Grauenhafte Bilder

Syrien-Regime soll 11.000 Häftlinge ermordet haben

Ausland
21.01.2014 11:25
In Syrien sollen etwa 11.000 Gefangene durch systematische Folter, angeordnet vom Regime des Präsidenten Bashar al-Assad, ermordet worden sein, berichten der US-Nachrichtensender CNN und der britische "Guardian". Von einem Überläufer ins Ausland geschmuggelte Unterlagen und grauenhafte Bilder seien "unwiderlegbare Beweise" für die "Tötungsmaschinerie", sind Experten überzeugt.

Die Berichte fußen auf den Angaben von drei internationalen Rechtsanwälten, die in der Vergangenheit maßgeblich an den UN-Kriegsverbrechertribunalen zu Jugoslawien und Sierra Leone beteiligt waren. Sir Desmond de Silva, Sir Geoffrey Nice und Professor David Crane haben Fotos und Unterlagen der syrischen Sicherheitskräfte zu Todesfällen in der Haft zwischen März 2011 und August 2013 ausgewertet - CNN zeigt diesen Bericht (inklusive der drastischen Bilder) online.

Abgemagerte Körper mit Folterspuren
Viele der Fotos, die darin zu sehen sind, zeigen Leichen mit Folterspuren. Die Mehrheit der Opfer sei männlich und zwischen 20 und 40 Jahre alt gewesen, so die Experten. Bis auf die Knochen abgemagerte Tote sind im Bericht abgebildet, mit grauenvollen Verletzungen am ganzen Körper. Einigen seien die Augen ausgestochen worden, andere seien erdrosselt oder durch Stromstöße getötet worden, heißt es.

Fotograf: "Wie im Schlachthaus"
Die Fotos stammen dem Expertenbericht zufolge von einem Fotografen der syrischen Militärpolizei. Dessen Aufgabe sei es gewesen, Leichen der in der Haft zu Tode gekommenen Männer zu dokumentieren, unter anderem, um Familien den Beweis erbringen zu können, dass ihre Angehörigen tot waren.

Nachdem der Bürgerkrieg ausgebrochen sei, habe er nur noch getötete Gefangene fotografiert, so der Mann mit dem Codenamen "Cäsar" - bis zu 50 Körper pro Tag. Einmal habe es "ausgesehen wie im Schlachthaus", so der Überläufer. Dass alle Toten - sogar mit einer Nummer versehen - fotografiert wurden, belegt laut Experten, dass es sich um "systematische, befohlene und von oben angeordnete Tötungen" handelte.

Überläufer schmuggelte 55.000 Fotos hinaus
"Cäsar" gibt an, im September 2011 - etwa sieben Monate nach Ausbruch des Krieges - von einem Verwandten kontaktiert worden zu sein, der aus dem Land geflüchtet war. Unter dessen Anleitung habe er - auch dank der Mithilfe von Menschenrechtsorganisationen - begonnen, Tausende Bilder der toten Gefangenen ins Ausland zu schmuggeln. Als er schließlich Angst um seine Sicherheit bekommen habe, sei er mit seiner Familie aus Syrien geflohen. 55.000 Bilder habe er insgesamt ins Ausland gebracht, heißt es.

Die Expertengruppe hält den Fotografen für einen glaubwürdigen Zeugen, wie sie gegenüber CNN versicherte. Angeheuert worden waren die Fachmänner für die Verfolgung von Kriegsverbrechen von der britischen Anwaltsfirma Carter-Ruck, die von der Regierung von Katar bezahlt wird. Diese stand von Beginn an aufseiten der syrischen Rebellen. Die vielen nationalen und internationalen Interessen am Syrien-Konflikt seien ihnen sehr bewusst gewesen, so die Experten. Sie hätten ihre Arbeit mit der nötigen Skepsis durchgeführt.

Experten: "Tötungsmaschinerie" wie im KZ
Die über 26.900 Fotos, die sie untersuchten, seien jedoch eindeutig: "Es ist eine abgestumpfte, industrielle Maschine, die ihre Bürger zermalmt", so Rechtsanwalt Cane. Die Bilder und Unterlagen seien "unwiderlegbare Beweise" für die "Tötungsmaschinerie des Regimes". Etwa 11.000 Menschen seien im Gefängnis bereits ermordet worden, schätzen die Experten.

Zudem dürften die Opfer vor dem Foltertod vielfach ohne Nahrung dahinvegetiert sein. Die Anwälte erkannten etwa auf einem Foto von 150 Toten, dass 62% davon schwer unterernährt waren. De Silva verglich die Bilder gegenüber CNN mit jenen aus Konzentrationslagern der Nazis im Zweiten Weltkrieg. "Diese Beweise könnten eine Anklage wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit stützen - ohne den Schatten eines Zweifels." Allerdings sei es nicht an der Expertengruppe, dies zu entscheiden - sie habe nur die Beweise auf ihre Echtheit hin überprüft.

Nun seien andere gefordert, so die Fachleute. Das aber könnte schwierig werden, denn Syrien erkennt den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag nicht an. Nur über den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen könnte dort daher ein Verfahren gegen Assads Regime beginnen. Das ist wegen der Unterstützung der Vetomacht Russland für Syrien aber höchst unwahrscheinlich. Zunächst liegt die Hoffnung daher auf der zweiten Syrien-Friedenskonferenz in der Schweiz (siehe Infobox).

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