Bewegung im Land

Mexiko: Kartellchef in Haft – Bürgerwehren legal

Ausland
29.01.2014 12:58
Es kommt Bewegung in den über zehnjährigen Drogenkrieg in Mexiko: Am Montag wurde ein Anführer des berüchtigten Drogenkartells der Tempelritter festgenommen. Gleichzeitig hat die Regierung die Bürgerwehren in der Unruheprovinz Michoacan legalisiert, womit zumindest Blutvergießen zwischen Armee und Widerständlern ausgeschlossen ist. Letztere haben am Dienstag eine weitere Stadt der Kontrolle der mächtigen Drogenbanden entrissen. Zudem will die Regierung endlich stärker gegen die ständigen Entführungen im Land vorgehen.

Der erste Erfolg im Kampf gegen die Drogenkartelle diese Woche wurde am Montag vermeldet: Sicherheitskräfte nahmen Dionisio Loya Plancarte alias "El Tío" ("Der Onkel"; kleines Bild) in Michoacans Hauptstadt Morelia fest, wie die Behörden mitteilten. Plancarte ist der Onkel von Kartellchef Enrique Plancarte Solís und einer der mächtigsten Anführer des Verbrechersyndikats. Er soll den Drogenhandel in Morelia kontrolliert und zu den fünf mächtigsten Chefs der Tempelrittern gehört haben.

Im vergangenen Jahr war im Internet eine Videobotschaft von Plancarte aufgetaucht, in der er den Bürgerwehren mit Gewalt droht. Die Behörden hatten ein Kopfgeld in Höhe von 30 Millionen Pesos (rund 1,6 Millionen Euro) auf ihn ausgesetzt. Die "Caballeros Templarios" beherrschten bis vor Kurzem weite Teile von Michoacan. Sie handeln mit Drogen, kontrollieren den illegalen Handel mit Rohstoffen und erpressen Schutzgeld.

Bürgerwehren befreien Städte von Kartellen
Vor rund einem Jahr jedoch griffen die Bürger in mehreren Ortschaften der Region Tierra Caliente zu den Waffen und nahmen den Kampf gegen die Tempelritter auf. Seither haben sie im Alleingang zahlreiche Städte aus dem Griff verschiedener Kartelle befreit (großes Bild). Polizei und Armee vertrauen die Mexikaner schließlich kaum noch - sie stehen entweder im Dienst der Kriminellen, fürchten deren ständige Mordanschläge oder kommen ob der oft schwer zu überblickenden und zugänglichen Gebiete schlicht nicht hinterher.

Mexikos Regierung jedoch traute den Bürgerwehren nicht, vor zwei Wochen hieß es daher noch, diese müssten ihre Waffen abgeben (siehe Infobox). Es gab heftigen Widerstand, in einigen Städten soll es zu Schießereien zwischen Armee und Widerständlern gekommen sein.

Regierung legalisiert Bürgerwehren
Damit ist nun zumindest im Bundesstaat Michoacan Schluss: Regierung und Bürgerwehren haben sich auf eine Legalisierung der Selbstverteidigungskräfte geeinigt. Ihre Mitglieder würden übergangsweise in ländlichen Polizeieinheiten zusammengefasst und unter staatliche Kontrolle gestellt, hieß es in einem am Montag geschlossenen Abkommen.

Unter bestimmten Voraussetzungen könnten sie später in der regulären Polizei aufgehen. Die Bürgerwehren müssen den Behörden Listen ihrer Mitglieder vorlegen und ihre Waffen registrieren lassen. Im Gegenzug verpflichteten sich die Sicherheitskräfte, die Bürgerwehren mit Telekommunikationsgeräten und Fahrzeugen auszustatten. Die Kommission für Sicherheit und Entwicklung in Michoacan werde ständigen Kontakt zu den Behörden der von der jüngsten Gewaltwelle besonders betroffenen Dörfern halten, hieß es in dem Abkommen weiter.

Weitere Stadt erkämpft
Nur einen Tag später haben die Bürgerwehren einen weiteren Erfolg errungen: Rund 200 ihrer Mitglieder rückten am Dienstag in Los Reyes ein, wie "El Universal" berichtet. In einem Vorort sei es zu Kämpfen mit den Tempelrittern gekommen, berichteten Widerständler auf Twitter.

Der Drogenkrieg dauert bereits seit über zehn Jahren an, über 100.000 Tote - die meisten davon unbeteiligte Zivilisten, zahlreiche Kinder - hat er bereits gefordert. Brutale Morde, Folter und Verstümmelungen sind an der Tagesordnung. Dazu kommt eine gewaltige Anzahl an Vermissten - allein bis Ende 2012 hatte der mexikanische Generalstaatsanwalt über 25.000 verschwundene Personen gezählt.

Entführungen als weitere Plage für Mexikaner
Dazu kommen zahllose Entführungen, die oft mit Lösegeldforderungen verknüpft sind - Menschenrechtsorganisationen gehen von 100.000 Fällen pro Jahr aus, laut des Sicherheitsunternehmens Control Risks weltweite Spitze. Gegen dieses Verbrechen will der mexikanische Staat nun ebenfalls verstärkt vorgehen, die Regierung hat am Dienstag einen nationalen Aktionsplan vorgestellt.

Generalstaatsanwaltschaft, Bundespolizei und Geheimdienst würden hierfür künftig von einer neuen Behörde koordiniert, so Innenminister Miguel Angel Osorio Chong. Verurteilte Entführer würden nun ausschließlich in Hochsicherheitsgefängnissen untergebracht, um ihre Kommunikation mit der Außenwelt abzuschneiden. Eine Medienkampagne solle Entführungsopfer zudem ermutigen, die Verbrechen anzuzeigen.

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