Spätfolgen fürs Hirn

Insektizid DDT erhöht womöglich Alzheimer-Risiko

Wissenschaft
28.01.2014 09:19
Es ist zwar in den meisten Teilen der Welt schon lange verboten, trotzdem beeinflusst das Pestizid DDT möglicherweise noch immer die Gesundheit vieler Menschen. US-Forscher haben jedenfalls Hinweise dafür gefunden, dass DDT das Risiko für Alzheimer erhöhen kann. Darauf deuteten langlebige Abbauprodukte des einst großflächig eingesetzten Insektengifts im Blut von Alzheimer-Patienten hin.

Wissenschaftler um Jason Richardson vom Rutgers Robert Wood Johnson Medical School Institute in Piscataway (USA) hatten die Blutwerte von 86 über 60 Jahre alten Alzheimer-Patienten mit denen von 79 Menschen ohne die Krankheit verglichen. Das sei eine sehr kleine Studie für eine solche Analyse, sagte Lutz Frölich vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim zu dem Bericht. Das Ergebnis sei interessant, aber keineswegs als sicher belegt und nur als Hinweis auf einen möglichen Zusammenhang zu werten.

Langlebige DDT-Abbauprodukte im Blut
Die Forscher hatten bei 70 Prozent der Probanden in der Vergleichsgruppe und 80 Prozent der Alzheimer-Kranken Spuren von Dichlordiphenyldichlorethen (DDE) gefunden, einem langlebigen Abbauprodukt des DDT. Die Konzentration lag bei den Alzheimer-Patienten im Schnitt um den Faktor 3,8 höher. Für die Hirnfunktion ergab sich bei Tests ein Zusammenhang mit der jeweiligen DDE-Konzentration im Blut, schreiben die Forscher in der Fachzeitschrift "Jama Neurology".

Dies könne ein Hinweis für eine Beteiligung von DDT-Derivaten an der Ausbildung von Alzheimer sein, schreiben die Forscher. Denkbar sei auch, dass die Substanzen allgemein die Anfälligkeit für Hirnerkrankungen - also zum Beispiel auch für Schlaganfall oder Parkinson - erhöhen, sagte Frölich dazu. "Wenn, dann ist das aber nur ein Faktor von ganz vielen, die das Risiko beeinflussen."

"Stärke des Effekts ist auffallend groß"
Versuche mit Zellkulturen zeigten die mögliche Wirkungsweise: Wurden die Nervenzellen hohen DDT- oder DDE-Konzentrationen ausgesetzt, entstand darin verstärkt ein Vorläufer-Protein für ein Peptid namens Beta-Amyloid, das sich in den Plaques im Gehirn von Alzheimer-Patienten findet.

"Das ist eine der ersten Studien, die einen starken Risikofaktor aus der Umwelt für Alzheimer identifizieren", wird Koautor Allan Levey vom Emory Alzheimer Forschungszentrums in Atlanta (USA) in einer Mitteilung zur Studie zitiert. "Die Stärke des Effekts ist auffallend groß, sie gleicht der des verbreitetsten Gen-Faktors bei der späten Ausbildung von Alzheimer."

In Österreich erst seit 1992 verboten
DDT (Dichlordiphenyltrichlorethan) wurde über Jahrzehnte verbreitet als Insektizid in der Landwirtschaft verwendet. Als seine schädliche Wirkung auf Tiere und Menschen klar wurde, folgte in den 70er-Jahren ein schrittweises Verbot. Die Substanz hat hormonähnliche Wirkungen und gilt als wahrscheinlich krebserregend. In Westdeutschland ist die Produktion und Anwendung seit 1972 verboten. In Österreich wurde DDT erst 1992 verboten, jedoch schon Jahre vorher kaum mehr verwendet.

In einigen Ländern wird DDT allerdings noch immer verbreitet verwendet. Zudem gibt es Ausnahmeregelungen wie etwa für die Bekämpfung der Malaria. Dadurch und wegen der großen Stabilität der Chemikalie in der Umwelt ist nicht auszuschließen, dass Menschen auch heute noch geringe Mengen DDT über die Nahrung aufnehmen.

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