Wirbel um Regisseur

Kostet Woody Allen Cate Blanchett den Oscar?

Adabei
24.02.2014 06:00
Selten waren sich Kritiker in ihrem Urteil so einig und stand eine Oscar-Favoritin so früh fest: Schon seit Kinostart von Woody Allens "Blue Jasmine" gilt Hauptdarstellerin Cate Blanchett als gefallene New Yorker Upper-Class-Diva als todsicherer Tipp in puncto Oscar. Inmitten neu aufgeflammter Missbrauchsvorwürfe gegen den Regisseur sehen jedoch viele Konkurrentin Amy Adams aufholen.

Der offene Brief von Dylan Farrow, die ihren Adoptivvater Allen in der "New York Times" erneut des sexuellen Missbrauchs in ihrer Kindheit beschuldigte (siehe Infobox), löste eine mediale Hexenjagd auf den 78-Jährigen aus und erschien pünktlich zur finalen Abstimmungsrunde der Academy-Mitglieder. Die Auszeichnung in der Drehbuch-Kategorie für "Blue Jasmine", laut Kritikern eines der stärksten Werke Allens seit Langem, geriet damit ordentlich ins Wanken - und lenkte die Aufmerksamkeit inmitten der Oscar-Kampagnen auch auf Hauptdarstellerin Blanchett, die von Farrow im Brief direkt angesprochen wird: "Was wäre, wäre es Ihr Kind gewesen?"

Dabei steht für die zum sechsten Mal in der Darsteller-Kategorie nominierten Australierin der erste Hauptrollen-Oscar am Spiel. Erstmals für ihre umjubelte Titelrolle in dem Historienfilm "Elizabeth" (1998) im Rennen, holte sie sich 2004 den Academy Award für ihre Nebenrolle als Katharine Hepburn in Martin Scorseses Biopic "Aviator" ab und überzeugt seitdem regelmäßig auf der Kinoleinwand und der Theaterbühne, ob als Elbenkönigin Galadriel in den "Herr der Ringe"-Verfilmungen, unvergesslich als Bob Dylan in "I'm Not There" oder als Lotte in Botho Strauß' Theaterstück "Groß und klein", das sie auch zu den Wiener Festwochen führte.

Auf Farrows Anschuldigungen reagierte die 44-Jährige gewohnt würdevoll und wünschte der Familie "eine Form von Lösung und Frieden". Ebenso würdevoll wird sie laut Branchen-Insidern trotz Trubels am Oscar-Abend als Siegerin hervorgehen.

Amy Adams als neue Favoritin?
Wenn ihr eine den Triumph streitig machen könnte, dann Amy Adams. Als Einzige in dieser Kategorie ohne Oscar, obwohl zum fünften Mal innerhalb von neun Jahren nominiert, werden ihr für ihre Rolle der verführerischen Sydney im Starensemble von David O. Russells "American Hustle" die bisher besten Chancen zugesprochen. Überzeugte die 39-Jährige bisher in Nebenrollen an der Seite von Leading Men wie dem kürzlich verstorbenen Philip Seymour Hoffmann ("The Master" und "Doubt") oder Mark Wahlberg ("The Fighter"), wird ihr in der Trickbetrüger-Komödie jene Leinwandpräsenz zugesprochen, die sie verdient.

Ihren Durchbruch hatte die in Italien geborene und als Mormonin im US-Bundesstaat Colorado aufgewachsene Adams 2005 in dem an nur 21 Tagen gedrehten Indie-Juwel "Junebug", für den sie auch die erste Oscarnominierung erhielt. Ihr Höhenflug dauert seitdem an: In Tim Burtons Filmbiografie "Big Eyes" mimt sie demnächst die amerikanische Malerin Margaret Keane in deren erbittertem Rechtsstreit gegen ihren Ehemann Walter, verkörpert von Christoph Waltz.

Meryl Streep heuer nur Außenseiterin
Erst kürzlich in Los Angeles reüssiert hat Adams' Co-Star aus "Julie & Julia", Oscar-Queen Meryl Streep. Für "Im August in Osage County" sahnte sie nun die bereits 18. Nominierung ab, gewonnen hat sie allerdings erst dreimal: 1979 als beste Nebendarstellerin an der Seite von Dustin Hoffman im Scheidungsdrama "Kramer gegen Kramer", 1982 als beste Hauptdarstellerin in "Sophies Entscheidung" und zuletzt 2012 für ihre Verkörperung der gefürchteten britischen Premierministerin Margaret Thatcher in "Die Eiserne Lady". In mehr als 40 Filmen hat die 64-Jährige insgesamt mitgewirkt, von Kritikern wird sie meist unter die größten lebenden Filmschauspielerinnen gereiht.

Sidney Pollacks Epos "Jenseits von Afrika" (1985) oder Clint Eastwoods "Die Brücken am Fluss" (1995) zählen zu ihren bekanntesten Filmen. In der Tragikomödie "Im August in Osage County" gibt sie an der Seite der als beste Nebendarstellerin nominierten Julia Roberts die Matriarchin einer dysfunktionalen Familie. Auch die nächste oscarwürdige Rolle ist nicht weit: Im geplanten Film "Suffragette" verkörpert sie die britische Frauenrechtlerin Emmeline Pankhurst.

Sandra Bullock mit "Gravity" im Rennen
Sie hat Meryl Streep schon einmal einen Oscar weggeschnappt: Mit ihrem Sieg für "Blind Side - Die große Chance" vor vier Jahren katapultierte sich Sandra Bullock nach einer langen Reihe solider, aber kaum nachwirkender Filme in die Riege der großen Hollywoodschauspielerinnen. Eine Zuschreibung, die sie nun in Alfonso Cuarons bildgewaltigem Weltraumdrama "Gravity" weiter festigt, ist sie darin doch als Astronautin nach einem Unfall im All auf sich gestellt und trägt den Film problemlos alleine.

Eine Rolle, die man der 49-jährigen US-Schauspielerin nicht immer zugetraut hätte: Nach ihrem Durchbruch mit dem Actionthriller "Speed" (1994) an der Seite von Keanu Reeves avancierte sie durch Komödien und Romanzen wie "Während du schliefst", "Miss Undercover" oder "Selbst ist die Braut" zu Everybody's Darling, ehe sie sich auch einen Namen mit ernsthaften Rollen machte.

Bereits siebte Nominierung für Judi Dench
Mit Dame Judi Dench schließt sich der Kreis, brachte ihr doch die Rolle der englischen Königin Elizabeth I. ebenso Oscar-Würden ein wie der Favoritin des Abends, Cate Blanchett. Nur acht Minuten als Monarchin in "Shakespeare in Love" reichten 1999 für die höchste Ehrung Hollywoods; ihre Nominierung für "Philomena" ist die bereits siebente. In dem britischen Drama von Stephen Frears verkörpert die 79-Jährige nach realem Vorbild die betagte Irin Philomena Lee, die Mithilfe eines Journalisten (Steve Coogan) ihren einst von Nonnen entrissenen und zur Adoption freigegebenen Sohn finden will.

Preise ist die zehnfache BAFTA-Gewinnerin und 1988 von der Queen zur Dame ernannten Engländerin gewöhnt. Beginnend mit ihrem Debüt am Londoner Theater Old Vic Company 1957 hat sie sich im Laufe der Jahrzehnte einen Namen als vielseitige Darstellerin in Theater, Kino und Fernsehen gemacht, unter anderem im Ensemble der Royal Shakespeare Company und als "M" in der James-Bond-Filmreihe von "GoldenEye" 1995 bis zuletzt "Skyfall" 2012.

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(Bild: kmm)



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