Schadenshöhe?

Verwirrung um Hypo-Zahlensalat ist perfekt

Wirtschaft
19.02.2014 16:41
Nachdem der aktuelle Hypo-Chef Alexander Picker im ORF-"Report" den verbleibenden Maximalschaden der Kärntner Bank mit höchstens vier Milliarden Euro beziffert hat (siehe Infobox), ist die Verwirrung um das Hypo-Desaster perfekt. Immer lauter wird indes auch die Forderung, die Länder sollen sich an der Lösung des Finanzdebakels beteiligen. Auslöser der Debatte sind die teilweise enormen Banken-Haftungen der Länder. Derzeit haftet Kärnten mit rund 12,5 Milliarden Euro für die Hypo - das ist das Sechsfache des Landesbudgets.

In Finanzkreisen kann man sich die vergleichsweise optimistische Darstellung des Schadens nur damit erklären, dass es schließlich die Aufgabe des Hypo-Chefs sei, das Institut möglichst gut dastehen zu lassen - aber die Hypo "gut dastehen zu lassen" wird wohl ein Ding der Unmöglichkeit sein.

Interne Kritik an miserabler Kommunikationsstrategie
Kommentieren, bestätigen oder dementieren wollte die neue Schadenssumme offiziell am Mittwoch niemand. Aber in dieser Causa war mittlerweile schon die Rede von 18, 13, sieben und eben auch den jetzt vom Hypo-Chef genannten vier Milliarden. Nur dass die Hypo noch ein Geschäft werden könnte, sagt wenigstens keiner. Allerdings wird hinter den Kulissen von SPÖ und ÖVP die Kritik an der miserablen Kommunikationsstrategie der Regierungsspitze immer lauter.

Jetzt rücken die Vertrauten der Regierungsspitze aus
Daher rücken jetzt die Vertrauten von Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger an die Hypo-Front aus. Als einer der Ersten meldete sich der Kanzler-Berater und Arbeiterkammer-Direktor Werner Muhm bei der "Krone" zu Wort. Muhm beziffert den möglichen Maximalschaden des Hypo-Desasters mit rund sechs Milliarden. "Eine dramatische Summe, die aber in den nächsten zehn Jahren durch die Einnahmen aus der Bankenabgabe bewältigt werden könnte. Ein Sparpaket ist daher nicht notwendig", versichert der AK-Direktor.

Lopataka: "Grüne disqualifizieren sich als Regierungspartei"
Für Vizekanzler Spindelegger wirft sich ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka in die Schlacht. "Die Grünen disqualifizieren sich als Regierungspartei endgültig, wenn sie die Regierung als 'organisierte Verbrecherbande' abkanzeln", empört sich Lopatka. Für ihn ist die Hypo ein "Kärntner Kriminalfall", der von der Justiz aufgearbeitet werden muss.

"Rote Rumpelstilzchen" gegen "blauen Hypo-Mist"
Abgesehen von einigen Abweichlern in den eigenen Reihen, wie etwa die SPÖ-Abgeordnete Daniela Holzinger, bildet die Regierung eine breite Front gegen einen U-Ausschuss zur Hypo-Affäre. Das wäre kontraproduktiv, lautet in etwa die Argumentationslinie, die die SPÖ-Parteimanager Andreas Schieder und Norbert Darabos vorgaben. Und weil Angriff die beste Verteidigung sein soll, fährt die Kanzlerpartei ihren Kurs gegen die Freiheitlichen ("Das Desaster bei der Hypo ist auf dem Mist der FPÖ gewachsen"). Wogegen der freiheitliche Oberstratege Herbert Kickl einen kleinen Gegenschlag aus dem Ärmel schüttelt: "Die roten Rumpelstilzchen Schieder und Darabos sollen nicht von ihrer Regierungsverantwortung ablenken."

Länder sollen sich an Lösung des Hypo-Desasters beteiligen
Immer mehr kommen unterdessen auch die Bundesländer ins Gerede. Diese sollten sich mit einem "Solidarbeitrag" an der Lösung des Milliardendesasters beteiligen. "Wenn es einen Konkurs der Hypo Alpe Adria gibt, das Land Kärnten in Konkurs geht, dann ist die Pfandbriefstelle der Länder gefordert und muss einspringen", sagte Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl zu Ö1. Das hätte zur Folge, dass alle anderen Landes-Hypos, denen es jetzt finanziell gut geht, in die Pleite rutschen würden.

Verzicht auf Anteil aus der Bankenabgabe
AK-Direktor Muhm brachte in Sachen Länder einen anderen Vorschlag aufs Tablett: Er erwartet einen Verzicht der Bundesländer auf den Bundesanteil aus der Bankenabgabe. Diese Abgabe macht jährlich rund 640 Millionen Euro aus, der Länderanteil beträgt rund 140 Millionen Euro. "Mit den 640 Millionen Euro von den Banken ließe sich der in den nächsten zehn Jahren zu erwartende Schaden aus der Hypo decken", so Muhm zur "Krone".

Haftungs-Angebot kurz vor Notverstaatlichung?
Zusätzliche Dynamik bekommt die Debatte über eine Länder-Beteiligung am Hypo-Desaster ein jetzt aufgetauchter Brief des früheren Kärntner Landeshauptmanns Gerhard Dörfler. Demnach habe Dörfler sogar noch im Jahr 2009, als sich das Debakel bereits abgezeichnet hatte, der Bayerischen Landesbank angeboten, neue Landeshaftungen zu übernehmen. Die Bayerische Landesbank war bis zur Notverstaatlichung im Dezember 2009 die Eigentümerin der Hypo Alpe Adria. Dörfler erklärte dazu nun, er könne ausschließen, dass er einen solchen Brief verfasst oder unterschrieben habe.

Banken und Fonds als Gläubiger unserer Hypo
In Summe befinden sich noch Anleihen mit Landeshaftung in Höhe von mehr als 12,5 Milliarden Euro im Umlauf. Die meisten müssen von der Hypo bis 2017 zurückbezahlt oder (vom Bund) umgeschuldet werden. Nur bis 2007 war es möglich, Anleihen mit Haftung des Landes (also der öffentlichen Hand) zu begeben. Dadurch galten diese als "sicher" und wurden von allen möglichen Investoren im In- und Ausland gezeichnet.

Auf dem Höhepunkt hatte die Hypo über 20 Milliarden Euro an Anleihen mit Haftung des Landes Kärnten offen, das wurde inzwischen reduziert. Das Geld war für die Bilanz der Hypo nötig, um das starke Wachstum bei den Krediten (Expansion in Südosteuropa) zu ermöglichen. Die Verzinsung betrug um vier bis fünf Prozent. Unter den Anleihezeichnern sind heimische Banken wie Bawag, Raiffeisen, OÖ Sparkasse genauso wie die Deutsche Bank, Unicredit, Allianz Versicherung oder die Fondsgesellschaft Blackrock.

Bundesländer haften insgesamt für knapp 45 Milliarden Euro
Österreichweit haften die Bundesländer übrigens nach eigenen Angaben noch mit fast 45 Milliarden Euro für ihre (teils früheren) Landesbanken. Nicht nur in Kärnten, sondern auch in Vorarlberg und Tirol übersteigen die Haftungen dabei die jährlichen Budgets.

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