den Steuerzahler noch entlasten?
Wirklich sinnvolle Ideen sind kaum zu finden. Es klingt zwar populär, dass die Zeichner von Hypo-Anleihen oder andere Bundesländer mitzahlen sollen, doch zwingen kann man sie nur durch die Pleite der Bank. Das wäre gefährlich. Es hat schon seinen Grund, warum alle vernünftigen Kräfte in diesem Land eine Hypo-Pleite immer abgelehnt haben. Denn das könnte ein Finanz-Erdbeben auslösen: Anleihen, die mit Garantie der öffentlichen Hand (in dem Fall des Landes Kärnten) gezeichnet wurden, wären nichts mehr wert. Das würde Österreichs Ruf ruinieren. Andere Institute wie die (gesunden) Landes-Hypos könnten den Ausfall nicht verkraften, wären selber Pleite. Die Sparer würden nervös, sie würden Geld abheben, und flugs wäre die ganze heimische Bankenwelt in einer Megakrise, die die Grundfesten des Staates bedroht. Nein, danke!

Gibt es "Schuldige" zu finden?
Seit 2009 wurde nichts anderes getan. Eine "CSI Hypo" untersuchte monatelang Hunderte Geschäftsfälle der Hypo, erstattete Dutzende Anzeigen, es gab erste Prozesse und auch Urteile. Auch ein Misserfolg hat viele Väter. Manager, die sich selbst und den Markt überschätzten. Politiker, die nichts von Banken verstehen. Ausländische Eigentümer (aus Bayern), die mit der Hypo endlich die Erfolge in Osteuropa feiern wollten, um die sie andere Institute beneideten. Das Hypo-Desaster hat viele Ursachen, und natürlich ist es unbefriedigend, dass nicht wie in Hollywoodfilmen am Ende alle Schuldigen bestraft werden können.

Macht ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss Sinn?
Die Opposition würde sich freuen, die Medien hätten ihre Show. Aber in der Sache selbst würde es kaum etwas bringen. Außerdem gab es im Kärntner Landtag bereits zwei U-Ausschüsse. Fazit: Die Haider-FPÖ hat mit freundlicher Duldung der anderen Kärntner Parteien die Hypo-Expansion durch die Übernahme exorbitanter Landeshaftungen unterstützt und ermöglicht. Der Rest ist (traurige) Geschichte.

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