Zuwanderungsstopp

Abstimmung à la Schweiz? “Wäre Austrittsansuchen”

Österreich
10.02.2014 16:15
Nach dem denkbar knappen Ja der Schweizer zu einem Zuwanderungsstopp jubeln Europas Rechtspopulisten, die EU droht mit Konsequenzen, und in Österreich fragt sich so mancher: Wäre eine solche Abstimmung auch bei uns möglich? FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache glaubt, dass sich auch hierzulande eine Mehrheit für einen Einwanderungsstopp finden würde. Der Politikberater Thomas Hofer schätzt die Lage ähnlich ein, sagt gegenüber krone.tv aber auch: Eine Abstimmung nach Schweizer Vorbild "wäre ein Austrittsansuchen aus der EU".

Strache war am Sonntagabend einer der Ersten, die das Ergebnis der Schweizer Volksabstimmung kommentierten. "Auch in Österreich würden sich die meisten Menschen für eine Begrenzung der Zuwanderung aussprechen", so der FPÖ-Chef. "Gerade in Anbetracht der katastrophalen Lage am Arbeitsmarkt und angesichts der Bildungsmisere kann man in Wahrheit nicht mehr leugnen, dass das Konzept der zügellosen Masseneinwanderung endlich gestoppt werden muss", hieß es weiter.

Rechtspopulisten: "Fantastisch", "Bravo", "Wundervoll"
Damit liegt Strache ganz auf Linie mit seinen europäischen Gesinnungsgenossen. "Fantastisch", twitterte der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders. "Was die Schweizer können, das können wir auch." Auch Marine Le Pen vom französischen Front National richtete ein "Bravo!" an die Schweizer. Seitens der britischen EU-Skeptiker von der Independence Party hieß es: "Wundervolle Neuigkeit für die nationale Souveränität."

Als "sehr, sehr weitreichend" bezeichnet auch Hofer das Ergebnis der Abstimmung. Schließlich stelle es die Beziehungen der Schweiz zur EU infrage. "Wenn man die Personenfreizügigkeit abschafft oder stark einschränkt, dann ist eine grundlegende Spielregel zwischen der Schweiz und der EU nicht mehr gültig. In den nächsten Monaten und Jahren wird man tüfteln müssen, wie man es hinbekommt, dass die vielen ökonomischen Vorteile, die die Schweiz auch aus der Beziehung mit der EU gezogen hat, halbwegs aufrecht bleiben."

"EU muss mit Vergeltung drohen"
Für Österreich bedeutet der überraschende Ausgang der Abstimmung in unserem Nachbarland zunächst, dass der Status jener rund 40.000 Landsleute, die in der Schweiz leben, zur Debatte steht. Ihnen droht das Szenario, künftig als EU-Bürger diskriminiert zu werden und im Extremfall nicht mehr in der Schweiz leben und arbeiten zu dürfen - für Hofer undenkbar: Die EU müsse nun mit insbesondere wirtschaftspolitischen "Vergeltungsmaßnahmen" drohen, sagt der Experte. Ein Kompromiss sei allerdings nicht zuletzt deshalb möglich, da der Abstimmungstext "relativ schwammig formuliert" gewesen sei.

Jubeltöne der europäischen Rechtsparteien hält der Experte für "doppelbödig", denn: "Es ist nicht so, dass in der Schweiz jetzt der Zuzug aus Afrika oder Asien großflächig beschränkt würde, die Leidtragenden sind vielmehr die Europäer" - also etwa die Zehntausenden in der Schweiz arbeitenden Österreicher.

Hofer sieht Ja für Zuwanderungsstopp, aber Nein für Austritt
Dass sich etwa die FPÖ bei einer allfälligen Befragung in Österreich eine Mehrheit für einen Zuwanderungsstopp erwartet, kann Hofer nachvollziehen. "Bei jeder Abstimmung ist es entscheidend, wie die Frage gestellt und in der Gesellschaft diskutiert wird. So wie wir es am Sonntag in der Schweiz gesehen haben, unter dem Stichwort 'Masseneinwanderung stoppen', das hätte natürlich auch Potenzial in Österreich." Stelle man jedoch die zweite, "viel relevantere" Frage: "Seid ihr dafür, dass wir die Position, die wir in Europa haben, aufgeben und de facto austreten?", sei er sich "ziemlich sicher, dass es ein klares Nein geben würde".

Die "Vollvariante" eines Zuwanderungsstopps käme für Hofer "einer Art Austrittsansuchen aus der EU gleich" und sei daher nicht nur "nicht mehrheitsfähig", sondern auch undenkbar. Gewisse Einschränkungen der Personenfreizügigkeit, wie sie etwa Großbritannien immer wieder versucht, in Brüssel herauszuhandeln, seien für Österreich jedoch sehr wohl möglich. Die Regierung habe bereits in der Vergangenheit den einen oder anderen Graubereich genützt, etwa bei der Arbeitsmarktöffnung für Rumänien und Bulgarien, die hierzulande restriktiver gehandhabt wurde als in anderen Ländern.

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